Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachrichten aus Mittelerde

Nachrichten aus Mittelerde

Titel: Nachrichten aus Mittelerde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher J. R. R.; Tolkien Tolkien
Vom Netzwerk:
nicht. Mit Erlaubnis des Fürsten Aldarion darf ich nach Hause. Ist dort alles in Ordnung?«
    »Mehr als das«, erwiderte sie. »Dein Sohn hat sich aus deiner Erinnerung selbst herausgefressen. Doch gehe und überzeuge dich selbst! Du wirst eine wärmere Aufnahme finden als euer Kapitän!«
     
    Während seines späten Abendessens leistete Erendis ihm bei der Tafel keine Gesellschaft, und Frauen bedienten ihn im Nebenzimmer. Doch bevor er fertig war, trat sie ein und sagte in Gegenwart der Frauen: »Du wirst müde sein, mein Gebieter,nach einem solchen Gewaltritt. Ein Gastzimmer ist für dich vorbeireitet, wenn es dir recht ist. Meine Frauen werden dir aufwarten. Wenn dir kalt ist, lass Feuer machen.«
    Aldarion gab keine Antwort. Er suchte früh das Schlafzimmer auf, und da er jetzt wirklich erschöpft war, warf er sich auf das Bett und vergaß bald die Schatten Mittelerdes und Númenors in einem tiefen Schlaf. Doch beim Hahnenschrei erwachte er mit Unruhe und Zorn. Auf der Stelle erhob er sich und gedachte, ohne Lärm das Haus zu verlassen: Er wollte seinen Gefolgsmann Henderch mit den Pferden ausfindig machen und zu seinem Verwandten Hallatan reiten, dem Herrn der Schafe in Hyarastorni. Später wollte er Erendis auffordern, Ancalime nach Armenelos zu bringen, und mit ihr auf ihrem eigenen Grund und Boden weiter keinen Umgang haben. Als er sich jedoch den Türen näherte, kam Erendis hinzu. Sie war in dieser Nacht nicht im Bett gewesen, und sie stand vor ihm auf der Türschwelle.
    »Du verlässt uns schneller, als du gekommen bist, mein Gebieter«, sagte sie. »Ich hoffe, dass dir (als Seemann) dieses Haus der Frauen nicht bereits so lästig ist, dass du fortgehst, bevor dein Geschäft erledigt ist. Nun also, was hat dich hierher geführt? Darf ich es erfahren, bevor du gehst?«
    »Man sagte mir in Armenelos, mein Weib sei hier und habe meine Tochter hierhergebracht«, antwortete er. »Was mein Weib betrifft, irre ich mich, wie es scheint, doch habe ich nicht eine Tochter?«
    »Vor einigen Jahren hattest du eine«, sagte sie. »Aber meine Tochter ist noch nicht aufgestanden.«
    »Dann lass sie aufstehen, während ich nach meinem Pferd sehe«, sagte Aldarion.
    Erendis hätte ein Treffen zwischen Ancalime und Aldarion zu diesem Zeitpunkt verhindert, doch sie fürchtete, ginge sie so weit, die Gunst des Königs zu verlieren, zumal auch der Rat 23 bereits seit langem sein Missfallen darüber bezeigt hatte, dassdas Kind auf dem Lande erzogen wurde. Darum zeigte sich Ancalime neben ihrer Mutter in der Tür, als Aldarion in Begleitung Henderchs zurückritt. Sie stand steif und aufrecht wie ihre Mutter und erwies ihm keine Höflichkeit, als er absaß und über die Treppenstufen auf sie zukam. »Wer bist du?«, fragte sie. »Und warum hast du darauf bestanden, dass ich so früh aufstehe, bevor das Haus aufwacht?«
    Aldarion sah sie scharf an, und obwohl sein Gesicht ernst war, lächelte er innerlich, denn er sah ein Kind vor sich, das stärker ihm nachschlug als Erendis, ungeachtet all ihrer Erziehung.
    »Du hast mich einmal gekannt, Fräulein Ancalime«, sagte er, »aber das tut nichts zur Sache. Ich bin nur ein Bote aus Armenelos, dich daran zu erinnern, dass du die Tochter des Königserben bist. Und du wirst (soweit ich es jetzt überblicke) seine Erbin sein, wenn die Reihe an dich kommt. Du wirst nicht immer hier wohnen. Doch wenn du willst, kehre jetzt in dein Bett zurück, mein Fräulein, bis deine Zofe aufwacht. Ich muss eilen, den König aufzusuchen. Lebe wohl!« Er küsste Ancalime die Hand und schritt die Stufen hinab. Dann bestieg er sein Pferd und ritt mit der Hand winkend davon.
    Allein am Fenster beobachtete Erendis, wie er den Hügel hinabritt, und bemerkte, dass er nach Hyarastorni und nicht nach Armenelos ritt. Da weinte sie vor Kummer, aber mehr noch aus Wut. Sie hatte ein wenig Reue erwartet, die sie noch hatte vertiefen wollen, indem sie die erbetene Verzeihung zurückwies; er jedoch hatte sie behandelt, als sei sie selbst die Missetäterin, und sie vor ihrer Tochter gedemütigt. Zu spät entsann sie sich der Worte, die Núneth vor langer Zeit gesprochen hatte. Nunmehr erblickte sie in Aldarion etwas Großes, das nicht zu zähmen war, das von einem verbissenen Willen getrieben wurde und das umso gefährlicher war, je kälter es war. Sie erhob sich, wandte sich vom Fenster ab und dachte überihre Fehler nach. »Gefährlich!«, sagte sie. »Ich bin aus Stahl und schwer zu brechen. Das wird er zu spüren

Weitere Kostenlose Bücher