Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nachruf auf eine Rose

Titel: Nachruf auf eine Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Fenwick
Vom Netzwerk:
können.»
    «Mum sagte, das käme überhaupt nicht in Frage. Doch ich habe Ryan versprochen, dich zu fragen. Er könnte in zwanzig Minuten hier sein.»
    Alexander lachte. «Also nichts wie los, ruf ihn an. Das Telefon steht in der Eingangshalle.»
    «Danke, ich habe mein Handy dabei.» Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
    Als man bereits beim zweiten Glas Champagner angekommen war, fuhr ein Taxi vor und Jenny stieg aus. Noch an der Türschwelle stehend, irrten ihre Augen suchend im Zimmer umher.
    «Er ist immer noch nicht da?»
    «Nein, meine Liebe, aber machen Sie sich doch deswegen keine Sorgen. Er kommt sicher bald. Bestimmt hat er einfach die Zeit vergessen.» Während Sally halbherzig versuchte, Jenny zu beruhigen, gab sie ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
    «Aber das sieht ihm gar nicht ähnlich. Vor zwei Tagen hat er sich das letzte Mal gemeldet. Sonst ruft er mich jeden Tag an.»
    Hinter ihrem Rücken wechselten Sally und Julia einen viel sagenden Blick.
    Mr und Mrs Kemp trafen ein, und Jennys Bedenken gingen in den allgemeinen Begrüßungsfloskeln unter. Kurze Zeit später klingelte es erneut. Zu Lucys Entzücken und zum Leidwesen ihrer Mutter betrat Ryan den Raum.
    «Bleibt er über Nacht?», fragte Sally und blickte Lucy kühl an.
    Ryan half seiner Freundin aus der Verlegenheit, indem er rasch versicherte:
    «Nein, danke. Ich trinke nicht, also kann ich gut noch zurückfahren.»
    Es wurden Schnittchen mit Räucherlachs gereicht, doch Graham war immer noch nicht da. Noch mehr Champagner wurde serviert, und als die Uhr schließlich acht schlug, senkte sich ein unbehagliches Schweigen über die Dinnergesellschaft.
    Der Butler rettete die Situation, indem er feierlich verkündete: «Das Abendessen ist serviert, meine Herrschaften.»
    Sein pompöses Gehabe reizte Lucy zu einem nervösen Kichern, was ihre Mutter noch mehr gegen sie aufbrachte.
    Sally schlug vor, schon einmal ohne Graham zu beginnen, da sonst das Essen nur unnötig kalt werden würde. Muriel Kemp überredete Jenny, ihren Fensterplatz für eine Weile zu verlassen, und Ryan fragte Alexander so laut, dass alle es hören konnten, ob er den Butler mitsamt dem Haus geerbt habe. In dem halbherzigen Versuch, eine Unterhaltung in Gang zu bringen, machte sich die Gesellschaft auf den Weg ins Speisezimmer.
    Alexander hatte den Wein sorgfältig ausgewählt, und sogar Colin war beeindruckt und erging sich in einem Loblied auf den Gevrey-Chambertin. Am anderen Ende der Tafel saß Sally und gab sich so strahlend, dass ihre Gäste sich nach und nach entspannten. Mit einem bescheidenen Lächeln nahm sie die Komplimente entgegen, doch Alexander merkte, wie viel sie ihr bedeuteten. Rechts von ihr, auf dem Stuhl, der eigentlich Graham zugedacht gewesen war, hatte Jeremy Kemp Platz genommen, der ganz hingerissen war von ihrem Charme.
    Alexander lächelte in sich hinein, als er sah, wie seine Frau die überschwänglichen Gesten des Anwalts abwehrte. Rechts von ihm saß eine schweigsame Jenny, die lustlos in ihrem Essen herumstocherte. Während der ganzen Mahlzeit bemühten sich Alexander und Ryan vergebens, sie ein wenig aufzuheitern. Ihre Angst war jetzt förmlich mit den Händen greifbar, und langsam schien sie auch die anderen damit anzustecken.
    In dem Versuch, Jenny von ihren Gedanken an Graham abzulenken, schlug Alexander vor, nach dem Dessert ins Musikzimmer im vorderen Teil des Hauses zu gehen.
    Er war immer noch in der Stimmung für Chopin, und so spielte er noch einmal die Nocturne in es-Moll und ein anderes seiner Lieblingsstücke. Er war gerade mitten im Spiel, als Lucy ihm von der Tür aus zuwinkte und ihm mit übertriebener Mimik zu verstehen gab: «Wir machen einen kleinen Spaziergang.»
    Als das Stück zu Ende war, fanden sich alle außer Lucy und Ryan wieder im Salon ein, wo Kaffee und Armagnac serviert wurde. Da außer Ryan alle über Nacht bleiben würden, hatte niemand es eilig, ins Bett zu kommen. Der Zauber der Musik hatte seine Wirkung getan, und alle waren gelöst und entspannt. Nur Jenny saß da wie ein Häufchen Elend, verzweifelt und den Tränen nahe. Gegen Mitternacht begannen ein paar von ihnen mit einem Kartenspiel.
    «Was war das?» Julia hob abrupt den Kopf.
    «Was?»
    «Dieses Geräusch, hörte sich an wie ein Schrei.»
    «Wahrscheinlich nur ein Fuchs», antwortete Sally wegwerfend. Doch alle anderen lauschten angestrengt.
    «Da! Habt ihr das gehört?»
    Obwohl der Nebel wie ein undurchdringlicher Schleier über dem

Weitere Kostenlose Bücher