Nacht der Begierde (Geraldine Guthrie) (German Edition)
Gedanken klarzukriegen, als als Verneinung von Iarons Frage. "Was ist, wenn der Älteste angreift? Außerdem fehlen mir immer noch Informationen. Ich muss wissen, was mich erwartet. Vor allem muss mir Urbano den Zauber erklären. Wenn er den Vampirfluch gebannt hat, dann offensichtlich nicht vollständig. Aber er hat gesagt, ich könne mich dagegen wehren. Und ich würde gerne wissen, wie."
Iaron nickte nachdenklich. "Du darfst Urbano sein Verhalten nicht übel nehmen. Es ist für Archon nicht leicht, sich auf einen menschlichen Körper einzulassen. Er ist ihnen einfach zu begrenzt und raubt ihnen zu viel Kraft."
"Wer sind diese Archon? Gibt es noch mehr von ihnen?"
"Wer genau sie sind, wissen nur die Alben. In der indianischen Kultur werden sie häufig als Geister beschrieben, die an einen Ort gebunden sind. Meist leben sie in ihrem Element. Soviel ich weiß, nehmen sie eine für Menschen sichtbare Gestalt nur dann an, wenn sie eine Botschaft zu überbringen haben oder wenn sie einen Auftrag in der Menschenwelt erledigen müssen. Dass ein Archon einen Menschen zu schützen hat, habe ich noch nie gehört."
"Aber du warst doch mit ihm in China? Was habt ihr dort gemacht?"
Iaron schwieg. Einen kurzen Moment spannten sich seine Wangenmuskeln, als müssten sie verhindern, dass er einen Gedanken aussprach.
"Urbano und ich kennen uns schon lange. Aber selbst mir hat er nicht genau gesagt, was er dort gesucht hat. Ich vermute jedoch, dass er im Auftrag der Alben unterwegs war. Wir haben einige Klöster bereist und die dort befindlichen Schriftrollen studiert."
"Und warum bist du mitgekommen?"
Iaron lächelte. "Nun, Neugier. Normalerweise ist unsere Rasse sehr ortsgebunden. Wir erfahren nicht viel vom Rest der Welt. Und ich weiß nicht, was mich genau gereizt hat, aber ich hatte das Gefühl, dass ich unbedingt mal in ein Flugzeug steigen musste. Für mich hat es sich auf jeden Fall gelohnt. Ich konnte mich in der Nähe von Chengdu mit einem Rudel chinesischer Werwölfe verbrüdern. Sie leben ganz anders als die europäischen Werwölfe oder die amerikanischen; dieses Rudel wohnte in einem Kloster, das sie auch wirklich als Kloster benutzten. Sie lebten sogar mit Menschen zusammen und waren eher eine spirituelle Gemeinschaft, als ein Stamm, der sich absondert."
"Das klingt so, als hättest du Sehnsucht nach dieser Lebensweise."
Iaron überlegte einen Moment. "Ich weiß nicht genau. Ja, mir hat dieser Aufenthalt sehr gefallen. Aber für lange Zeit könnte ich so, glaube ich, nicht glücklich werden. Von allen Werwolfarten sind wir europäischen Werwölfe die am wenigsten der Natur verbundenen. Vielleicht liegt das daran, dass die Indianer den Gedanken, sich in ein Tier zu verwandeln, viel natürlicher empfinden, ähnlich wie die Schamanen in Asien. In Europa und in den westlichen Zivilisationen waren solche Verwandlungen immer mit dem Beigeschmack der Sünde behaftet. Und selbst wir haben uns vielleicht davon nicht lösen können."
Geraldine dachte über das, was Iaron gerade gesagt hatte, nach. Wie war es bei ihr? Hatte sie nur Angst vor ihrem neuen Zustand, weil sie ihn als "Sünde" ablehnte?
Sie konnte ein Gähnen nicht unterdrücken. Iaron lächelte wieder und diesmal schaute er sie direkt an, männlich und fordernd. Seine sonst eher jungenhaften Augen blitzten wissend auf.
"Es wird wohl besser sein, wenn du dich etwas hinlegst und schläfst. Unausgeruht wirst du uns keine Hilfe sein. Außerdem muss ich zu meinen Krieger zurück und ihnen Anweisungen geben."
Sie sprachen mit Uracha, die sich für einige Zeit in ihren Privatraum zurückgezogen hatte. Uracha besaß zwei kleinere Gästezimmer. Eines hatte sie für Geraldine bereits hergerichtet. Es war ein kleiner, nicht sonderlich gepflegter Raum, mit vergilbten Tapeten und einem dicken Teppich. An einer Seite gab es einen Wandschrank. Eine seiner Türen hing schief in den Angeln. Ihm gegenüber stand ein alter Toilettentisch mit großen, aufklappbaren Spiegeln, die aber weitestgehend erblindet waren. Die Mitte des Raumes wurde von einem großen Himmelbett beherrscht. Seine Tagesdecke sah frisch aus und als Geraldine sie zurückschlug, fand sie darunter makellos weiße Bettwäsche.
Geraldine streift ihre Schuhe ab und vor Iarons Augen, aber das störte sie wenig, ihre Hose. Dann sank sie ins Bett und als der Werwolf sie einen Moment später zudeckte, spürte sie nur noch halb bewusst, dass seine Hand über ihre Schulter glitt, dort einen Moment verharrte und
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