Nacht der Begierde (Geraldine Guthrie) (German Edition)
wütende Stimme zu ihr. Urbano, in dessen Armen sie eingeschlafen war, war fort.
Sie suchte ihre Kleidungsstücke zusammen und zog sich an. Als sie an ihrem dünnen, schwarzen Pullover roch, den sie seit gestern Abend trug, müffelte dieser ein wenig. Auch er hatte den Kampf gegen die Vampire und die Verfolgungsjagd, die Warterei bei den Werwölfen und den Weg in Urachas Herrensitz mitgemacht. Sie würde ihn so bald wie möglich austauschen.
Geraldine öffnete die Tür und trat in den düsteren Flur. Von der Küche her fiel helles Licht. Einen Moment lang war sie geblendet. Der Morgen musste längst vorüber sein. Es war ein härteres, mittagshaftes Licht. In diesen bewegten sich einige Gestalten. Wieder hörte sie die zornige Stimme, sogar noch gedämpfter als eben, als sie sich noch in ihrem Zimmer befand.
Eine vertraute, dürre Stimme begrüßte sie. Das war Uracha. "Schön, dass du so lange schlafen konntest. Es ist er schon fast Mittag vorbei."
"Das hätte ich nicht gedacht. Aber in deinem Bett kann man auch himmlisch schlafen."
"Vor allem mit so einem Mann an seiner Seite."
"Hast du uns gehört?"
Uracha lachte meckernd. "Kindchen! Lauter ging es gar nicht. Aber mach dir keine Sorgen. Ich bin zwar nicht taub, aber eifersüchtig bin ich auch nicht. Meine Zeit ist längst vorüber."
Geraldine errötete trotzdem. Es war ja nicht nur Uracha, die eine Zeugin von ihrem Stelldichein mit Urbano gewesen ist, sondern möglicherweise auch die Werwölfe und die Bären. Einen Augenblick lang schwebte das Bild von Iaron durch ihre Gedanken, wie er in einem Sessel saß und ihre wollüstigen Schreie hörte.
Der einzige Werwolf, der in der Küche saß, war Thorne.
Sein jugendliches Gesicht nahm einen leicht dümmlichen Ausdruck an. Als Geraldine ihn anlächelte, wurde er puterrot. Offensichtlich hatte er nicht nur mitgelauscht, sondern auch seine eigenen Fantasien dazu gehabt.
Rose kam in die Küche gestürmt, begrüßte die Tierärztin mit einer Umarmung und als sie sich mit ihrer ersten Tasse Kaffee an den Küchentisch setzte, genau gegenüber von Thorne, schob sich das kleine, indianische Mädchen ungeniert auf ihren Schoß und fing an zu erzählen, was sie an diesem Morgen bereits erlebt hatte. Darüber war Geraldine sehr dankbar. Das Gespräch mit dem jungen Werwolf wäre sicherlich erzwungen gewesen und einigermaßen peinlich. So aber konnte sie sich ihrer kleinen Freundin widmen.
Uracha werkelte am Herd herum. Fünf Minuten später stellte sie sich höchst persönlich frisches Toast und Rührei, wahlweise mit Speck und Schrimps, auf den Tisch. Es duftete köstlich. Außerdem waren die Teller hübsch mit Kräutern garniert. Einen Moment lang vergaß Geraldine ihre Sorgen und glaubte, sie lebe in einer Idylle.
"Die Pumas in unserer Gegend kennen uns alle.", erzählte Rose. "Sie vertrauen uns. Aber vorhin habe ich einen hinter dem Wald getroffen. Er hat mich gerochen und einen weiten Bogen um uns gemacht. Warum freundest du dich nicht mit dem an, Uracha?"
Uracha ließ ein raues Lachen hören. "Ich bin eine alte Frau und kein machtvoller Bär. Ich glaube nicht, dass der Puma mich so respektvoll behandelt wie dich."
"Um Callahan machst du auch einen Bogen. Hat er auch keinen Respekt?"
Thorne murmelte im gleichen Moment: "Scheißkerl!" Sein Gesicht verdüsterte sich und Zorn blitzte in seinen Augen auf. Geraldine blickte erstaunt von ihm zu der alten Frau hinüber, deren Gesicht jetzt ebenfalls verkniffen wirkte.
Einen Moment lang konnte sie die Namen Callahan nicht einordnen, dann fiel ihr ein, dass er der ehemalige Rudelführer war und dass er von James gestürzt worden war.
"Meiner Urgroßmutter sagte immer, dass man über Probleme sprechen muss, sonst werden sie nur noch schlimmer.", erklärte Rose weise. Auch sie hatte den Wandel der Atmosphäre bemerkt.
"Ist Callahan hier?", fragte Geraldine.
Der junge Werwolf schwieg. Uracha sagte: "Er ist vorhin aufgetaucht und behauptet, James hätte ihn geschickt."
"Blödsinn, absoluter Blödsinn!", knurrte Thorne. "James hätte das nie gemacht."
"Und warum ist er dann hier?"
"Das versucht Iaron gerade herauszufinden."
"Daher die lauten Stimmen?"
Thorne nickte. "Callahan ist nicht ohne Grund hier und der einzige Grund, warum er lebt, ist, dass er sich an James rächen möchte. Iaron wird ihn wegschicken. Doch zunächst möchte er herausfinden, ob Callahan etwas weiß, was wir nicht wissen."
"Würde er denn etwas gegen uns tun?"
"Das könnte schon sein. Bei
Weitere Kostenlose Bücher