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Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Titel: Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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Magie benutzt, und er war verletzt. Er bereitete eine dringliche Nachricht an Vladimers Stellvertreter in der Stadt vor, in der er forderte, eine Wache vor Hearnes Haus zu postieren. Nachdem er die Nachricht abgeschickt hatte, bat er darum, ihn ins Gästezimmer zu führen. Guillaumes Kammerdiener tat es, ohne eine Miene zu verziehen. Als Ishmael drei Stunden später erwachte, war sein Sonar scharf genug, um das Bett richtig wahrzunehmen. Das Holz der Bettpfosten war teuer, die Schnitzereien technisch exquisit und in der Darstellung erfrischend öbszön. Dies und die Erinnerung an jenen in der Kutsche gegebenen – geteilten – Kuss lenkten ihn beträchtlich von seinen Bemühungen zur Heilung seiner Schulter ab, obwohl der Schub zusätzlicher Vitalität ihm am Ende gute Dienste leistete. Er wusch sich, zog seine gereinigten Kleider wieder an und erlaubte dem nüchternen Zacharias, ihm zu servieren, was in diesem Haushalt wohl als leichtes Mittagessen galt. Er verzehrte gerade mal die halbe Portion und hatte trotzdem das Gefühl, zu viel gegessen zu haben. Guillaume war noch nicht wieder zurückgekehrt.
    Eine Kutsche brachte ihn an den Rand der Flussmarsch und zum Haus von Magister Farquhar Broome, dem mächtigsten der nachtgeborenen Magier. Ein Mann von seiner Macht wäre Erzmagier der Minhorner Magier gewesen, aber Magister Broome hatte nicht das geringste Talent zum Anführer und war in seinen frühen Jahren nur knapp dem Hungertod entronnen. Seine immensen natürlichen Gaben führten ihn hinaus in die Welt. Die Magier der Flussmark mussten sich daher mit der Führung durch Broomes leibliche Tochter, Phoebe, und seinen adoptierten Sohn, Phineas, zufriedengeben, zwei Magier vierten Ranges von starkem Charakter und entschiedenen – und häufig kontroversen – Ansichten. Was sie und die zwei oder drei Dutzend permanenten Mitglieder ihrer Gemeinschaft einte, war die Hingabe an ihn als Lehrer, Wächter und, wenn nötig, Richter.
    Vor einigen Generationen hatten in diesem Teil der Flussmark ausschließlich aristokratische Lichtgeborene gelebt. Die Familie Broome bewohnte zwei der Häuser aus dieser Zeit, die zumindest – für die Sinne Nachtgeborener – über schlichte Fassaden mit großen, gerahmten Fenstern verfügten, wie sie für die Bauweise der Lichtgeborenen typisch waren, obwohl man die Fenster natürlich schon vor langer Zeit versiegelt hatte. Der gut gepflegte Vorgarten neigte sich anmutig dem Fluss entgegen, obwohl es ständige Arbeit erforderte, das Ufer des vielbefahrenen Wasserweges frei von Abfällen zu halten. Hinter sehr hohen Mauern und Hecken verbarg der Garten hinter dem Haus ein Wirrwarr von Experimenten in der Kultivierung und Manipulation von Bäumen, Pflanzen und Blumen, schön und grotesk, wohlriechend und schal, die sich dicht an den Wegen drängten und Ishmael heftig erschreckten. Einige von ihnen erinnerten zu sehr an die bizarre und gefährliche Vegetation, die in den seltenen Feuchtgebieten der Schattenländer wuchs. Bei seinem ersten Besuch im Haus der Broomes feuerte er beide Revolver in eine Reihe halb beseelter Pflanzen leer, was ihm den Zorn ihres Schöpfers und die Verehrung der Kinder eintrug, die noch tagelang davon erzählten, wie schnell und gründlich er seine Ziele demoliert hatte. Außerdem hatte ihm sein Tun den Ruf eingetragen, einen schlechten Einfluss auszuüben.
    Als er nun den Garten durchquerte, bezähmte er daher seine Reflexe, winkte dem einen Gärtner zu, den er erkannte – der anderen gewiss bald die wesentlichen Einzelheiten über sein damaliges Pflanzenmassaker und andere Geschichten berichten würde –, und stieg die lange Treppe zur Hintertür hinauf. Quer durch den Garten spürte er Magie, was bei ihm mit Schwindel einherging. Er hatte gehört, wie andere das Phänomen als Hitze beschrieben, als ein Dröhnen, ein Summen, ein Gefühl von Leichtigkeit oder Schwere – wie der Körper das Gefühl vermittelte, schien gänzlich individuell. Als ein schwacher, nicht ausgebildeter Magier hatte er den Schwindel unerträglich gefunden; er konnte sich nicht dagegen abschirmen, und nach Jahren als Schattenjäger hatte ihn die Störung seiner Sinne, die fremde Magie hervorrief, entnervt. Aufgerieben zwischen der Aufdringlichkeit dieser Empfindung und den Ablenkungen eines Lebens in einem großen, lärmenden Haushalt nach Jahren der Abgeschiedenheit, war er ein schlechter Schüler gewesen. Die empfindsameren seiner Kommilitonen wussten um seinen Ruf und seine

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