Nachtkuss - Howard, L: Nachtkuss - Burn
ihm nach besten Kräften dazwischenfunkte. In ihrer Situation hätte er sich auf gar keinen Fall widerstandslos überfahren lassen.
Tiffany war nicht so geduldig wie er, was nicht viel zu bedeuten hatte. Eigentlich war er überhaupt nicht geduldig, er konnte sich nur extrem gut beherrschen, was etwas ganz anderes war. Tiffany sagte: »Wenn sie einen Nervenzusammenbruch bekommt, könnten wir sie bis zum Ende der Reise unter Drogen setzen. Das würde dir die Sache womöglich erleichtern.«
Ganz eindeutig würde es ihm die Sache erleichtern, aber Redwine hatte recht; wenn sie alle gesellschaftlichen Ereignisse auf dieser Kreuzfahrt schwänzte, würde das Fragen aufwerfen, die er lieber nicht beantworten wollte. »Bis jetzt hält sie sich wacker, aber ich werde es mir für den äußersten Notfall merken.«
Tiffany reichte ihm die Knopfkamera. Bei einem anderen Einsatz hätte sie vielleicht Schusswaffen zusammengesetzt. Aber es war so kompliziert, auch nur eine kleine Pistole an Bord eines Kreuzfahrtschiffes zu schmuggeln, dass sie es gar nicht erst versucht hatten. Eigentlich brauchten sie bei diesem Einsatz, bei dem es sich nur um eine Ausspähaktion handelte, keine Waffen. Trotzdem fühlte er sich ohne das vertraute Gewicht der Neunmillimeter Sig Sauer über seiner rechten Niere nackt.
Während Tiffany ihren Schmuck - diesmal ohne Knopfkamera
- wieder zusammensetzte, sah sie zu ihm auf. »Gibt es schon was Neues über Larkin?«
»Nein.« Bislang gab sich der Mann genauso harmlos wie in den vergangenen drei Wochen, in denen er von einem anderen Team beschattet worden war. Wahrscheinlich war es übertrieben, Larkin auch auf dieser Kreuzfahrt zu beschatten, aber andererseits bot sich der Pazifik geradezu an, wenn jemand einen Deal mit den Nordkoreanern einfädeln wollte. »Wir hoffen, dass wir Matt oder Bridget noch heute oder spätestens morgen in Larkins Suite einschleusen können, um die Kamera im Salon zu installieren.« Alles wäre wesentlich einfacher gewesen, wenn Bridget in ihrer Funktion als Stewardess auch für Larkin zuständig gewesen wäre, aber der Schiffseigner hatte dafür sein eigenes Personal an Bord gebracht. Paranoider Bastard.
Soweit Cael informiert war, stand Larkin in dem Verdacht, als Mittelsmann zwischen einem Waffenhersteller und den Koreanern zu agieren. Er wusste nicht, welche Informationen gehandelt werden sollten, aber offenbar hielt die Regierung den Fall für so wichtig, dass man alles unternahm, damit der Deal platzte. Man wollte nicht nur Larkin fassen, sondern alle, die an diesem Deal beteiligt waren, und außerdem wollten die Behörden in allen Einzelheiten erfahren, welche Informationen ausgetauscht worden waren. Und nachdem Caels Team jeden, mit dem Larkin sprach, fotografieren sollte, brauchten sie so viele Leute an Bord: Wenn ständig dieselben Menschen um Larkin herumstrichen, würde jeder - und Larkin erst recht - Verdacht schöpfen. Sie mussten Zeiten und Positionen durchtauschen, und sie mussten seine Suite rund um die Uhr elektronisch überwachen. Sie mussten ihm überallhin folgen, auch auf dem Schiff. Allerdings blieb er bislang
meistens in seiner Suite, was ihnen die Arbeit erheblich vereinfachte.
Jemand klopfte leise an, und Tiffany war augenblicklich hellwach. Sie stand auf und sah kurz durch den Spion, bevor sie die Tür aufzog.
Faith trat in den Raum, dicht gefolgt von Ryan. Beide schwiegen, bis Tiffany die Tür geschlossen hatte. Die Kabine war sicher - sie hatten alle ihre Kabinen und Redwines Suite auf Wanzen abgesucht -, aber das galt nicht für den Kabinengang.
Ryan hätte Cael die Kamera auch bei einem Händedruck übergeben können, aber Cael hatte es lieber, wenn sich seine Leute zwischendurch trafen. Natürlich konnten sie über ihre abhörsicheren Handys miteinander kommunizieren, obwohl das bei Bridget und Matt, die in der Crew arbeiteten, nicht so einfach gewesen war, aber eine persönliche Begegnung schärfte die Aufmerksamkeit mehr als jedes Telefonat. Vielleicht war es die Möglichkeit, die Miene des Gegenübers zu lesen, vielleicht war es schlichte Gruppendynamik, das verstärkte Zusammengehörigkeitsgefühl bei einem Treffen von Angesicht zu Angesicht, jedenfalls hatte er oft erlebt, dass Probleme, an denen sie tagelang über E-Mail oder Handy gefeilt hatten, bei einem Treffen in Minutenschnelle gelöst wurden.
Dank ihrer Tarnung wirkte es völlig unverfänglich, wenn sich die Gruppe traf. Nur für Bridget und Matt galt das nicht. Die beiden
Weitere Kostenlose Bücher