Nachtnelken - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners vierter Fall) (German Edition)
überzeugt, dass es dieser Manfred Peuker war, der Ilona ermordet hat.«
Am Tisch blieb es einige Sekunden lang still.
Judith Brunner sprach es aus: »Was ist, wenn wir uns getäuscht haben? Wenn Peuker weder jemanden umgebracht noch etwas verwechselt hat? … Aber was ist, wenn er jemand anderen deckt? Jemanden, der vorsätzlich und mit Freuden quält?« Sie erinnerte sich an eines ihrer zerlesensten Fachbücher; eine Passage über sexuelle Sadisten. »Hinter Peukers Verhalten lauert womöglich weitaus mehr, als wir bisher erkannt haben. Wissen Sie, was man über Leute wie ihn sagt?« Judith Brunner wartete, bis alle gespannt auf sie blickten. »Es gibt nie nur ein Geheimnis.«
Donnerstag
~ 56 ~
Mit den vielen neuen Informationen und Überlegungen vom Vortag gingen Horst Grede und Judith Brunner in das Verhör von Manfred Peuker. Sie waren selber gespannt, wie es verlaufen würde.
Ein Streifenwagen hatte den jungen Mann gleich am Morgen in die Kreisdienststelle gebracht. Er sagte kein Wort, als er abgeholt wurde. Seine Mutter hatte ihn begleiten wollen, war jedoch von den Polizisten abgewiesen worden.
Judith wusste, dass sie ihrem Jungen im eigenen Auto hinterhergefahren war. Nun saß Monika Peuker unten im Wartebereich für Besucher. Wer weiß, vielleicht würde sich das noch als Vorteil erweisen.
Unbekümmert wirkend, begrüßte Manfred Peuker die ihm bekannten Polizisten und setzte sich dann wieder ruhig hin.
Dr. Grede nahm schräg gegenüber Platz, legte Papier und Stifte bereit und steckte eine neue Kassette in den Rekorder.
Seine Vorbereitungen blieben fast unbeobachtet. Peukers Blick ruhte lediglich auf Judith Brunner, in Erwartung des beginnenden Gesprächs.
Für ihn völlig überraschend, begann dieses Mal Dr. Grede, sich mit ihm zu unterhalten: »Vielen Dank für Ihre gestrige Hilfe, Herr Peuker. Vielleicht können wir mit der Zeichnung nun tatsächlich den Spaziergänger finden, den Sie überholt zu haben glauben.«
Peuker war nicht auf den Kopf gefallen. Er hatte diese einschränkende Formulierung genau mitbekommen. »Was meinen Sie?«
Grede gab sich entgegenkommend: »Wissen Sie, wir haben natürlich auch andere Leute gefragt, was sie am Sonnabend gemacht und was sie gesehen haben. Aus Engersen und Waldau, aus Jemmeritz und Wernstedt. Manche waren genau zur selben Zeit unterwegs wie Sie. Nach vier Uhr. Und in derselben Gegend. Dann haben wir diese Aussagen verglichen und dabei sind uns ein paar Dinge aufgefallen. Zum Beispiel, dass die Person, die Sie uns so eingehend beschrieben haben, von niemandem sonst gesehen worden ist.«
Peuker hatte sofort Erklärungen parat: »Kann doch sein, dass er bei dem schönen Wetter über die Feldwege spaziert ist oder vielleicht hatte er vorher seine Jacke noch an und jemand verwechselt da was.« Er nickte, als müsse er sich selbst dieser Möglichkeiten versichern.
»Und für sich selbst schließen Sie aber eine Verwechslung aus? Oder gar einen Irrtum?«
»Sicher.«
»So etwas kann passieren, Herr Peuker. Ihr Mann, also der, den Sie überholt haben wollen, wäre zufälligerweise der einzige Fußgänger in der Nähe des Tatortes, wenn ich mal so sagen darf. Ohne Fahrrad, Moped oder Auto. Gesetzt den Fall, er wäre der Täter, dann wäre er recht langsam vom Tatort weggekommen. Kein guter Fluchtplan.« Dr. Grede sah sein Gegenüber weiter betont skeptisch an.
»Glauben Sie mir etwa nicht?« Diese Möglichkeit schien Manfred Peukers Vorstellungskraft zu übersteigen, so ungläubig klang er.
Um den jungen Mann weiter zu verunsichern, entließ ihn Grede nicht aus dem Blickkontakt und schüttelte betont langsam den Kopf.
Judith Brunner konnte zusehen, wie Peuker wütend wurde. »Der Mann war da. Ich habe ihn genau gesehen«, zischte er.
»Herr Peuker, Sie benehmen sich einfach kindisch«, sagte Dr. Grede dann, bewusst einen beleidigenden Unterton wählend. Das hörte niemand gerne, schon gar nicht ein Achtzehnjähriger. »Sie werden doch in der Lage sein, die Situation zu erkennen. Wir haben, wie gesagt, auch noch andere Leute gefunden, die an diesem Nachmittag unterwegs waren. Die haben aber niemanden gesehen, auf den Ihre Beschreibung eines Mannes zutrifft.«
Peuker starrte Grede nur weiter verärgert an.
Der machte unbeirrt weiter: »Also nehmen Sie Ihren Grips zusammen und überlegen bitte genau.«
Wieder erfolgte keine Antwort.
Grede änderte seinen Tonfall und fragte wissend: »Na, was könnten diese anderen Zeugen uns wohl erzählt
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