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Nachtsafari (German Edition)

Nachtsafari (German Edition)

Titel: Nachtsafari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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schälten sich die Umrisse eines massigen, lohfarbenen Körpers aus dem flimmernden Licht, zwei gelbe Augen fixierten sie unverwandt.
    Ihre Zähne begannen ohne ihr Zutun aufeinanderzuschlagen. Erschrocken hielt sie ihren Kiefer fest und presste die Zähne hart aufeinander, um das Geräusch zu unterdrücken, aber die schwarzen Ohrenspitzen zuckten und richteten sich dann wie zwei Antennen auf sie. Erst in diesem Moment wurde ihr klar, dass ihr Fenster offen war und dass sich zwischen dem ausgewachsenen Löwen und ihr keinerlei Barriere befand. Ein einziger Prankenhieb würde genügen, sie aus dem Auto zu ziehen …
    Mit schweißnassen Fingern drückte sie auf den Fensterheber. Die Scheibe ruckelte, stockte, was ihr fast einen Herzschlag bescherte. Sie packte zu, zog heftig, und dann surrte das Fenster quälend langsam hoch. Wie gelähmt starrte sie dabei zu der Raubkatze hinüber und hatte plötzlich das schwindelerregende Gefühl, dass ihre überreizten Nerven ihr schon Trugbilder vorgaukelten, denn plötzlich waren da vier Augen, die sie unverwandt anstierten.
    »Heiliger Strohsack«, flüsterte Marcus rau. »Schau dir das an.«
    Es war wie nachts am Sternenhimmel. Je länger Silke hinsah, desto mehr Löwen entdeckte sie. Die zwei im Gestrüpp der Baumgruppe, einen weiteren, der auf der anderen Seite des Weges im Schatten auf dem Rücken lag, die Pfoten in die Luft gestreckt, und wie ein schnurrendes Kätzchen aussah. Der vierte hatte neben der Bretterwand alle viere von sich gestreckt, und der fünfte, offenbar der Pascha, stolzierte mit königlicher Ruhe auf ihren Wagen zu.
    »Nichts wie weg hier«, flüsterte sie. Ein Zeitungsfoto von einem Löwen blitzte vor ihrem inneren Auge auf, der auf einen Touristenwagen gesprungen war, während ein anderer die Reifen zerfetzte. »Schnell!«
    Marcus trat einmal kurz aufs Gas, nicht so, dass der Motor aufheulte, sondern dass es eher wie die höfliche Bitte an den Pascha wirkte, den Weg freizugeben.
    Das Ergebnis war nicht ermutigend. Der Pascha hatte sich vor ihrer Kühlerhaube aufgebaut und sah nicht so aus, als würde er weichen wollen. Der Löwe, der auf dem Rücken döste, zuckte mit der Pfote und blinzelte, die anderen reagierten nicht. Marcus fluchte lautlos und legte den Rückwärtsgang ein. Silke beobachtete mit angehaltenem Atem, wie die Raubkatzen mit zunehmender Entfernung immer kleiner wurden und dann endlich hinter der ersten Kurve verschwanden.
    Am Ende des Pfads riss Marcus das Steuer herum, trat gleichzeitig auf die Bremse und betätigte die Handbremse, dass der Wagen im Powerslide herumschleuderte und in Fahrtrichtung auf dem Hauptweg landete. Silke prallte mit dem Schädel hart gegen die Seitenstreben.
    »Jetzt hab ich aber die Nase randvoll«, fauchte sie ihn an. »Ich will zurück zum Camp, und zwar auf der Stelle. Das reicht mir jetzt. Dreh um!«
    Ihr Kopf dröhnte, und sie befingerte die Stelle an ihrer Stirn, auf der bereits eine Beule zu fühlen war.
    »Erst muss ich mal«, quetschte er heraus.
    Rücksichtslos raste er die Schotterpiste entlang, kümmerte sich nicht darum, dass er mit den Rädern immer wieder in tiefe Furchen knallte, die der letzte Regen hinterlassen hatte. Silke protestierte lautstark, was allerdings keinen Eindruck auf ihn zu machen schien. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als sich mit Armen und Beinen auf dem Sitz zu verankern, um nicht unkontrolliert herumgeworfen zu werden.
    Auf einer Kuppe öffnete sich eine Ausbuchtung im Weg, die einen freien Blick über die unmittelbare und weitere Umgebung bot. Marcus bremste scharf, vergewisserte sich kurz, dass nirgendwo ein Raubtier lauerte, sprang heraus und erleichterte sich mit geschlossenen Augen und einem seligen Ausdruck auf dem Gesicht.
    »Herrgott, ich dachte, ich platze«, stöhnte er, als er wieder in den Wagen kletterte. »Wollen wir eine Cola trinken, meine Süße?«
    Silke verschluckte sich fast vor Lachen. Sie angelte zwei Coladosen aus der Kühltasche und riss die Laschen auf.
    »Mann, hat das gutgetan.« Marcus wischte sich den Mund ab und warf die Dose hinter den Sitzen auf den Boden.
    Auf Silkes Stirn pochte die Beule, ein dumpfer Schmerz breitete sich vom Hinterkopf aus, und der Tinnitus fing an zu pfeifen. Sie angelte eins der Kühlelemente aus der Kühltasche und presste es erst auf die schmerzende Stelle, dann in ihren Nacken.
    »Ich bin müde«, sagte sie. »Müde und hungrig, und mein Kopf brummt. Ich will ins Camp, und abgesehen von einer langen Dusche, will

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