Nachtsafari (German Edition)
fördert die Mine?«
Kirstys Körpersprache hatte eine merkwürdig drängende Intensität angenommen, als hinge von Silkes Antwort Schwerwiegendes für sie ab. Silke konnte das nicht verstehen. So wichtig konnte das doch für diese Frau nicht sein, ob Marcus und sie schon einmal in Südafrika gewesen waren und was in dieser Mine gefördert wurde. Sie zuckte mit den Schultern.
»Seltene Erden, was immer das ist«, sagte sie.
Kirsty verriss kurz das Steuer, der Wagen schwänzelte quer über die Straße, aber sie bekam ihn sofort wieder unter Kontrolle. »Wie heißt dein Mann mit vollem Namen?«, fragte sie in eigenartig schleppender Stimme.
»Bonamour. Marcus Bonamour. Warum?«, fragte Silke erstaunt.
Ohne Vorwarnung rammte Kirsty das Bremspedal bis zum Bo den durch, und der Wagen stoppte so abrupt, als hätten sie eine Mauer getroffen. Silkes Kopf schnellte vor, ihr Oberkörper wurde vom Sitzgurt zurückgerissen, der ihr schmerzhaft in die Brust biss.
»Bist du verrückt?«, schrie sie. »Was soll das? Du hättest uns fast umgebracht.«
»Raus«, sagte Kirsty in einer Stimme, die derartig hasserfüllt war, dass Silke zurückprallte.
»Was?«
»Raus, oder ich werf dich auf die Straße!« Die andere Frau griff an ihr vorbei und stieß die Tür auf.
Silke starrte ihr sprachlos ins Gesicht, das nur Zentimeter von ihrem entfernt war. Kirstys Züge waren verzerrt, sie fletschte die Zähne wie ein Raubtier. Erschrocken presste sich Silke ins Sitzpolster und drückte gleichzeitig mit beiden Händen die andere Frau weg. Es war offensichtlich, dass sie plötzlich wahnsinnig ge worden sein musste. Wahnsinnig und gefährlich. Vermutlich hatte sie die schlimme Sache mit ihrem Verlobten seelisch völlig aus der Bahn geworfen.
»Kirsty, beruhige dich doch. Soll ich fahren?«
Weiter kam sie nicht.
»Steig aus, du dreckige Schlampe«, kreischte Kirsty und versuchte, sie gewaltsam vom Sitz zu stoßen. »Raus, ehe ich dich umbringe!«
Jetzt wurde Silke wütend. »He, lass das!«, schrie sie und boxte sie auf den Oberkörper. Nicht so hart, wie sie konnte, aber hart genug, dass die andere Frau sich an ihr festhalten musste, um nicht auf den Wagenboden zu rollen. Silke packte sie an beiden Armen und schüttelte sie, um sie zur Besinnung zu bringen. »Was ist eigentlich los mit dir? Was habe ich dir getan?«
»Tu doch nicht so – das wirst du schon wissen. Sonst frag mal diesen gewissenlosen Mistkerl!«
Damit versetzte ihr Kirsty mit beiden Händen einen unerwartet kräftigen Stoß. Silke streckte sich blitzschnell nach dem Haltegriff, bekam ihn aber nicht mehr zu fassen. Kirsty legte ihr ganzes Gewicht in den nächsten Stoß, und Silke fiel vom Sitz hart auf den Asphalt. Sie schrie vor Schmerzen auf. Sekunden später traf sie ein Gegenstand am Kopf, der abprallte und irgendwo in die Finsternis rollte. Über ihr knallte die Beifahrertür, und mit durchdrehenden Rädern schoss der Geländewagen davon. Steine und Sand wurden hochgeschleudert und trafen Silke im Gesicht und am Oberkörper, dann verschwanden kurz darauf die Rücklichter um die nächste Kurve.
»Mist!«, brüllte Silke in die Nacht. »Mist, Mist, Mist!«
Vor Wut liefen ihr die Tränen übers Gesicht. Für einen Augenblick erlaubte sie sich einen emotionalen Ausbruch, schrie, trommelte mit den Fäusten auf den Asphalt, war kurz davor, sich zu übergeben.
Schließlich zwang sie ihre Gefühle unter Kontrolle und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen ab. Von irgendwoher musste sie Hilfe holen, und zwar so schnell wie möglich. Vermutlich wimmelte es hier von Straßengangstern. Und von Schlangen.
Hastig griff sie in ihre Hosentasche, in die sie ihr Handy gesteckt hatte. Jills Nummer hatte sie, und die würde mit Sicherheit noch wach sein, weil sie ja auf ihre Ankunft wartete. Außerdem war anzunehmen, dass hier der Empfang besser sein würde als im Wildreservat.
Aber die Tasche war leer, auf der anderen Seite erfühlte sie nur das Foto, das sie im Busch gefunden hatte. Sie steckte ihre Hand in die Gesäßtaschen. Auch nichts. Sie hatte keine Möglichkeit, irgendjemanden zu erreichen.
»Mist, verdammter«, murmelte sie noch einmal.
Die Überlegung, warum diese Kirsty so urplötzlich ausgerastet war, verschob sie auf später. Die unterschwellige Unruhe, was Marcus’ Rolle betraf, kämpfte sie nieder. Die Wahrheit würde sie ohnehin erst erfahren, wenn sie ihn gesprochen hatte. Wenn sie ihn je wieder sprechen würde.
Im Augenblick musste sie einen Weg
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