Nachtsafari (German Edition)
Hose, entgegen.
»Ich bin Siyabonga«, verkündete der mit sympathischem Grinsen und begrüßte Marcus mit dem Dreiergriff. Als er Vilikazi und Sarah bemerkte, stutzte er, grinste noch breiter und grüßte den Älteren auf Zulu auf so ehrerbietige Weise, dass sich Silke erneut fragte, wer dieser Vilikazi war. Was er darstellte.
Sarah quälte ihre üppigen Kurven mithilfe ihres Mannes und unter Stöhnen aus dem Wagen und schüttelte die Kekskrümel von ihrem Kleid. Siyabonga gab Marcus die Papiere, und während der das Schriftstück überflog, lud er das Gepäck um. Zum Schluss suchte er den ganzen Wagen ab, um sicherzugehen, dass Silke und Marcus nichts zurückgelassen hatten. Dann holte er den Wagenheber, um den Reifen zu wechseln.
Vilikazi überreichte Marcus in der Zwischenzeit seine Visitenkarte – dass jeder hier Visitenkarten zu haben schien, hatte Silke in der kurzen Zeit schon mitbekommen –, und Sarah diktierte ihm die Adresse ihres Hauses in Umhlanga Rocks und ihre Mobiltelefonnummer. »Hier in der Nähe haben wir eine Farm, aber wir wohnen in Umhlanga. Da ist das Leben bequemer, und es gibt Hausangestellte, die den Geschirrspüler bedienen können und nicht denken, dass man sich in der Kloschüssel den Kopf wäscht.«
Sarah lachte dieses schwarze Lachen, das tief aus ihrem Bauch zu kommen schien und ihr wie dicke Sahne aus der Kehle floss, dann stieg sie in ihren Wagen. Silke klang dieses herrliche Lachen noch in den Ohren, als die beiden Zulus längst davongefahren waren. Erstaunt stellte sie fest, dass sie bedauerte, sich nicht länger mit den Dumas unterhalten zu können.
»Beeindruckend, die beiden«, sagte sie.
»Allerdings«, gab Marcus zurück, hielt ihr die Wagentür auf, und sie fuhren los.
6
D ie restliche Fahrt zum Hluhluwe-Wildpark verlief ereignislos. Marcus konzentrierte sich auf den Verkehr und darauf, dass er Fußgänger nicht über den Haufen fuhr, die in fröhlicher Nichtachtung jeglicher Verkehrsregeln gemächlich über die Fahrbahn schlenderten. Je tiefer sie nach Zululand hineingelangten, desto öfter standen plötzlich Kühe und Ziegen in der Mitte der Straße und glotzten ihnen entgegen. Mehr als einmal musste er scharf auf die Bremse treten.
»Ich mach Gulasch aus dir, du blöde Kuh«, schrie er einem besonders stoischen Exemplar zu, woraufhin das Rindviech in aller Seelenruhe den Schwanz hob und einen grünen Fladen mitten auf die Straße fallen ließ. Dann drehte es schläfrig den Kopf und inspizierte ein Büschel Gras, das aus dem Asphalt wuchs, und rührte sich keinen Zentimeter.
Marcus’ aufgebrachter Gesichtsausdruck reizte Silke so zum Lachen, dass ihr die Tränen kamen. Als sie wieder bei Atem war, bat sie ihn an einem der Stände, die die Straße säumten, anzuhalten, weil sie gern Ananas und Mangos kaufen wollte, aber Marcus lehnte kategorisch ab.
»Denk nur an die Kerle mit den Macheten.«
Ihr lag eine scharfe Antwort auf der Zunge, aber ihr war nicht nach Streit.
Gegen vierzehn Uhr ratterten sie am Eingang zum Hilltop Camp in Hluhluwe über einen breiten Streifen von Metallrollen. »Das ist wohl eine Wildbarriere«, bemerkte Marcus. »Hält die Big Five davon ab, sich im Camp ihr Dinner zu holen. Gibt ihnen ein unsicheres Gefühl.«
»Aha«, meinte Silke geistesabwesend, weil sie sich neugierig umsah.
Das Camp präsentierte sich als eine sehr übersichtliche, gepflegte Anlage. Vor ihr lag ein baumgesäumter Platz, in dessen Mitte eine mit Palmen und blühenden Sträuchern bepflanzte In sel schwamm. Ein ockerfarbenes, riedgedecktes Gebäude erstreckte sich auf der rechten Seite, Blumenbeete rahmten es ein. Die Sonne stand fast senkrecht, die Schatten waren scharf und kurz, das Licht aber hatte eine sanfte, goldene Tönung, war nicht so gleißend weiß wie an der Küste.
Marcus stellte den Wagen notgedrungen in der prallen Sonne ab, da alle Parkplätze unter den Bäumen besetzt waren. Mit einem Seufzer der Erleichterung – lange Autofahrten hatte sie noch nie gemocht – öffnete Silke die Wagentür. Der Hitzeschwall traf sie so unvorbereitet wie ein körperlicher Schlag.
»Mein Gott«, keuchte sie. »Ich komme mir vor, als ob ich über einem Grill hinge. Was ist noch mal der Garpunkt für Fleisch?«
Marcus schmunzelte. »Am besten bleibst du beim Auto, bis ich eingecheckt habe. Ich lasse die Klimaanlage laufen.« Er öffnete kurz die Heckklappe, um seinen Pass und die Buchungsunterlagen zu holen. »Bin gleich wieder da.«
Silke kicherte.
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