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Nachtschicht

Nachtschicht

Titel: Nachtschicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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heiß.«
    Elizabeth schloß die Augen.
    »Für dein Geld haben dir die Leute aber reichlich viel Dreck geliefert, nicht?«
    »Mag sein. Jedenfalls geriet Eds Vater in Bridgeport wieder in die Klemme. Es hatte auch mit Spielen zu tun, nur daß er dieses Mal an einen Kredithai ersten Ranges geriet. Irgendwie holte er sich ein gebrochenes Bein und einen gebrochenen Arm. Der Detektiv bezweifelt, daß Mr. Hamner einen Unfall hatte.«
    »Was kommt jetzt noch?« fragte Elizabeth. »Kindesmißhandlung? Unterschlagung?«
    »1961 bekam er eine Stelle in einer unbedeutenden Werbeagentur in Los Angeles. Das war ein bißchen zu nahe an Las Vegas. Er fuhr an den Wochenenden dorthin, spielte … und verlor. Bis er anfing, Ed junior mitzunehmen. Dann begann nämlich seine Glückssträhne.«
    »Das erfindest du alles. Anders kann es gar nicht sein.«
    Alice tippte mit dem Finger auf den Umschlag. »Hier drin steht alles, Liz. Einiges könnte vor Gericht nicht bestehen, doch der Detektiv meint, keiner der Leute, mit denen er sprach, hätte einen Grund zu lügen. Eds Vater nannte Ed ›seinen Talisman‹. Anfangs durfte er den Jungen in die Casinos mitbringen, obwohl das Gesetz es nicht erlaubt. Aber Eds Vater galt als dicker Fisch, den man ausnehmen konnte. Dann begann er, nur noch ausschließlich Roulette zu spielen. Ein Jahr später hatte Ed Hamners Sohn in sämtlichen Casinos Haus-verbot. Und der alte Hainner suchte sich ein neues Betätigungsfeld, wo er seine Spielleidenschaft austoben konnte.«
    »Was denn?«
    »Die Börse. Als die Hamners Mitte 1961 nach Los Angeles kamen, wohnten sie für neunzig Dollar Miete im Monat in einer Käseschachtel, und Mr. Hamner fuhr einen Chevrolet Baujahr ‘52. Ende 1962, genau sechzehn Monate später, hatte er seine Stelle gekündigt, und sie wohnten in ihrem eigenen Haus in San Jose. Mr. Hamner fuhr einen fabrikneuen Thunderbird und Mrs. Hamner einen Volkswagen. Weißt du, einem kleinen Jungen kann man verbieten, ein Spielcasino zu betreten, aber das Börsenblatt kann ihm keiner wegnehmen.«
    »Willst du damit andeuten, daß Ed … daß er die Fähigkeit besitzt … Alice, du bist ja verrückt!«
    »Ich will gar nichts andeuten. Außer vielleicht, daß er wußte, was sein Daddy brauchte.«
    Ich weiß, was du brauchst.
    Es war beinahe so, als hätte ihr jemand die Worte ins Ohr gesprochen, und sie schauderte.
    »Die nächsten sechs Jahre verbrachte Mrs. Hamner meistens in verschiedenen psychiatrischen Anstalten. Angeblich wegen nervöser Störungen, aber der Detektiv unterhielt sich mit einem Pfleger, der sagte, sie sei schon an der Grenze zum Wahnsinn gewesen. Sie behauptete, ihr Sohn sei der Handlanger des Teufels. 1964 stach sie mit einer Schere auf ihn ein. Sie versuchte, ihn umzubringen. Sie … Liz? Liz, was hast du?«
    »Die Narbe«, flüsterte sie. »Vor ungefähr einem Monat gingen wir schwimmen. An der Schulter hat er eine tiefe, einge-sunkene Narbe … hier.« Mit der Hand deutete sie auf eine Stelle über ihrer linken Brust. »Er sagte mir …« Ein Brechreiz stieg in ihr auf, und sie mußte warten, bis er abgeklungen war, ehe sie weitersprechen konnte”. »Er sagte mir, als kleiner Junge sei er auf einen Jägerzaun gefallen.«
    »Soll ich weitererzählen?«
    »Warum nicht? Jetzt kann mich nichts mehr schocken.«
    »1968 wurde seine Mutter aus einer sehr luxuriösen psychiatrischen Anstalt im San Joaquin Valley entlassen. Zu dritt fuhren sie in Urlaub. Sie machten auf einem Rastplatz an der Straße 101 Halt. Der Junge sammelte gerade Feuerholz, als Mrs.
    Hainner den Wagen mit sich und ihrem Mann über die Steilklippe ins Meer fuhr. Vielleicht hatte es ein Versuch sein sollen, Ed zu überrollen. Damals war er fast achtzehn. Sein Vater hinterließ ihm ein Millionenvermögen in Wertpapieren.
    Anderthalb Jahre später kam Ed hierher und immatrikulierte sich bei uns. Das wäre dann alles.«
    »Hast du keine Leiche mehr im Keller?«
    »Liz, sag bloß, das wäre nicht schon genug.«
    Sie stand auf. »Kein Wunder, daß er sich über seine Eltern ausschweigt. Aber du mußtest unbedingt den Schmutz aufrühren, nicht wahr?«
    »Du bist blind«, warf Alice ihr vor. Elizabeth zog sich den Mantel an. »Ich nehme an, du gehst jetzt zu ihm.«
    »Stimmt.«
    »Weil du ihn liebst.«
    »Stimmt.«
    Alice kam zu ihr und ergriff ihren Arm. »Wirst .du wohl aufhören, die Gekränkte zu spielen, und einen Augenblick lang nachdenken! Ed Hamner ist imstande, Dinge zu tun, von denen andere Leute nur träumen

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