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Nadel, Faden, Hackebeil

Nadel, Faden, Hackebeil

Titel: Nadel, Faden, Hackebeil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Seifferheld eine Tasse ein, steckte einen Strohhalm in dessen Tasse, weil er sich ja nicht richtig aufrichten konnte, und setzte sich an den Küchentisch.
    »Sag mal, Fela«, fing Seifferheld an. »Du kommst doch als Fotograf vom
Haller Tagblatt
ganz schön herum in der Stadt? Kennst Gott und die Welt?«
    Fela nickte.
    »Dann ist dir ja sicher Lambert von Bellingen ein Begriff?«
    »Klar. Der Tote. Hat sich immer ins Bild geschoben. War total geil darauf, in die Zeitung zu kommen.« Fela sah nach oben, wie man es automatisch macht, wenn man sich an Vergangenes erinnert. »Hat sich auch nie über ein Foto beschwert, wie es manch anderer so gern tut. Ich glaube, der fand sich immer und überall gutaussehend.«
    »Dann weißt du sicher auch, mit wem er hier in der Stadt Kontakt hatte?« Seifferheld fühlte sich, als sei er überraschend auf Öl gestoßen, nachdem seine alte Quelle urplötzlich versiegt war. Eigentlich hatte er MaC diese Fragen stellen wollen. »Gehörte er zu einer bestimmten Clique?«
    Fela schenkte Seifferheld und sich noch Kaffee nach. Der Kaffee war, vor allem im Vergleich zu Irmis Gebräu, exorbitant gut. »Nein, der war nirgends Mitglied, schob immer seine Neutralität als Landtagsabgeordneter vor. Er hatte natürlich seine …« Fela sah Seifferheld an und versuchte abzuschätzen, wie viel man dem alten Mann zumuten durfte.
    »Seine Weibergeschichten?«, lieferte Seifferheld das Stichwort.
    Fela lachte auf. »Maßlos übertrieben. Er hat seinen Ruf als Playboy und Lebemann gehegt und gehätschelt, aber ich würde meine zweiäugige Rolleiflex von 1930 darauf verwetten, dass der für die Politik und fürs Jagen lebte und sich ansonsten streng muselmanisch verhielt.«
    »Muselmanisch?«
    »Na, maximal vier Frauen. Also seine Ehefrau plus zwei oder allerhöchstens drei. Der hat kein Leben als Schmetterling geführt, ist nicht von Blüte zu Blüte geflattert. Nie und nimmer. Vielleicht hatte er sogar nur die Runkel.«
    Die Runkel und die Fippa, korrigierte Seifferheld innerlich. »Hatte er Freunde in der Stadt? Männerfreunde?«
    »Also … nein … die üblichen Serviceclubkontakte natürlich, aber eher oberflächlich. Wobei … mit Dr.Kolb, diesem Schönheitschirurgen vom Diak, habe ich ihn öfter mal gesehen. Vielleicht wollte er sich vor der nächsten Wahl eine Liposuktion gönnen?« Er grinste in sich hinein, wie es nur ein Anfangzwanziger tun konnte, dem der Gedanke, seinen Körper irgendwann einmal chirurgisch updaten zu lassen, um die äußere Realität der inneren Jugendlichkeit anzugleichen, völlig fremd war.
    Es klingelte an der Haustür.
    »Wärst du so freundlich?«, bat Seifferheld.
    Fela sprang auf und lief los. Ein ausgesprochen netter und wohlerzogener Junge, dachte Seifferheld.
    Ausgesprochen nett und wohlerzogen war dann aber auch Tayfun Ünsel, den ein plötzlich grimmig dreinblickender Fela in die Küche führte.
    »Guten Tag«, sagte Tayfun. »Ich wollte zu Karina.«
    »Die ist nicht da, hab ich dir doch schon gesagt«, brummte Fela, dessen Wohlerzogenheit und Nettigkeit offenbar draußen im Flur geblieben waren. »Du kannst also wieder abziehen.«
    »Wenn Sie erlauben, würde ich gern auf Karina warten.« Tayfun ignorierte Fela und sah Seifferheld fest an.
    Der nickte.
    Tayfun und Fela setzten sich an den Küchentisch. Es breitete sich eine dumpfe Stille aus, die auch nicht dadurch unterbrochen wurde, dass Tayfun fragte, ob er wohl auch eine Tasse Kaffee haben könne. Es blieb dumpf und still.
    Seifferheld hätte ja gern etwas Aufheiterndes oder wenigstens Ablenkendes gesagt, aber ihm fiel partout nichts ein. Sein persönlicher Favorit war ja Fela, aber Tayfun, der aus einem äußerst wohlhabenden Unternehmer-Clan stammte, ließ sich von Karina widerspruchslos herumkommandieren, und wie er die Seifferheldfrauen kannte, mochte das letztendlich den Ausschlag geben.
    Gott sei Dank hörte man bald den Schlüssel im Schloss, und gleich darauf kam Onis in die Küche gelaufen. Er wedelte glücklich mit dem Schwanz und schnupperte an all den Männern in der Küche. Seifferheld nicht mitgezählt, waren es nunmehr drei: Fela, Tayfun und ein blonder Polizist in Uniform.
    »Onkel Siggi, ich bin schon wieder verhaftet worden«, freute sich Karina, lief zum Kühlschrank und trank in großen Schlucken O-Saft aus dem Tetrapack.
    »Ich habe Ihre Nichte nur verwarnt«, meinte der Polizist beruhigend, als er Seifferhelds entsetztes Gesicht sah. »Karsten Viehoff, Polizeiobermeister«, stellte

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