Naked - Hemmungslose Spiele (German Edition)
Augenblick noch nie so schrecklich und unangenehm der Reaktion einer anderen Person auf meine Hautfarbe bewusst gewesen.
„Mutter“, sagte Alex scharf. „Das ist Olivia. Meine Verlobte.“
„Oh … ja, natürlich. Olivia.“ Mrs Kennedy, die für mich noch keinen Vornamen hatte, setzte ein Lächeln auf. Sie wischte ihre Hände mehrfach an dem Geschirrtuch trocken, das sie von der Arbeitsplatte nahm. „Kommt rein, kommt rein. Das Essen ist schon bald fertig. Ich muss deinen Dad rufen. Er ist unten im Keller. Komm her, A.J. Gib deiner Mom einen Kuss.“
Er bewegte sich gehorsam vorwärts. Ihre Finger griffen nach ihm, und sie versuchte ihn einen Moment länger an sich zu ziehen. Sanft entzog er sich ihr. Ihre Augen huschten über sein Gesicht und tranken seinen Anblick mit einem so offensichtlichen schmerzhaften Vergnügen, dass ich nicht länger hinsehen wollte.
„Ihr zwei geht jetzt ins Wohnzimmer. Deine Schwestern sind auch schon da, mit den Kindern. Sie werden sich freuen, euch zu sehen. Ich gehe derweil und hole deinen Dad.“
„Okay.“ Alex nahm wieder meine Hand. „Komm, Baby, wir sagen den anderen Hallo.“
Ich schluckte hart und hob mein Kinn, um mich gegen die unvermeidlichen erstaunten Blicke zu wappnen. Aber wenigstens waren Alex’ Schwestern nicht so entsetzt wie seine Mutter. Er hatte drei Schwestern, allesamt jünger als er. Tanya, Johanna und Denise. Sie hatten alle schon mehrere Kinder, die vom Teenager- bis zum Kleinkindalter reichten, und ich hatte irgendwie den Eindruck, dass irgendwo da draußen noch mehr Kinder waren. Männer waren nicht zu sehen, obwohl zumindest Johanna und Denise schlichte Eheringe aus Gold trugen.
Alex begrüßte seine Schwestern mit mehr Zuneigung als vorhin seine Mutter, und sie umarmten ihn so fest, dass es ihm fast die Luft raubte. Außerdem gaben sie ihm kleine Klapse, wie jüngereSchwestern das nur bei ihren älteren Brüdern machen durften, das wusste ich aus Erfahrung. Ich hielt mich im Hintergrund, weil ich mich nicht in das Gewirr aus Fragen und Antworten einmischen wollte, aber Alex drehte sich um und zog mich an der Hand nach vorn. Er vergaß mich nicht.
Die älteren Kinder begrüßten mich flüchtig und widmeten sich wieder ihrer Beschäftigung – lesen, SMS schreiben oder mit den kleinen Spielekonsolen spielen. Die drei jüngsten aber drängten sich mit großen Augen um mich. Die Kleinste, ein Mädchen in Windel und einem dreckigen sonnengelben Kleidchen, kletterte sogar neben mir aufs Sofa und berührte immer wieder meine Haare.
„Trina, komm da runter“, sagte Denise, ohne Anstalten zu machen, ihr Kind von mir runterzuholen.
Alex hob das Mädchen in die Höhe und prustete gegen ihren Hals, bis sie vor Vergnügen quietschte. Dann reichte er sie an ihre Mutter weiter. „Um Himmels willen, wechsel ihr mal die Windel.“
Denise verdrehte die Augen. „Gott, du müsstest dich mal anhören. Als hättest du in deinem Leben schon mal eine Windel gewechselt. Was ist mit dir, Olivia? Hast du Kinder?“
Ich schaute auf die Horde Kinder und blickte sie dann an. „Ich … nein.“
Tanya wuschelte Alex durch die Haare. „Vielleicht hast du ja bald welche, hm? Wird unser großer Bruder etwa ein Daddy?“
„Genau, wird Zeit, dass du mal aufholst“, erklärte Johanna ihm. „Zum Teufel, sogar Jamie hat inzwischen ein Kind. Ich habe ihn vor ein paar Wochen im Einkaufszentrum getroffen. Du hast doch noch Kontakt mit Jamie, oder?“
„Klar hat er noch Kontakt“, meinte Denise verbittert. „Glaubst du allen Ernstes, er wäre hergekommen, um sich nur mit uns zu treffen?“
Es sollte wie ein Scherz klingen, aber wir alle hörten, dass auch ein Körnchen Wahrheit in ihren Worten mitschwang.
„Ja, ich wusste, dass Jamie ein Kind hat“, sagte Alex. „Sein Name ist Cam.“
„Hey, hey, hey!“, rief eine dröhnende Stimme im hinteren Teil des Raumes. „Wenn das nicht der … wie sagt man? Der verkommene Sohn ist?“
„Der verlorene Sohn, Dad“, hauchte Tanya.
„Und seine keusch errötende künftige Braut.“ Mr Kennedy betrat den Raum auf Füßen, die zu klein wirkten, um seinen massigen Körper zu tragen. Er hatte auf dem Kopf nicht mehr besonders viele Haare, aber dafür wuchsen sie ihm aus den Ohren, und die Augenbrauen waren auch ziemlich buschig. „Livvy, stimmt’s?“
„Ihr Name lautet Olivia, Dad“, erklärte Alex ihm. An mich gewandt sagte er: „John Kennedy.“
„Wie der Idiot, der sich den Kopf hat wegschießen lassen.“
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