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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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war.
    Madame Robert bemerkte plötzlich Satin. Sie verließ sofort das Zahlpult, eilte herbei, tat sehr erfreut und bedauerte unendlich, daß sie tags vorher nicht zu Hause gewesen. Satin schien sehr glücklich und wollte der Robert durchaus an ihrer Seite Platz machen; doch diese beteuerte, daß sie bereits gegessen habe. Sie sei bloß gekommen, um zu sehen, wer da sei. Sie stand hinter Satins Sessel, stützte sich auf die Schultern des Mädchens und fragte:
    Wann werde ich Sie sehen? Wenn Sie frei wären ...
    Nana vermochte das übrige nicht zu hören; doch war sie wütend über dieses Gespräch und brannte vor Verlangen, dieser »rechtschaffenen« Dame ihre Meinung zu sagen. Doch der Eintritt einer Gesellschaft nahm ihre Aufmerksamkeit von neuem in Anspruch. Es kamen elegante Damen in großer Toilette, mit Brillanten geschmückt. Sie kamen zu Laura, die sie sämtlich duzten, ergriffen von dem Geschmack an der Verderbtheit, behangen von Diamanten im Werte von hunderttausend Franken. Sie kamen, weil sie die Laune hatten, inmitten dieser vor Neid vergehenden armen Mädchen ein Essen für drei Franken einzunehmen. Als sie unter lautem Geschwätz und Gelächter, gleichsam ein Stück Sonne mitbringend, eintraten, wandte Nana lebhaft den Kopf und erkannte zu ihrem Verdruß unter ihnen Lucy Stewart und Maria Blond. Fast fünf Minuten neigte während der ganzen Zeit, welche diese Damen mit Laura plauderten, Nana das Gesicht auf den Teller herab und beschäftigte sich eifrig damit, Brotkügelchen zu formen. Als sie endlich aufblicken konnte, sah sie zu ihrem Erstaunen den Sessel neben sich leer. Satin war verschwunden ...
    Wo ist sie denn? fragte Nana ganz laut.
    Die hübsche blonde Person, die vorhin Satin fast verschlungen hatte, lächelte mit halbverdrossener Miene, und als Nana, ärgerlich über dieses Lächeln, sie drohend anblickte, sagte sie mit gedehnter Stimme:
    Nicht ich, die andere hat sie Ihnen genommen.
    Nana begriff, daß man sich über sie lustig mache und schwieg. So saß sie eine Weile, um ihren Zorn nicht merken zu lassen. Im Hintergrunde des anstoßenden Saales hörte man die laute Stimme Lucy Stewarts, die einen ganzen Tisch voll kleiner Dirnen traktierte. Es war sehr heiß, die Aufwärterin trug ganze Stöße schmutziger Teller durch die Säle, die von dem starken Dufte des Reishuhnes erfüllt waren. Die erwähnten vier jungen Leute unterhielten sich damit, einem halben Dutzend Mädchen feine, schwere Weine einzuschenken, um ihnen einen Rausch anzutrinken und sie zu allerlei unflätigen Reden zu bringen. Was Nana jetzt am meisten verdroß, war, daß sie für Satin das Essen bezahlen mußte. Ist das eine Dirne, die sich traktieren läßt und dann mit der ersten besten davonläuft, ohne auch nur zu sagen: Ich danke. Es waren wohl nur drei Franken, aber die Sache verdroß sie dennoch, denn Satins Benehmen war ekelhaft. Sie warf ihre sechs Franken der Laura hin, die sie in diesem Augenblick mehr verachtete als den Schmutz der Gosse.
    Auf der Straße ward ihre Wut noch größer; wahrhaftig, sie läuft dieser Vettel Satin nicht nach. Ihr Abend war verdorben, sie ging langsam nach Hause und schimpfte unterwegs besonders auf diese Frau Robert. Die hat Ursache, die »Vornehme« zu spielen. Ja, vornehm in den Schmutzwinkeln! Nana war jetzt sicher, diese Person im »Schmetterling« gesehen zu haben, einer schmutzigen Kneipe der Fischerstraße, wo sie von Männern zu dreißig Sous zu haben war. Und die bezaubert Bürochefs durch ihr anständiges Benehmen; die wagte es, Essen abzulehnen, zu denen man sie einlädt ... Die spielt die Tugendhafte.
    Nana war zu Hause angekommen. Zu ihrer Überraschung fand sie die Wohnung beleuchtet. Fontan war verdrießlich nach Hause gekommen, weil auch er von dem Freunde verlassen worden war, der ihm das Essen bezahlt hatte. Er hörte gleichgültig ihre Erklärungen an. Sie fürchtete, Schläge zu bekommen, weil sie so spät kam. Sie hatte ihn nämlich erst um ein Uhr nach Mitternacht erwartet. Sie nahm zu einer Lüge ihre Zuflucht und sagte, sie habe die sechs Franken mit Madame Maloir ausgegeben. Er reichte ihr mit vieler Würde einen Brief, der für sie eingelangt war, und den er ruhig aufgemacht hatte. Es war ein Brief von Georges, der noch immer in Fondettes eingesperrt war und seinem Schmerz allwöchentlich in einem liebeglühenden Briefe Luft machte. Nana war entzückt von diesen Briefen, besonders wenn gefühlvolle Redewendungen und Liebesschwüre darin vorkamen. Sie las

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