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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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schlugen aufeinander los.
    Herr Bordenave, Herr Bordenave! rief zu Tode erschrocken der Regisseur.
    Bordenave bat den Prinzen um Entschuldigung und folgte dem Regisseur.
    Als er Mignon und Fauchery sich am Boden wälzen sah, wurde er wütend. Wahrhaftig, die haben die Zeit gut gewählt ... Jetzt, da der Prinz auf der andern Seite steht und das Publikum den Lärm hören kann. Um das Maß voll zu machen, kam auch jetzt Rosa Mignon hinzu, atemlos, knapp vor ihrem Auftreten. Vulkan sagte eben sein Stichwort. Allein Rosa stand sprachlos vor Entsetzen da, als sie ihren Gatten und ihren Liebhaber sich am Boden wälzen und einander mit Schimpfworten und Püffen behandeln sah. Sie sahen greulich aus; sie würgten einander, rissen einander die Haare aus und waren über und über mit Schmutz und Staub bedeckt. Ein Maschinist hatte noch rechtzeitig den Hut Faucherys erwischt, der auf die Bühne zu kollern drohte. Die beiden Männer am Boden versperrten Rosa den Weg auf die Bühne; Vulkan, der allerlei aus dem Stegreif machte, um das Publikum hinzuhalten, gab ihr jetzt zum zweiten Male das Stichwort. Rosa stand aber unbeweglich und starrte die beiden sich balgenden Männer an.
    Schau doch nicht lange, flüsterte Bordenave ihr wütend zu. Geh hinein, geh! Das hat dich nicht zu kümmern.
    Und Rosa stieg, von Bordenave geschoben, über die beiden Männer hinweg und betrat die Bühne. Sie stand nun, von hellem Gaslichte bestrahlt, vor dem Publikum. Sie hatte nicht begriffen, weshalb die beiden Männer sich am Boden wälzten und einander prügelten. Bebend, mit verwirrtem Kopfe, trat sie bis zur Rampe vor. So mußte sie das verliebte Lächeln der Diana heucheln. Sie begann ihre Arie mit einer Wärme, daß das Publikum in einen Beifallssturm ausbrach. Von den Kulissen her hörte sie die dumpfen Schläge der beiden Männer; glücklicherweise übertönte die Musik das Geräusch.
    Herrgott, rief Bordenave, nachdem es ihm endlich gelungen war, die beiden Männer zu trennen. Könnt ihr einander nicht zu Hause prügeln? Ihr wißt, ich mag dergleichen nicht. Mignon, du bleibst hier auf der Hofseite und Sie, Fauchery, wenn Sie nicht wollen, daß ich Ihnen die Türe weise, gehen hinüber auf die Gartenseite. Der eine hier, der andere dort, sonst verbiete ich Rosa, die Herren wieder mitzubringen.
    Als er zum Prinzen zurückkehrte, fragte dieser, was es gegeben habe?
    Nichts, sagte Bordenave ruhig.
    Nana stand in einen Pelz gehüllt und wartete mit den Herren plaudernd auf ihr Stichwort. Muffat war zwischen zwei Kulissen vorgeschritten, um einen Blick auf die Bühne zu werfen. Der Regisseur machte ihm ein Zeichen, leiser aufzutreten. Hinter den hell erleuchteten Kulissen sah man einige Menschen, die leise miteinander redeten und auf den Fußspitzen gingen. Der Gasmanipulant stand an der Maschine, um die Beleuchtungseffekte zu regulieren. Ein Feuerwehrmann stand an ein Versetzstück gelehnt und steckte den Kopf vor, um besser zu sehen. Hoch oben auf einer Bank saß der Vorhangmann, die Schnur in der Hand, unbekümmert um das, was da unten gespielt wurde und wartete auf das Glockensignal des Regisseurs. Inmitten dieser schwülen Luft, dieses leisen Getrappels und Geflüsters hörte man von der Bühne her die Stimmen der Schauspieler, Stimmen, die mit einem seltsam falschen Klange hier ans Ohr schlugen. Weiter zurück hinter dem verwirrten Geräusch des Orchesters wehte der ungeheure Atem des Publikums; dieser Atem schwoll zuweilen an und brach dann in Form von Beifallsrufen, Gelächter und Händeklatschen aus. Man fühlte das Publikum, ohne es zu sehen.
    Irgendwo ist etwas offen, sagte Nana, sich fester in ihren Pelz hüllend. Ich spüre einen Luftzug; schauen Sie nach; Vater Barillot; ich wette, daß ein Fenster geöffnet wurde. Man muß hier ja umkommen.
    Barillot schwur, er selbst habe alles geschlossen; aber es seien vielleicht einige Scheiben zerbrochen. Die Schauspieler beklagen sich immer über Luftzug. Durch die schwüle Gashitze zog manchmal ein eiskalter Wind. Es sei ein rechtes Krankheitsnest, meinte Fontan.
    Wenn ihr so ausgezogen wäret ...? rief Nana.
    Still! rief Bordenave.
    Rosa trug auf der Bühne eben eine Stelle ihres Duetts mit solcher Feinheit vor, daß die Bravorufe des Publikums die Begleitung des Orchesters übertönten; Nana war ernst geworden und schwieg. Der Graf hatte sich zwischen zwei Dekorationsstücke vorgewagt; doch Barillot hielt ihn warnend zurück, weil eine Versenkung da war. Er sah die Dekoration verkehrt und

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