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Naschkatze

Titel: Naschkatze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Cabot
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dir an! Wenn Maurice uns hereinlegen will, würde er keine so dumme Person hierherschicken.«
    »Hey!«, will ich empört schreien und wütend aus dem Laden marschieren, denn ich habe diese Worte ganz genau verstanden.
    Andererseits beobachte ich, wie Monsieur Henri wieder in meiner Mappe blättert und die Davor-und-Nach-Fotos von dem hässlichen Brautkleid betrachtet, das Lukes Kusine Vicky selbst entworfen hat. Letzten Endes konnte ich’s in was halbwegs Passables verwandeln (obwohl sie sich dann doch für mein Givenchi-Kleid entschieden hat). Offensichtlich ist er interessiert.
    Also sage ich, statt hinauszustürmen: »Das alles musste ich mit der Hand machen. Damit meine ich Vickys Kleid. Weil ich damals auf Reisen war und meine Singer nicht dabeihatte.«
    »Reine Handarbeit?« Mit schmalen Augen fixiert er das Foto. Dann zieht er eine Gleitsichtbrillle aus seiner Hemdtasche.

    »Ja«, bestätige ich und versuche seine Frau zu ignorieren. Dumm! Was weiß die denn schon? Offensichtlich kann sie nicht lesen. Sonst hätte sie meinem Lebenslauf den Studienabschluss an der University of Michigan entnommen. Den ich im Januar kriegen werde. Und die University of Michigan nimmt keine dummen Studenten. Nicht einmal, wenn ihre Väter die Computer-Abteilung an einem College leiten.
    »Diese Rostflecken haben Sie ohne Chemikalien entfernt?«, erkundigt sich Monsieur Henri.
    »Nur mit Sauce tartare. Darin habe ich das Kleid über Nacht eingeweicht.«
    »Hier benutzen wir auch keine Chemikalien«, betont Monsieur Henri voller Stolz. »Deshalb wurden wir von der Association of Bridal Consultants belobigt und zu Certified Wedding-Gown Specialists ernannt.«
    Was soll ich darauf antworten? Keine Ahnung. Ich wusste nicht einmal, dass es Certified Wedding-Gown Specialists gibt. Also sage ich nur: »Fantastisch.«
    Madame stößt ihn mit ihrem Ellbogen an.
    »Erzähl ihr auch das andere«, verlangt sie auf Französisch.
    Monsieur Henri fixiert mich durch seine Brillengläser. »Nun, wir werden auch vom National Bridal Service empfohlen.«
    »Und das ist mehr, als dieses cochon Maurice jemals erreicht hat!«, kreischt Madame Henri.
    Ich finde es etwas übertrieben, den armen Maurice – wer immer er sein mag – ein Schwein zu nennen.
    Insbesondere, weil ich auch vom National Bridal Service noch nie gehört habe.

    Trotzdem beherrsche ich mich und halte ausnahmsweise den Mund. In der Auslage des kleinen Ladens stehen zwei Schaufensterpuppen in Brautkleidern. Wie ein Plakat verrät, wurden sie von Alt auf Neu getrimmt – und sie sehen exquisit aus. Eines der Kleider ist mit zahllosen winzigen Perlen übersät, die wie Regentropfen daran hängen und im Sonnenlicht funkeln. Und das andere besteht hauptsächlich aus Spitzenrüschen. Es juckt mich in den Fingern, danach zu greifen und herauszufinden, wie sie verarbeitet wurden.
    O ja, Mrs. Erickson hat recht – Monsieur Henri versteht was von seinem Handwerk. Von diesem Mann könnte ich sehr viel lernen – nicht nur die höhere Meisterschaft der Nähkunst, sondern auch, wie man ein erfolgreiches Geschäft betreibt. Zu schade, dass Madame Henri so eine...
    »Das ist ein sehr anstrengender Job«, gibt Monsieur Henri zu bedenken. »Für unsere Kundinnen geht es um den wichtigsten Tag ihres Lebens. Also muss ihr Brautkleid perfekt sein – und rechtzeitig geliefert werden.«
    »Nun, ich bin eine absolute Perfektionistin«, versichere ich. »Oft genug bin ich ganze Nächte wach geblieben, um Kleider zu vollenden – selbst wenn es gar nicht nötig gewesen wäre.«
    Anscheinend hört er gar nicht zu. »Und unsere Kundinnen sind sehr anspruchsvoll. Erst wollen sie das und am nächsten Tag schon wieder was anderes...«
    »Oh, ich bin sehr flexibel. Und ich kann gut mit Menschen umgehen. Man könnte sogar sagen, ich bin eine hervorragende Menschenkennerin...« Oh, habe ich das wirklich gesagt? »Aber ich würde einer Kundin niemals erlauben, etwas auszusuchen, das ihr nicht steht.«

    »Das ist ein Familienbetrieb«, verkündet Monsieur Henri abrupt. Wie schrecklich, wie endgültig das klingt. Mit lautem Knall klappt er meine Mappe zu. »Deshalb engagieren wir keine Fremden.«
    »Hören Sie...« Nein, er darf mich nicht abweisen. Ich muss wissen, wie er diese Rüschen hingekriegt hat. »Natürlich gehöre ich nicht zu Ihrer Familie, das weiß ich. Aber ich bin tüchtig. Und was ich nicht kann – ich bin eine gelehrige Schülerin.«
    »Non«, erwidert Monsieur Henri, »es hat keinen Zweck.

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