Nebelfront - Hinterm Deich Krimi
herauszufinden dürfte schwierig sein«, erwiderte Christoph.
»Und nach Hildegard Szymanik oder Dr. Pferdekamp konnten wir gar nicht
fragen.«
»Ich glaube nicht, dass wir Auskünfte erhalten hätten. Für mich war
ihre Vergesslichkeit gespielt. Bei ihrer Vergangenheit fällt ihr es vermutlich
nicht schwer, unangenehme Dinge zu verdrängen. Aber, verdammt noch mal,
irgendwer muss uns doch etwas über das verschwundene Kind erzählen können. Wir
sollten darauf dringen, Holger Kruschnicke zu verhören. Der ist der Einzige,
der uns weiterhelfen kann. Die Absicht des Arztes in allen Ehren, aber der
blockiert unsere ganzen Ermittlungen.«
»Vermutlich hast du recht«, stimmte Christoph zu. »Aber an dem Arzt
führt kein Weg vorbei. Und wahrscheinlich ist Kruschnicke eines der Opfer.«
»Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Opfer zum Täter wird«, wandte
Große Jäger ein. Dann grinste er. »Dafür könnte es sein, dass wir morgen früh
die Einbruchserie aufgeklärt haben. Oder übermorgen.«
»Das musst du mir erklären.«
Der Oberkommissar grinste immer noch und schüttelte den Kopf. »Warte
es ab.«
»So geht das nicht«, sagte Christoph bestimmt.
Jetzt lachte Große Jäger.
»Doch!«
SIEBEN
Der Morgen begann mit einem Paukenschlag. Christoph hatte
das Gebäude kaum betreten, als er von einem Beamten der Schutzpolizei
angesprochen wurde, der ihm im Treppenhaus begegnete.
»Moin, Herr Johannes. Haben Sie schon gehört? Die Serieneinbrecher
sind dingfest gemacht worden.«
»Bitte?«, fragte Christoph ungläubig.
Der uniformierte Beamte zeigte auf die Kellertreppe. »Da unten
sitzen sie. Ein klasse Husarenstück Ihrer Leute. Toll.«
»Ja, ja«, murmelte Christoph irritiert und erinnerte sich an Große
Jägers Ankündigung, dass mit einem Abschluss der Ermittlungen zu rechnen sei.
Er musste sich noch eine halbe Stunde gedulden, bis der
Oberkommissar erschien. Große Jäger sah müde, aber zufrieden aus. Er baute sich
vor Christophs Schreibtisch auf, nachdem er in üblicher Weise auf die
Erwiderung von Christophs »Moin« verzichtet hatte. Es sah aus, als würde er
sich nach einer erfolgreichen Darbietung sein »Leckerli« abholen wollen.
»Die Einbruchserie ist aufgeklärt.« Es klang wie eine Frage, war
aber eine Feststellung.
»Ja!«
»Und du warst daran beteiligt?«
Erneut ertönte ein tiefes »Ja!«.
»Nun berichte einmal im Ganzen.«
Der Oberkommissar ließ sich auf seinem Bürostuhl nieder und drehte
sich zu Christoph um.
»Uns war aufgefallen, dass die Einbrüche stets dort stattfinden, wo
Baugerüste aufgestellt waren, die ein Unternehmen aus Viöl errichtet hat. Das
hat uns auf eine, wie sich jetzt herausstellte, falsche Spur geführt. Die Idee
der Kollegen, dass es sich um den Kroaten Milan Nebojša handeln könnte, der neu
beim Gerüstbauer beschäftigt war und zudem wegen Einbruchdiebstahl vorbestraft
war, ist gut gewesen, hat sich aber als falsch herausgestellt. Also musste es
etwas anderes sein. Erinnerst du dich an Bruno Hinderlich? Das war der pöbelnde
Alte mit dem Hund, dem ich am Stadtweg begegnet war und der sich hier über mich
beschweren wollte. Den habe ich noch zweimal getroffen, als ich Blödmann Gassi
führte. Mein Hund, er ist schließlich ein Polizeihund, konnte den anderen Köter
nicht ausstehen. Die haben sich angekläfft – das hättest du erleben
sollen. Der Typ hat mich auch wiedererkannt, aber nicht geglaubt, dass ich ihm
auf die Schliche gekommen war. Der ist mit seinem Hund in der ganzen Stadt
unterwegs gewesen und hat Ausschau nach Baugerüsten gehalten, über die man bequem
einsteigen konnte. Dass es sich um Gerüste desselben Unternehmens handelte, war
Zufall. Der Alte hat nicht einmal begriffen, dass dieser Zufall uns zunächst
auf eine falsche Spur geführt hat. Das, was er ausgespäht hatte, hat er an zwei
Jugendliche weitergegeben, die in seinem Auftrag die Einbrüche ausgeführt
haben.«
Christoph lobte Große Jäger. Die beiden beteiligten Kollegen würde
er später ansprechen.
»Die drei sitzen jetzt im Keller in den Arrestzellen?«, fragte er.
Große Jäger schüttelte den Kopf. »Bruno Hinderlich muss in
irgendeinem Shantychor den Tenor spielen, so hat der noch in der Nacht
gesungen. Und die beiden Jugendlichen haben auch gestanden. Der eine, Bilgin
Ciftiki, wurde von seinem Vater abgeholt, der sich als eine Art Schnellrichter
erwies und seinen Sohn gleich an Ort und Stelle verprügelte. Der zweite, Kevin
Bussdorf, lebt bei seinem Onkel. Der
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