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Nemti

Nemti

Titel: Nemti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Wloch
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Mit kreisenden Bewegungen massierte er die Schläfen. Es dauerte eine Weile, bis er sich gefangen hatte. Stolz und Erleichterung erfüllten ihn. Er wusste, dass er Habermehl seine Befreiung zu verdanken hatte.
    Ein Räuspern ließ ihn zusammenzucken. Er riss die Augen auf. Weinbrecht und Beyer standen vor ihm.
    »Ich habe es deutlich gesehen. Sie haben gegrinst«, sagte Lukas.
    »Sie hätten die beiden erleben sollen, als die ihre erste Leiche zu Gesicht bekommen haben. Glauben Sie ja nicht, dass es denen besser ergangen ist. Da waren Sie richtig gut.« Habermehl zwinkerte Lukas zu. »Es ist ein Unterschied, ob man einen Toten auf einem Foto sieht oder im Original.«
    Lukas war froh, dass er seine Raumangst nicht erwähnte.
    »Meine Herren, was hat die Befragung der Hausbewohner gebracht?«, sprach Habermehl die Kommissare an und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Wieso sind Sie schon wieder hier?«
    »Wir haben nur wenige Leute angetroffen. Wir werden später noch einmal hingehen. Leider waren die Auskünfte nicht sonderlich ergiebig«, erwiderte Weinbrecht.
    »Dann lassen Sie das Wenige hören.«
    »Eine junge Frau erzählte uns, sie hätte gestern einen dunkelblauen Van gesehen. Der Fahrer hat sich auffällig nach der alten Grube erkundigt.«
    »Was heißt auffällig?«
    »Kann ich nicht sagen, Chef. Die Frau hat es so ausgedrückt. Der Fahrer war wohl an der Grube interessiert, aus welchem Grund auch immer.«
    »Hat sie sich das Kennzeichen gemerkt?«
    »Nein. Sie konnte ja nicht ahnen, dass das einmal wichtig sein würde. Der erste Buchstabe könnte ein D, E oder F gewesen sein. Ein Auto aus Nordrhein-Westfalen behauptet sie.«
    »Wie kommt die denn darauf? Soviel ich weiß, liegt F wie Frankfurt in Hessen«, entgegnete Habermehl säuerlich. »Konnte sie den Mann beschreiben?«
    »Mehr schlecht als recht. Ich habe ihr auch das Phantombild gezeigt, dass uns Kräuter-Jupp geliefert hat. Sie war sich aber nicht sicher. Sollen wir dem nachgehen?«
    »Wie wollen Sie das anfangen? Der Hinweis ist viel zu vage. Außerdem sagt mir meine Erfahrung, dass der Mann nicht unser gesuchter Mörder ist.« Habermehl wandte sich an Lukas. »Eine Idee, womit ich das begründe?«
    Lukas rieb sich das rechte Ohrläppchen. »Mit der Auswahl der Tatorte. Ein auswärtiger Täter würde die Morde begehen und schnell verschwinden, weil er sich in fremder Umgebung unsicher fühlt. Nur ein Einheimischer, der die Gegend kennt, handelt umsichtig und abgeklärt. Der Schlitzer stammt aus der Region.«
    »Ganz meine Meinung. Sonst noch was?«
    Beyer ergriff das Wort. »Ein älterer Herr beschrieb uns ein Auto, das am frühen Nachmittag vor dem Zufahrtsweg geparkt haben soll. Ein Wagen aus dem Kreisgebiet. Allerdings war er sich später dessen nicht mehr so sicher.« Er zog einen Notizblock aus der Innentasche seiner Jacke und las vor.
    Lukas hörte gespannt zu. Die ziemlich genaue Beschreibung des Wagens beschäftigte ihn. Er fühlte sich hin- und hergerissen zwischen seinem ausgeprägten Pflichtgefühl und der Verbundenheit mit einem guten Bekannten. Er war sicher, dass es sich um Günther Magerls Wagen handelte. Die Zigarettenmarke passte auch. Wie sollte er sich verhalten?
     
    Leichenfundort: 7° 17‘ 26,34“ Ost, 50° 26‘ 39,01“ Nord.

Mittwoch, 12. September 2001
     
     
     
    L ukas schaffte es nicht, sich von den bitteren Gedanken zu befreien, zu entspannen und in Ruhe und Frieden zu schlafen. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Günther ein Mörder sein sollte. Doch er durfte sein Wissen nicht für sich behalten. Das war er seiner Geradlinigkeit und vor allem den Opfern schuldig. Würde sich die Verdächtigung allerdings als haltlos und unbegründet erweisen – könnte er ihm dann noch in die Augen schauen? Nein, er durfte keine Rücksicht auf persönliche Gefühle nehmen.
    Wenn er kurzzeitig in einen unruhigen Schlaf fiel, quälten ihn Albträume. Ruhelos wälzte er sich herum und haderte damit, nicht wieder einschlafen zu können. Unangenehme Gedanken und Gefühle, Ausgeburten seiner schlechten Träume, schwebten wie eine undurchdringliche Wolke über ihm. Alle paar Minuten wanderte sein Blick zum Wecker. Jede Stunde, die er wach lag, zermürbte ihn.
    Fünf Uhr. Kräuter-Jupp kam ihm in den Sinn. Er dachte an seine Worte, sich unbedingt den Kometen anzusehen.
    Es machte sowieso keinen Sinn, im Bett liegen zu bleiben. Er zog sich an und ging in den parkähnlichen Garten seines Elternhauses, wo er

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