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Neobooks - Dreck muss weg!

Neobooks - Dreck muss weg!

Titel: Neobooks - Dreck muss weg! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Richter , Alexandra Richter
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damit man im Himmel mit den Engeln anstoßen konnte. Jemand hatte eine Kerze angezündet, in einem roten Glasgefäß. Die Flamme brannte, ohne zu flackern. Plötzlich fühlte Kalle Mitleid für die alte Frau mit den aufgespritzten Lippen. Sein Kind beerdigen zu müssen, hatte niemand verdient, das widersprach dem Naturgesetz. Zuerst mussten die Alten vorm Jüngsten Gericht antanzen und niemals umgekehrt. Die letzten Meter bis zur Wiese legte Kalle im Dauerlauf zurück und bekam mörderische Seitenstiche. Sonnenstrahlen glitzerten im feuchten Grün. Als ihn die Karnickel erblickten, erstarrten sie. Wenigstens die zeigten Respekt. Und stoben davon. Im kahlen Geäst der alten Eichen saßen ein paar zerzauste Krähen und krächzten sich die neuesten Nachrichten zu. Kalle hätte sie gerne gefragt, wo denn die Trauergäste geblieben seien und der Totengräber. Kurz erschien Guntbert Meyer als Gartenzwerg mit Schubkarre vor Kalles innerem Auge. Er sah sich um. Die Luft war rein. Es war noch nicht Viertel nach elf, keine zehn Minuten zu spät, und Lisbeth Hayengas Reste waren bereits unter der Erde. Ein frischer Hügel, Format Maulwurf, war die letzte Spur, die sie hinterlassen hatte. Weit und breit kein Schwein. Und eine Grabplatte, die daran erinnerte, dass die Hayenga über achtzig Jahre auf Erden verbracht hatte, gab es auch nicht. Wenn niemand an einen dachte, dann war das so, als hätte man nie gelebt. Nicht gut fürs Ego. Als Kalle den Friedhof wieder verließ, fiel ihm der Findling aus der Eiszeit auf, der von dunkelgrünen Blättern der Rhododendren umrahmt war.
Was ihr seid, das waren wir, was wir sind, das werdet ihr.
Kalle wurde seltsam feierlich zumute. Irgendwann würde das Leben weitergehen. Ohne ihn. Sich rechtzeitig um einen Grabstein zu kümmern, wäre also gar nicht so doof. Er könnte ihn im Keller zwischenlagern, in Vakuum verpackt. Die Kollegen würden sich noch Generationen später das Maul zerreißen. Bester Laune verließ Kalle den Friedhof. »Bis später, ihr Lieben.«

[home]
    Kapitel 38
    Hamburg-Winterhude, Polizeipräsidium
    G untbert war auf hundertachtzig. Er wetzte auf seinen kurzen, krummen Beinen wie ein Terrier durch das Präsidium und spießte Marga und Jette mit dem nackten Zeigefinger auf. »Sie und Sie, mitkommen!« Zielstrebig steuerte Guntbert den kleinen Besprechungsraum an. »Tür zu!« Die Sohlen seiner Schuhe hinterließen beim Umdrehen dunkle Streifen auf dem Linoleum. Marga sah Jette an, die hob die Schultern.
    »Joris Duncker sitzt mit dicken Eiern in Vernehmungsraum eins. Und jammert was von Polizeigewalt. Kollege Bärwolff glänzt also erst durch Brutalität und dann durch Abwesenheit. Und nutzt seine Dienstzeit zum Regeln privater Angelegenheiten. Mir steht’s bis hier.« Guntbert fuhr sich waagerecht über die Oberkante der Unterlippe. »Wenn die Presse davon Wind bekommt, dann ist der Teufel los.« Das Weiße seiner Augen war blutunterlaufen. Er stand kurz vor einem Kollaps.
    Junge, Junge, hier war was los. Marga hatte Harm noch nie so aufgeplustert gesehen. Und trotzdem hielten sich alle Kollegen peinlich genau an seine Anweisungen.
    »Ich will, dass alle weiteren Vernehmungen in diesem Fall Frauensache sind. Ist das klar?« Guntbert blickte auf Jette.
    »Brutalität? Ich dachte, Kalle hätte sich bei der Festnahme geschnitten.« Jette zog die Brauen zusammen.
    »Dem fehlt nichts. Außer dem nötigen Feingefühl! Kalle Bärwolff hat Sendepause!« Guntberts Finger tanzten im Takt seiner Worte vor Jettes Gesicht. In seinen Mundwinkeln hatten sich aus Speichel schaumige Flechten gebildet. Marga hielt die Luft an, als sie sich lösten und ihr entgegenflogen.
    »Also, worauf warten Sie noch?«
    *
    Joris schob seine Lippe vor wie eine Radladerschaufel und sagte kein Wort.
    »Braucht er keinen Rechtsbeistand?« Marga flüsterte.
    »Wir wollen ja nur mal testen, ob wir einen Draht zu ihm bekommen.« Jette tat harmlos, Marga war das Ganze nicht geheuer.
    »Herr Duncker. Besitz und Handel von Betäubungsmitteln in nicht unerheblichen Mengen …« Jette pfiff durch die Zähne und machte eine Sorgenmiene.
    »Hab ich nichts mit zu tun.«
    »Herr Duncker, und Ihre Wunderbäume? Die alten Damen aus der Seniorenresidenz sind da weitaus gesprächiger als Sie. Sie haben den Frauen scheinbar alles an Heilmittelchen angeboten, um eine schnelle Mark nebenher zu verdienen.«
    »Die alten Omis labern doch alle nur Blech.«
    Jette lehnte sich zurück. »Und Lisbeth Hayenga? Hat die auch nur

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