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Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken

Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken

Titel: Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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durch die Höschen wandern und sang dazu:
    » Hänschen will Buchbinder werden,
    Riecht zu sehr der Kleister «
    »Baba!« unterbrach das kleine Publikum und hielt sich das Näschen zu.
    » Immer wenn er was begonnen,
    Jagt ihn fort der Meister.
    Hänschen ... Hänschen, denk daran,
    Was aus dir noch werden kann. «
    Wieder erklang das Echo:
    » Hänßen ... Hänßen, dent dahan,
    Was aus dir färden tann. «
    »Sseenes Lied!« sagte Hansi und klatschte mit seinen dicken Händchen Beifall. »Lein-Usche Mutti so pieb!«
    Konnte vor soviel Kinderglück schlechte Stimmung anhalten? Plötzlich war alle Niedergedrücktheit vorbei, und Annemarie war wieder heiter und guter Dinge mit ihren Kindern. Mit den Kleinen zu scherzen und zu spielen, das war doch wenigstens etwas, was sie verstand.
    Mittags, als man bei Tisch saß, begann plötzlich Hansi mit vollem Munde zu erzählen: »Muttißen so deweint.«
    Rudolf tat ihr den Gefallen, nicht weiterzuforschen. Wenigstens vorläufig nicht. Aber später, als sie ihm in der Sprechstunde assistiert hatte, zog er sie, als der Patient zur Tür hinaus war, in die Arme: »Was sollte ich wohl ohne meine treue Assistentin anfangen!« »Doch etwas, wozu ich gut bin, außer Kinder zu prügeln und Hosen zu flicken. Leider nur eine unbezahlte Tätigkeit.«
    »Ja, Weible, willst besoldet werden? Schön, es soll mir gar nit darauf ankommen. Also was verlangst für deine heutige Tätigkeit?«
    »Bloß einen lumpigen Kuß.« Annemarie schmiegte sich fester an ihren Mann. »Annemie«, er hob ihr Gesicht zu sich empor, »warum hast du denn heut g'weint, Herzle?«
    »Weil mir der Geduldsfaden mal wieder gerissen war, weil ich nichts kann und nichts verstehe!« sprudelte Annemarie ihr Leid heraus.
    »Du kannst nix ... du verstehst nix? Ja, ist das denn gar nix, wenn eine Frau Mann und Kinder froh und glücklich zu machen versteht?«
    Eine ganze Weile schwieg Annemarie, den Kopf still an die Schulter ihres Mannes gelehnt. Wie wohl sie ihr taten, seine guten Worte.
    Aber für allzulange, ausgedehnte Sentimentalitäten war Annemarie noch immer nicht. Schelmisch hob sie den Blondkopf.
    »Auch wieder eine Tätigkeit, die nichts einbringt«, lachte sie.
    »Herzle, was bist denn du heut arg materiell? Bisher sind wir doch halt immer noch satt geworden, gelt? Und wenn ich meine wissenschaftliche Arbeit erst fertig hab' ... d, Annemie, ich glaub'diesmal kommt sicher was bei 'raus .Wenn auch nit Moneten; aber ich denk' schon, daß ich die Wissenschaft einen wichtigen Schritt weiter damit bringe.«
    Nein, Annemarie wollte nicht mehr kleinmütig sein. Hatte sie nicht einen Lebensgefährten, der trotz mancher finanzieller Sorge nie den Kopf hängen ließ, sondern neben seiner mühseligen, aufopferungsvollen Tätigkeit noch Zeit und Sinn dafür erübrigte, der Wissenschaft zu dienen? Sie wollte seiner wert sein. Die verdorbene Wolle wurde in den Tiefen des Strumpfkorbes, mit all den unnötigen Gedanken, begraben.
    Tagelang wenigstens. Dann waren sie plötzlich wieder da, die quälenden Gedanken, und peinigten die arme Annemarie aufs neue. Es war an dem Morgen, als die Oberhemdenwäsche, die Kragen und Manschetten von der Plätterin geliefert wurden. Allmächtige Schokolade - war das eine Rechnung! Wenn sie das nur wenigstens einbringen könnte. Aber Flora war zu unbegabt, und sie selbst - ja, sollte sie sich wirklich wieder an etwas Neues heranwagen? Einmal hatte sie schon damit Schiffbruch erlitten, früher mal. Aber da hatte sie auch keine Anleitung gehabt. In einem Modeblatt hatte neulich eine Anweisung zum Feinplätten gestanden. Annemarie kramte die betreffende Nummer heraus und studierte sie eifrig. Schien gar nicht so schwer - eigentlich eine höchst einfache Sache. Soviel traute sie sich noch zu. Gleich am nächsten Tage ging Annemarie mit ihrer raschen energischen Art ans Werk. Flochen hatte gerade gewaschen, und anstatt die Oberhemden und Kragen wie sonst zum Plätten fortzugeben, begann Annemarie sie selbst vorschriftsmäßig einzustärken. Die Kinder waren gut versorgt. Annemarie hatte ihnen ein kleines Puppenkrankenhaus eingerichtet. Sämtliche gesunde und kranke Puppen, der beinlose Hampelmann, alle invaliden Soldaten, die altersschwache Miesekatze wie der mit der Hinterpfote streuende Baubau, sie alle hatten dort Aufnahme gefunden. Hansi als Onkel Doktor ging mit unnachahmlicher Wichtigkeit von einem Patienten zum andern. Klein-Ursel war mittels einer weißen Schürze und einer Taschentuchmütze in

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