Nett ist die kleine Schwester von Scheiße
Beispiel benimmt sich immer merkwürdig, und dennoch mögen ihn alle. Wenn man ihm aber erzählt, dass er unheimlich beliebt ist bei den Patienten, ist er selbst erstaunt: ›Ich? Das glaube ich nicht‹, antwortet er dann.«
Patientendialoge mit Thich Bo Hoang,
gesammelt im Mai 2010
Bo: »Sie haben Konflikte, Sie unterdrücken Ihren Ärger, und das erzeugt innere Spannungen, die dann in Ihren Rücken gehen.«
Patientin: »Und was soll ich tun?«
Bo: »Schreien Sie die Leute an, lassen Sie alles raus, sagen Sie etwas Hartes und Gemeines!«
Patientin: »Aber wenn ich das mache, sind die Leute sauer, und das erzeugt doch neue Spannungen.«
Bo: »Dann suchen Sie nach einem geeigneten Opfer. Irgendwann finden Sie den Richtigen, der sich das gefallen lässt. Ich finde zumindest immer einen.«
Bo: »Wie geht es Ihnen?«
Patient: »Besser als letzte Woche.«
Bo: »Und Ihrer Frau?«
Patient: »Na ja, wie soll es einer Demenzkranken schon gehen?«
Bo: »Wie lange sind Sie eigentlich schon mit Ihrer Frau verheiratet?«
Patient: »52 Jahre.«
Bo: »52 Jahre? Was für eine Leistung!« Zu mir gewandt: »Stell dir vor, du müsstest es mit einem Menschen so lange aushalten, das ist ja die reine Hölle.«
Bo: »Treiben Sie eigentlich Sport?«
Patientin: »Ja, ich fahre Rad.«
Bo zeigt auf den Bauch seiner Assistentin und sagt zu ihr: »Das wäre auch mal gut für dich. Obwohl – da musst du schon weit fahren.«
Bo behandelt eine hochschwangere Patientin. Dann wendet er sich an seine Assistentin: »Du könntest auch mal wieder mit deinem Mann schlafen.«
Bo behandelt eine Frau mit starken Nackenschmerzen, sie erzählt, dass sie sich von ihrem Mann getrennt hatte, nun aber beschlossen hat, es doch wieder mit ihm zu versuchen.
Bo: »Weswegen wollten Sie sich denn trennen?«
Patientin: »Mein Mann war so langweilig.«
Bo: »Und nun ist er nicht mehr langweilig?«
Patientin: »Doch. Aber ich habe festgestellt, dass ich ohne ihn Existenzängste habe, mein Mann hat ja bis jetzt für mich gesorgt.«
Bo: »Sie nützen aber den Mann nicht aus, oder?«
Patientin: »Niemals würde ich das tun. Ich hatte ihm schon gesagt, dass ich bei einer Scheidung nur 100 000 Euro von ihm fordern würde, obwohl ich Anrecht auf eine Million hätte. Er weiß also, dass ich nicht geldgierig bin.«
Bo nickt und setzt die Akupunkturnadeln. Als er damit fertig ist, deckt er die Frau mit einer Decke zu und geht zur Tür. Dann dreht er sich noch einmal um und meint: »Sie sind dumm. Ich hätte die Million genommen.«
Bo wird zu einer krebskranken Frau gerufen, die sich bei ihm über ihren Sohn beschwert, der sich ihrer Meinung nach nicht genug um sie kümmert.
Bo: »Lassen Sie Ihren Sohn in Ruhe, es gibt doch Essen auf Rädern.«
ZEN ODER WIE MAN UNABHÄNGIGER, INTERESSANTER UND ANZIEHENDER WIRD
Die Vier Edlen Wahrheiten des Buddhismus sind:
1. Das Leben im Daseinskreislauf ist letztlich leidvoll.
2. Ursachen des Leidens sind Gier, Hass und Verblendung.
3. Erlöschen die Ursachen, erlischt das Leiden.
4. Zum Erlöschen des Leidens führt der Edle Achtfache Pfad.
Der Edle Achtfache Pfad stellt also den praktischen Weg zur Aufhebung des Leidens dar. Ich habe nach meinem einwöchigen Aufenthalt im Kloster von Thich Bo Hoang folgende Alternative erstellt:
Erster Pfad
Tun Sie jeden Tag irgendetwas Falsches –
das macht unabhängig
Der Büroleiter Jean-Pierre fragt beim gemeinsamen Mittagessen die Projektleiterin Nadine: »Weißt du, was ich an dir mag?« Sie antwortet erwartungsvoll: »Nein.« Wir anderen sind ebenfalls gespannt, denn wir fragen uns alle, was man denn an Nadine mögen könnte. Jean-Pierre sagt: »Nichts.«
Sich nicht um die Ablehnung der anderen zu kümmern, verschafft Freiheit. Das Interessante am schlechten Benehmen ist, dass es in der eigenen Umgebung Veränderungen bewirkt, weil es unmittelbare Reaktionen hervorruft. Doch vor diesen Reaktionen haben viele Menschen Angst und wollen sie um jeden Preis vermeiden. Da sich zwischen den Menschen aber ständig nicht zu überbrückende Interessenskonflikte auftun und Spannungen aufbauen, kommt eigentlich niemand dauerhaft um schlechtes Benehmen herum.
Mit der Abneigung anderer fertig zu werden, kann man üben. Es ist ganz einfach: Tun Sie jeden Tag bewusst etwas Falsches:
Erzählen Sie beim Mittagessen mit Kollegen etwas Unanständiges oder Ekliges, beschreiben Sie zum Beispiel in allen Einzelheiten
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