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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Disziplin seiner Leutnants, die seinen Befehl befolgt hatten, das Leben seiner Männer nicht mit einem Rettungsversuch aufs Spiel zu setzen, ganz gleich, was auch geschah, wird oft zitiert als Musterbeispiel für eine exakt funktionierende Befehlskette und die Notwendigkeit, auch in scheinbar aussichtsloser Lage kühlen Kopf zu bewahren – Eige n schaften, die einen guten Offizier auszeichnen. Die Schilderung jenes Feldzuges nimmt einen bedeutenden Teil des vierten Kapitels des Lehrbuches Die Kunst des Befehlens von General Tersy Harwood ein.
    Damals wusste ich jedoch davon noch nichts. Ich wusste nur, dass mein Vater meine drei Stubenkamer a den allesamt als wackere Burschen und würdige Gesel l schaft gelobt hatte. Er hieß mich, ihn zur Kutsche zu b e gleiten, damit wir voneinander Abschied nehmen kon n ten. Wir standen eine Weile neben der Kutsche und red e ten miteinander. Ich war hin und her gerissen: Einerseits wollte ich nicht, dass er ging, andererseits brannte ich darauf, mein neues Leben zu beginnen und zu meinen Freunden zurückzukehren. Mein Vater ermahnte mich, wie es wohl jeder Vater tun würde, der seinem Sohn L e bewohl sagt, alles zu beherzigen, was man mir beig e bracht hatte, und mich an die Regeln meiner Kindheit zu halten. Zum Schluss fügte er noch eine weitere Warnung hinzu.
    »Betrage dich so, dass du über jeden Tadel erhaben bist, mein Sohn, besonders in den ersten Monaten deiner Ausbildung. Es gibt einen guten Grund, warum ich Oberst Stiets Namen nicht kannte: Er stammt, anders als seine Frau, nicht aus einer Kavallafamilie. Aus Gründen, die ich nicht i nfrage stellen möchte, hat unser guter K ö nig es für richtig befunden, einen Heeresoffizier an die Spitze unserer Kavallaakademie zu stellen. Darüber hi n aus hat er auch in seiner Eigenschaft als Heeresoffizier nie an der Front gedient, sondern hier zu Hause, wo seine Aufgabe hauptsächlich darin bestand, Zahlenkolonnen zu wälzen und die Durchsetzung kleinlicher Bestimmungen und Vorschriften bezüglich des Uniform- und des Fel d zeugwesens zu überwachen. Zuletzt war er für die Org a nisation von Paraden bei Staatsanlässen zuständig. Und er stellt das auch noch als große Leistung hin! Ich will erst gar keine Spekulationen darüber anstellen, ob nicht wohl eher die Beziehungen seiner Frau als seine eigenen Verdienste zu seiner Berufung auf diesen Posten geführt haben.« Mein Vater schüttelte den Kopf. Mit gesenkter Stimme fügte er hinzu: »Ich fürchte, ihm wird mehr da r an gelegen sein, dass seine Truppen eine gute Figur auf dem Exerzierplatz machen, als dass sie in der Lage sind, von einem galoppierenden Pferd aus zu schießen oder in heiklen Situationen kühlen Kopf zu bewahren.
    Nun, du siehst schockiert aus, und dazu hast du auch allen Grund, wenn du mich so von einem Offizierskoll e gen reden hörst. Aber so beurteile ich ihn nun einmal, und obwohl ich zum gütigen Gott bete, ich möge mich getäuscht haben, fürchte ich, dass ich mich nicht g e täuscht habe. Ich habe die Pferde gesehen, die er für se i ne Kadetten gekauft hat. Hübsche kleine Dinger, alle von der gleichen Größe und Farbe, die bei einer Parade zwe i felsohne eine gute Figur machen, aber auf einem langen Tagesritt einen Mann zu Tode durchrütteln und nicht zwei Tage ohne Wasser überstehen würden.« Mein Vater hielt jäh inne und atmete tief durch. Ich weiß nicht, was er sonst noch hatte sagen wollen, aber was immer es war, er schien es sich anders überlegt zu haben.
    »Ich glaube, dein Onkel hatte Recht, als er sagte, Oberst Stiet habe wenig übrig für die Söhne der neuen Edlen. Ich frage mich, ob er überhaupt etwas für die K a valla übrig hat. Wir sind teuer, wenn das Einzige, worauf man achtet, das Geld ist, das es kostet, uns mit guten Pferden und gutem Material auszurüsten, und nicht die Zahl derer mit in die Rechnung einbezieht, die ihr Leben verlören, wenn wir es nicht täten. Er begreift nicht, we l che Stellung wir innerhalb des Militärs einnehmen; ich glaube, er hält uns für ein Schaustück, für Folklore, ein Spektakel, und so wird er seine Karriere darauf aufbauen, dass er dieses Bild von uns pflegt und fördert.« Wieder holte er tief Luft, und dann sagte er das, von dem i ch glaube, dass er es vorher schon hatte sagen wollen. »Denk stets daran, er ist dein Vorgesetzter. Respektiere und befolge seine Befehle. Tu die Dinge so, wie er es wünscht, auch wenn du glaubst, einen besseren Weg zu kennen. Vielleicht gerade wenn du

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