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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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bislang gelegen hatte. Auf ihre stumme Art hatte sie ihn besser kennengelernt als irgend jemand zuvor. Vielleicht lag es daran, daß es keine Worte gab, die ihnen im Wege sta n den. Er wußte genau, daß es ihr egal war, daß er dem Ritte r stand angehörte. Und er wußte auch, daß sie niemals einen G e danken an seine Herkunft aus einem Bauerndorf verschwend e te. Für sie war unwichtig, daß er als Unfreier geboren worden war. Sie wollte nur ihn, Golo.
    Mechthild streifte die Weste über ihren Kopf und zog den Saum der Tunika aus ihrer Hose. Manche hatten darüber g e spottet, daß sie wie Belliesa eine Hose trug, obwohl sie eine Frau war. Einige der Stallburschen hatten sich dafür eine blut i ge Nase geholt. Wenn sie wütend wurde, war das Mädchen wie eine Wildkatze. Dann fürchtete sie nichts und niemanden. Nicht einmal einen Kerl, der zwei Köpfe größer war und do p pelt so schwer wie sie. Ihre Wut verhalf ihr trotzdem zum Sieg.
    Sie nahm Golos Hand und legte sie auf ihre linke Brust. Sie war klein und fest. Die Brust eines Mädchens. »Fühlst du? Mein Herz sagt immer nur deinen Namen. Go – lo, Go – lo, Go – lo … «
    »Ich … « Glühende Schauer überliefen den Ritter. Alles um ihn herum schien plötzlich wirklicher zu sein, so, als habe sich i n nerhalb eines Atemzuges die ganze Welt verändert. Wie Do n nern klang der Regen, der auf das Dach der Scheune prasselte, und wie die Stimmen fremder Götter das Schnauben der Pferde in den Ställen unter ihnen. Der Duft des Heus schien ihn zu durchdringen. Ein Prickeln lief von seinen Fingerspitzen den ganzen Arm hinauf, als er fühlte, wie sich die Brustwarze des Mädchen erhob. Er keuchte leise. Dann versuchte er sanft, die Hand zurückzuziehen.
    »Warum?« Mechthild ließ ihn los. »Wegen der Männer des Ebers, die mich … « Ihr stiegen Tränen in die Augen.
    »Nein! Nein, es ist … « Golo wußte nicht, wie er seine Gefühle in Worte fassen sollte. Natürlich begehrte er sie. Und doch … Sie war noch ein Mädchen. Neuer Haß auf den Eber und seine Räuber flammte in ihm auf für das, was sie Mechthild angetan hatten.
    Das Mädchen hatte sich auf die Seite gedreht. Golo konnte h ö ren, wie sie leise weinte. Er hätte sich am liebsten geohrfeigt. Warum hatte er sie so verletzen müssen? Es hätte sicher auch einen anderen Weg gegeben. Sie so zu sehen … Er streckte eine Hand nach ihrer Schulter aus, wollte sie sanft zu sich herübe r ziehen und in den Arm nehmen, um sie zu trösten.
    Mit einem Ruck riß sie sich los. Hilflos blickte der junge Ritter zur niedrigen Decke des Heubodens. Seine Glieder schienen ihm schwer wie Stein. Er wollte fortlaufen, doch konnte er Mechthild auch nicht alleine lassen. Er wollte ihr helfen, sie trösten, doch wußte er nicht, wie. Was hatte er falsch gemacht?

    Schwaych war nur ein winziger Marktflecken am nördlichen Moselufer. Nahe dem Dorf gab es eine Furt durch den Fluß. Das war der Grund, warum am Ende der schlammigen Straße, die an den niedrigen Gehöften vorbeiführte, ein steinerner Wehrturm stand. Schwarz und drohend hob er sich gegen den dunklen Nachthimmel ab. Von Spitzeln wußte Volker, daß hier zehn Frankenkrieger postiert waren. Der Spielmann blickte die Reiterkolonne entlang, die hinter ihm zum Stillstand geko m men war. Sie waren mehr als dreimal so viele wie die Franken. Zwölf Ritter und zwanzig Waffenknechte. Alle waren wie Str a ßenräuber oder Waldläufer gekleidet. Sie trugen schmuddelige Lederwämse und abgewetzte Wollhosen, löchrige Stiefel und mit Flicken besetzte Umhänge. Doch ihre Waffen waren neu, und unter den Kleidern der Ritter verbargen sich Kettenhe m den. Alles Metall war blank und gut gepflegt. Aus fast zwe i hundert Männern hatte sich Volker die Besten aussuchen kö n nen. Natürlich ritt keiner der berühmten Ritter Burgunds an seiner Seite. Doch das lag nicht daran, daß sie dem Spielmann nicht mit Begeisterung auf diesen Feldzug gefolgt wären. H a gen hatte befürchtet, daß man einen der Recken wiedererke n nen würde und sich daraus der Anlaß zu einem regelrechten Krieg zwischen Burgund und dem Frankenreich ergeben moc h te. Solange Volker allein war, konnte man jederzeit behaupten, er habe aus eigenem Antrieb einen Aufstand angezettelt. Der Spielmann wußte, daß Gunther nichts unternehmen würde, um ihn zu retten, falls er in Gefangenschaft geriet. Im Gegenteil, der König würde leugnen, je etwas davon gewußt zu haben, was Volker in den Bergen tat. Und doch war

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