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Nicholas Dane (German Edition)

Nicholas Dane (German Edition)

Titel: Nicholas Dane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melvin Burgess
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er gesagt hatte. Er wollte ja auch nicht, dass irgendjemand seine Mutter kritisierte – wieso sollte das bei Davey anders sein? Aber der zuckte bloß die Achseln.
    »Nö«, sagte er. »Dann wärn wir ja alle im Heim gelandet. Aber diesmal war’s nur ich.«
    Nick war erschüttert. Noch so ein Unglück! Doch zumindest gab es ihm das Gefühl, dass er nicht allein war.
    »Wie lange bist du schon im Heim?«
    »Monate. Die schieben mich von eim Heim ins nächste. Kannste ma sehn, mit Davey O’Brian wer’n die einfach nich fertig!« Davey grinste und tippte mit dem Daumen auf seine Brust. »Weil, ich hau nämlich immer ab, verstehste?«
    »Nach Hause«, sagte Nick.
    »Klar, nach Hause. Meine Brüder und Schwestern verstecken mich in ihrm Zimmer, und dann hab ich noch ’n Kumpel, bei dem kann ich unterkomm’, wenn ich ’n paar Jobs für ihn mach.« Davey zwinkerte und grinste. Irgendwas hatte er immer am Laufen.
    »Und wieso bist du jetzt wieder hier?«, fragte Nick.
    »Immer dasselbe«, sagte Davey und machte ein finsteres Gesicht. »Wenn mein Dad rauskriegt, dass ich wieder da bin, verpfeift der mich sofort an die Bullen! Mein eigener Vater!« Er blickte Nick mit großen Augen an, als könnte er sein Unglück selbst nicht fassen. »Dabei sagt er doch immer, wir O’Brians müssen zusammenhalten. Klar, wir O’Brians, alle, bloß ich nich.« Davey sah so trübsinnig aus, dass Nick ihm ins Gesicht lachte und Davey zum Grinsen brachte. »Der is echt ’n Arschloch«, sagte Davey milde.
    »Willste von hier auch abhauen?«, fragte Nick.
    »Logo. Aber hier is echt der Horror. Hier kommste nich so schnell weg.«
    »Wieso?«
    »Die ham doch ihre Aufpasser, nich? Und Zäune. Das hier is ’n Scheißgefängnis.«
    Das stimmte. Da Nick ohnehin nicht wusste, wohin er sollte, hatte er noch nicht weiter über eine Flucht nachgedacht, aber den Zaun ringsum hatte er schon bemerkt. Er war über zwei Meter fünfzig hoch und oben nach innen abgeknickt. Rübergekommen wäre man schon, aber die Aufsichtsschüler waren überall. Sie ließen keinen Jungen aus den Augen, der sich außerhalb eines Hauses aufhielt, ob er nun beim Sport oder auf dem Weg zum Schulgebäude oder zurück war. Am Tag wurde der Zaun bewacht, in der Nacht waren die Jungen eingeschlossen. In Meadow Hill wurde niemand allein gelassen.
    »Und die Erzieher hier sind die übelsten Arschlöcher, wo’s gibt«, fügte Davey hinzu.
    »Was ist mit Creal?«, fragte Nick. »Der ist doch okay, oder?«
    »Creal? Der sorgt dafür, dass de hier bleiben musst. Der brauch doch seine kleinen Puppenjungs. Creal ist ein Arschloch. Sind alles Arschlöcher.«
    Nick lachte. Typisch Davey. Jeder, der ein Amt hatte, war ein Arschloch. Egal ob Bulle, Sozialarbeiter, Bürgermeister, Premierminister oder der Pfarrer von nebenan. Die waren auf der falschen Seite – Arschlöcher von Hause aus.
    »Zu mir war Creal nett«, sagte Nick.
    »Ach ja?«, sagte Davey. Er blickte Nick an und zog die Schultern hoch. »Dein Bier. Paar Extras, nich? Denk dran, auch wenn er Schlips und Anzug trägt, ’n Bulle isser trotzdem. Und du weißt doch …«
    Nick wusste es – der O’Brian-Spruch. Sie sagten ihn beide gemeinsam.
    »Alle Bullen sind Arsch-löcher!«
    Die beiden Jungen lachten und die anderen um sie herum ließen sich anstecken und lachten ebenfalls. Nick war glücklich. Sein Kumpel Davey – und Davey kannte alle. Jetzt konnte es doch eigentlich nur besser werden, oder?
    Er hatte Recht – es wurde besser. Die erste Woche war die Hölle gewesen, aber jetzt gehörte Nick zu einer kleinen Clique. Zum ersten Mal seit Ewigkeiten hatte er Glück, und es ging gleich so weiter: Davey kam auch zu Toms und sogar in den denselben Schlafraum wie Nick.
    Dass Nick einen neuen Freund hatte, bedeutete nun aber nicht, dass er den alten Freund im Stich ließ. Davey wollte von Oliver erst überhaupt nichts wissen, lenkte aber dann ein, weil Nick nicht mit sich reden ließ. Oliver war für Davey einfach nur ein Musterknabe, der immer Extrawürste und Vergünstigungen bekam. Vor allem Mr Creal schien ihn besonders zu mögen – Olivers Name stand fast immer auf der Besucherliste und er wurde häufig vom Unterricht oder vom Sport oder von anderen Verpflichtungen befreit.
    Davey jammerte Nick die Ohren voll und piesackte Oliver damit, dass er doch bloß Mr Creals kleine Schwuchtel sei wie alle anderen auch, aber Nick ließ ihm keine Wahl.
    »Für dich würde ich genau dasselbe tun«, sagte Nick, und beide

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