Nicholas Flamel Bd. 5 Der schwarze Hexenmeister
Hakenhand, als sie den Balkon betraten, der um den Dachgarten herumführte.
Bastets Krallen bohrten sich in die glatte Wand des Vimanas und hinterließen tiefe Spuren in dem praktisch unzerstörbaren Keramikmaterial. »Es wäre eine Schande für deinen Vater. Ich bin froh, dass er nicht erleben muss, wie sein Sohn mit dieser Kreatur spricht.« Sie schüttelte den großen Kopf. »Ich habe mitgeholfen, diese Insel vom Meeresboden zu lösen und zu heben. Zusammen mit deinem Vater habe ich Danu Talis jahrtausendelang regiert. Ich werde nicht zulassen, dass die Stadt wegen der Dummheit deines Bruders zerstört wird.« Speichelfäden tropften von Bastets Fängen. »Vom heutigen Tag an ist Aten nicht mehr mein Sohn.« Sie drehte den gewaltigen Katzenkopf und blickte in Anubis’ schwarze Augen. »Hol Danu Talis zurück. Ich werde dich unterstützen, wenn du Anspruch auf den Thron erhebst. Ich rede mit Isis und Osiris. Sie mögen deinen Bruder nicht. Auch sie werden sich auf deine Seite stellen.«
Anubis knurrte. »Sie sind nie am Hof. Wer weiß schon, wem gegenüber sich meine Tante und mein Onkel zur Loyalität verpflichtet fühlen?«
»An der Loyalität von Isis und Osiris hat es nie Zweifel gegeben. Im Gegensatz zu deinem Bruder wussten sie immer, dass sie ihrer Familie und dieser Insel gegenüber eine Verpflichtung haben«, fauchte Bastet. »Jeder für sich ist schon stark und gemeinsam verfügen sie über ganz außergewöhnliche Kräfte. Ich habe einige der neuen Schattenreiche gesehen, mit deren Bau sie begonnen haben. Eine wahre Pracht! Und obwohl deine Tante und dein Onkel in meinem Alter sind – Isis ist sogar ein wenig älter –, haben sie das Glück, dass der Wandel bei ihnen noch nicht eingesetzt hat. Er sieht gut aus und sie ist immer noch eine Schönheit.« Es gelang Bastet nicht, die Bitterkeit aus ihrer Stimme herauszuhalten.
»Wenn Isis und Osiris mich unterstützen, wird der Rest der Älteren und Großen Älteren sich ihnen anschließen«, überlegte Anubis laut. »Aber warum sollten die beiden meinen Anspruch auf den Thron befürworten?«
»Sie haben selbst keine eigenen Kinder. Nach Aten bist du ihr ältester Neffe. Und es hat ihnen nie genügt, nur einen Kontinent in einem Reich zu regieren. Schon vor Jahrtausenden haben sie verkündet, dass sie eines Tages über eine Myriade von Welten herrschen würden, und wenn sie diese Welten selbst erschaffen müssten.« Bastet zeigte nach unten. »Nimm Marethyu gefangen. Du hast es schon einmal getan und kannst es wieder tun. Um auch deinen Bruder festzunehmen, musst du schnell handeln, aber die Anpu hören nur auf dich. Dann schickst du ein paar Anpu nach Murias und lässt Abraham und alle, die auf seiner Seite stehen, festnehmen.«
»Und was mache ich dann, Mutter?«
Bastet blinzelte überrascht. Sie wandte das Gesicht nach Norden, wo sich das Vulkangefängnis Huracan über der Insel erhob. »Ganz klar: Du musst sie alle – Aten, Marethyu, Abraham und die ausländischen Gefangenen – ins Feuer des Vulkans werfen.«
Anubis nickte. »Und wann soll ich das tun?«
Wieder zeigte Bastet nach unten. Aten hatte Marethyus Hand ergriffen, um irgendeine Abmachung zu besiegeln, die sie gerade getroffen hatten. »Jetzt wäre eine gute Zeit.« Ihre Krallen schlossen sich um die zu Pfoten verformten Hände ihres Sohnes und drückten so fest zu, dass Blut floss. »Bring sie um, Anubis. Bring sie alle um. Dann gehört Danu Talis dir.«
»Und dir, Mutter«, flüsterte Anubis und versuchte, ihr seine zerkratzten Hände zu entziehen.
»Und mir«, bestätigte sie. »Wir werden bis in alle Ewigkeit darüber herrschen.«
KAPITEL DREIUNDDREISSIG
A n der Kreuzung Broadway und Scott Street blieb Mars Ultor stehen. Er war völlig außer Atem und musste sich an eine Hauswand lehnen. Von dort blickte er zurück über den Broadway. Er hatte nicht bedacht, dass es ständig nur bergauf ging. Seine Beine, die er lange nicht mehr bewegt hatte, schmerzten von oben bis unten und seine Muskeln waren völlig verkrampft. Als Zephaniah ihn aus seinem beinernen Gefängnis tief unter den Straßen von Paris befreit hatte, waren Jahrhunderte von verkrusteter und ausgehärteter Aura zu seinen Füßen zu Staub zerfallen. Er hatte damit einen Gutteil seiner Körpermasse verloren und war jetzt etliche Zentimeter kleiner. Voller Entsetzen hatte er festgestellt, dass sein einst muskulöser Körper weich und wabbelig geworden war. Besonders seine Beine waren so schwach, dass er das Gefühl
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