Nicht schon wieder Liebe
während sie ihre Nichte sanft hin und her wiegte und ihr übers Haar strich. »Nicht weinen. Wir werden das Problem schon irgendwie lösen. Auf die eine oder andere Art werden wir alles wieder in Ordnung bringen.«
Nur wie sie das machen sollten, das wusste sie beim besten Willen nicht.
Mit Coops Konzentration war es aus und vorbei, und so gab er schließlich den Versuch zu schreiben auf, klappte seinen Laptop zu und räumte ihn weg. Er konnte noch immer nicht fassen, wie nahe er an diesem Nachmittag daran gewesen war, sich zu verplappern und alles zu verraten.
Er kippte seinen Holzstuhl nach hinten, sodass er nur noch auf zwei Beinen stand, und starrte gedankenverloren an die Decke seines Zimmers. Mann, was hatte Veronica bloß an sich, das ihn so unvorsichtig machte? Früher war er stets die Vorsicht in Person gewesen, doch seit er Veronica begegnet war, hatte er in einer Tour Mist gebaut. Als ihm vorhin in der Küche durch den Kopf gegangen war, dass Eddie es vielleicht nicht schätzen würde, wenn er Lizzy die derberen Tatsachen des Lebens offenbarte hatte er nicht lange überlegt, sondern wäre um ein Haar damit herausgeplatzt.
Coop murmelte einen Fluch. Genau das war natürlich sein Problem - er hatte nicht nachgedacht. Er fühlte sich bei Ronnie wohl, und das war nicht gut. Nicht, wenn es bedeutete, dass er unbedacht daherredete und alle möglichen Dinge ausposaunte, statt sich: seine Worte vorher gründlich zurechtzulegen. Er musste endlich damit aufhören, alle Kopfarbeit seinem Schwanz zu überlassen, und wieder anfangen, sich wie der ausgebildete Profi zu benehmen, der er früher einmal gewesen war.
Die Tür am Fuß der Dachbodentreppe flog plötzlich auf, und auf den Holzstufen waren leise Schritte zu hören. Augenblicklich in Alarmbereitschaft, sah Coop sich reflexartig nach einem Gegenstand um, den er als Waffe benutzen konnte, während er lautlos seinen Stuhl wieder auf alle vier Beine zurückstellte und aufsprang. Einen Augenblick später erkannte er Ronnies schwarzes Haar, als ihr Kopf über der Balustrade auftauchte. Wider alle Vernunft und ungeachtet all dessen, was er sich gerade eben noch gesagt hatte, gab er seine Wachsamkeit sofort wieder auf und entspannte sich, froh darüber, sie zu sehen.
Veronica hingegen sah alles andere als entspannt aus, als sie die oberste Treppenstufe erreichte. »Ich habe ein großes Problem«, erklärte sie.
Coop ging zu ihr und führte sie zu dem Stuhl, von dem er gerade aufgestanden war. »Setz dich«, sagte er einladend und drückte auf ihre Schultern, bis sie auf den Sitz niedersank. Dann ging er um den kleinen Tisch herum, der ihm zugleich als Schreibtisch diente, zog einen, zweiten Stuhl heraus und drehte ihn herum. Dann hockte er sich rittlings auf den Stuhl, verschränkte die Arme auf der Lehne und stützte sein Kinn darauf. »Erzähl Papa alles darüber.«
»Tja, weißt du, genau das scheint mein Problem zu sein«, erwiderte sie mit finsterer Miene. »Meine Rolle als Ersatzmütter. Wenn wir in der Schule wären und dies hier eine Klassenarbeit über Kindererziehung wären, würde ich eine dicke, fette Fünf minus kriegen.« Sie berichtete ihm von ihrem Gespräch mit Lizzy, dann, sprang sie auf, um nervös in Coops kleinem, engem Dachzimmer hin und her zu wandern. Er drehte seinen Stuhl herum und beobachtete, wie sich die Farbe ihrer Wangen ständig veränderte während sie vom Tisch zum Bett marschierte, vom Bett zum obersten Treppenabsatz und dann wieder zurück.
»Ich dachte, ich würde langsam anfangen, die Dinge in den Griff zu bekommen.« Sie lachte schrill. »Was für ein Witz - ich habe ja nicht mal erkannt aus welcher Richtung das Problem kam! Aber was soll ich ihr denn sagen?«, fuhr sie hitzig fort »Dass ihr Vater, der wegen des Mordes an ihrer Mutter gesucht wird, tatsächlich kommen wird, um sie zu holen? Dass er ein kluger Mann ist also mach dir nur keine Sorgen, Schätzchen, denn er wird uns in meinem Haus in Seattle schon finden?« Sie fuhr sich aufgebracht mit allen zehn Fingern durch das Haar. »Ich kann ihr doch unmöglich sagen, dass eher die Hölle zufrieren wird, als dass ich ihm erlaube, sie mitzunehmen.«
Entrüstung stellvertretend für seinen Bruder veranlasste Coop, sich aus seiner lässig-trägen Haltung aufzurichten, doch er zwang sich, in einem ruhigen, sachlichen Ton zu antworten. »Du glaubst, er würde ihr etwas antun?«
»Nicht körperlich, das nicht. Eddie war ein ausgezeichneter Vater, und er liebt Lizzy
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