Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nichts für Anfänger - Roman

Nichts für Anfänger - Roman

Titel: Nichts für Anfänger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Maher
Vom Netzwerk:
zerhacken würden, würde es dir in den Ohren klingeln: firty-free, firty-free, firty free!
    Wie schon gesagt, sind Saidhbh und ich ziemlich still ge worden, als wir an der Euston Station ankommen. Auch sie hat gemerkt, dass es zwar großartig wird, wenn wir zurück in Dublin sind und sie mit mir Schluss macht, nichtsdestotrotz steht dem noch eine Kleinigkeit im Weg, nämlich der bösartige, gotteslästerliche Babymord in London. Natürlich spricht niemand von uns das Thema an. Wir sitzen einfach still nebeneinander und sehen raus auf die riesigen grauen Asphaltfetzen und Graffitis, die am Fenster vorbeiziehen, bis wir auf Gleis acht zum Stehen kommen.
    Fiona holt uns direkt in der Wartehalle ab, aber sie muss mir zuwinken, aus der Nähe und direkt vor meinem Gesicht, damit ich sie erkenne. Sie ist total englisch geworden und hat ihre Haare an den Seiten ratzekurz wie ein Junge geschnitten und obendrauf strubbelig, und sie trägt eine megaweite Hose, die an den Knöcheln enger wird, und ein orangenes Miami-Vice -Jackett mit riesigen Schulterpolstern. Sie sieht mich an und Saidhbh an und sagt, wir würden ja ein schönes Bild abgeben, wie zwei Neuzugänge beim Pennerteff, und sagt uns, wir sollen uns beeilen, weil Deano in zweiter Reihe geparkt hat.
    Deano ist jetzt offiziell Fionas Freund. Als ich ihn sehe, wie er an einer Croissantbude vorbei neben dem Peugeot auf und ab läuft, ist der Schock so groß, dass ich fast über meinen Koffer stolpere. Er ist geschätzte hundert Jahre alt. Fiona weiß das auch, und ich glaube, dass sie deshalb im Bahnhof patzig zu mir war. Sie weiß, dass ich sagen werde: Was zur Hölle will der alte Opa von meiner Schwester?!!! Und dann heißt er auch noch Deano! Und er arbeitet für Tante Grace! Er bietet mir und Saidhbh an, unsere Koffer hinten im Peu geot zu verstauen, und ich sage ihm, er soll sich nicht die Mühe machen, aber in meinem Kopf stelle ich mir vor, wie ihm bei dieser Anstrengung der Rücken explodiert wie bei diesem Comicroboter in dem Gesundheitsaufklärungsspot im Fernsehen, der dir erklärt, wie man schwere Sachen hochhebt, weil man sich sonst ver-letzen kann, ver-letzen kann, ver-letzen kann, ver-letzen kann.
    Er trägt auch so eine weite Hose wie Fiona, aber seine ist ein bisschen schmuddelig. Und er trägt ein weißes Hemd ohne Kragen und eine schwarze Weste. Oben auf dem Kopf hat er eine Glatze, aber er hat sich ein ganzes Büschel weiße Haare von über den Ohren nach hinten zu einem Pferdeschwanz geschabt. Und sein Gesicht ist ganz schrumpelig, als hätte man ihn für ein fünfhundertjähriges Space-Schläfchen zusammengeknüllt und er hätte sich dann gerade erst letzte Woche wieder auseinandergefaltet.
    Allerdings hat er ein Dauerlächeln im Gesicht und umarmt mich, als er mich sieht, und wirft dann einen Blick auf mich und Saidhbh zusammen und lächelt freundlich und nennt uns arme Kinder aus der Heimat. Später erzählt mir Fiona, dass Tante Grace nur Iren einstellt, weil die spitzenmäßige Arbeiter sind und man nach Feierabend richtig Spaß mit ihnen haben kann, und außerdem bekommst du nicht jedes Mal Drohanrufe von denen, wenn irgendwo eine Bombe hochgeht, und die werfen dir auch keine gammeligen Eier oder Scheiße gegens Schaufenster von deiner Firma oder halten dich auf der Straße an und sagen dir, dass du dich zurück nach Paddyland verpissen sollst, du irisches Stück Nuttenscheiße.
    Das Haus von Tante Grace in Queen’s Park ist viel kleiner, als ich es mir vorgestellt habe, und es liegt auch nicht wirklich im Park von der Queen. Wie sich herausstellt, haben wir sie jahrelang missverstanden, und das Haus steht in einem Teil von London, der ganz einfach Queen’s Park genannt wird, ohne dabei auch nur in der Nähe der Queen zu liegen, was kein Wunder ist, wenn man den ganzen Müll auf den Straßen sieht und die hundert alten, betrunkenen, vornübergebeugten Typen mit verfilzten Bärten und bekotzten Mänteln, die in den Hauseingängen herumstolpern. Und das ist noch nicht alles, weil hinterher erzählt mir Fiona, dass das Haus von Tante Grace, das mitten in einer kleinen, schmalen Straße namens Glengall Road steht, noch nicht einmal im offiziellen Queen’s-Park-Gebiet liegt, sondern eigentlich zum Viertel nebenan gehört, das Kilburn heißt und der Ort ist, wo alle Paddies aus allen vier Ecken Irlands stranden, wenn sie zum ersten Mal nach London kommen – und es muss auch der Ort sein, wo sie die Bärte bekommen und die bekotzten Mäntel und

Weitere Kostenlose Bücher