Nichts für Anfänger - Roman
Weil ein paar von den Jungs anfangen zu lachen.
Vater Jason legt eine Hand auf meine Schulter und drückt fest zu, drückt mich fest in den Teppich hinein. Der Druck hilft ein wenig, und ich kann erklären, dass Helen Macker das alles hat kommen sehen, dass sie in mich hineingeblickt hat und alles hat kommen sehen, dass sie die genaue Stelle gesehen hat, an der ich stehen würde, wenn alles aus den Fugen geraten würde, weil plötzlich Er aufgetaucht ist.
Wer ist Er?, fragt Vater Jason. Ich sage: Es war Vater. Es war Vater. Es war Vater. Es war Vater. Aber ich bringe den Satz nicht zu Ende. Es ist zu viel, selbst in diesem geschützten Raum, trotz des Muschileckens und kranken Spiegelfressens. Es ist zu viel, und das Zittern fängt wieder an, nur noch viel schlimmer. Als würde das Zittern aus meinen Beinen plötzlich durch meinen ganzen Körper wandern und sich dann mitten in meiner Brust bündeln. Sofort fange ich an, wegen dem ganzen Schmerz wild herumzuzucken. Ich kippe nach vorne auf den Boden und habe eine Art Anfall, ich zucke hin und her wie die frischen Sommerforellen, die Dad bei unserem letzten Familienurlaub in Connemara gefangen hat. Wir waren alle zusammen in diesem winzigen Ruderboot, in das wir uns ziemlich reinquetschen mussten, alle acht, obwohl Mam sagte, dass das illegal ist und dass wir alle verhaftet werden, wenn wir nicht vorher ertrinken. Dad machte einen auf dicke Hose und neckte sie, als wäre er einer von den Jungs vom GAC, und brachte das Boot absichtlich ins Wanken, sodass alle inklusive Mam schrien vor Lachen. Und als er den Fisch fing, schleuderte er ihn runter ins Boot und sagte mir, ich solle ihn töten. Hinterkopf!, brüllte er immer wieder, Hinterkopf gegens Boot!
Hinterkopf? Ich konnte den hin und her zuckenden Körper nicht mal für einen Sekundenbruchteil festhalten, geschweige denn den Hinterkopf zielgenau gegen diese einzelne Holzbohle schmettern. Am Ende schlug Dad heftig mit dem Stiel des Ruders auf ihn ein und sagte mit einem Zwinkern, War wohl Männersache, nichts für kleine Jungs, was?
Die anderen bekommen es mit der Angst zu tun. Sie lachen nicht mehr, und Pilibeen pinkelt sich fast in die Hose. Auf jeden Fall höre ich ihn weinen. Vater Jason jedoch bleibt ganz der Alte und verliert nicht die Nerven, sondern steht einfach über mir und sagt den Jungs, sie sollen Platz machen. Er fängt an, so zu tun, wie wenn nichts wäre, und macht weiter mit meiner Schlimmster-Tag-Geschichte und sagt: Und was hat Vater mit dir gemacht? Was hat er gemacht? In meinem Zustand kann ich ihn hören, aber ich kann es nicht wirklich glauben. Meine Brust ist kurz davor, wie ein blutiges Geschoss granatenmäßig aus mir herauszuexplodieren, wie bei diesem Typ in Alien, und meine Zähne klappern wie verrückt, und nie im Leben bekomme ich so irgendetwas aus mir heraus, und schon gar nicht die Geschichte, wie mich O’Culigeen hinten in seine Brutstätte des Bösen mitgenommen und mich dort geschändet hat.
Irgendwann kapiert Vater Jason und sagt, dass alles gut ist, und er hält meine Hand und hebt den Kopf zur Decke und fängt an zu beten. Aber es ist kein Gebet, wie ich es kenne. Es ist einfach nur so Gebrabbel. Ein paar Worte hier und da, gemischt mit ziemlich vielen ausgedachten Wörtern, wie bei Jabba dem Hutten in Die Rückkehr der Jedi-Ritter. Pa-ees-ka-chung-kow-a-wuukie!!!
Er sagt den Jungs, dass sie keine Angst haben sollen, dass das, was er da tut, in Zungen sprechen genannt wird, und dass er sich ganz einfach an den Heiligen Geist persönlich wendet, um mir in meiner Stunde der Not zu helfen. Mir ist das Ganze mittlerweile total peinlich, aber das Zittern hört einfach nicht auf. Vater Jason kniet jetzt, auf beiden Knien, direkt neben mir, und seine Hand schwebt über meinem Kopf. Mir ist warm, fast schon heiß. Und ich erinnere mich an die Geschichten aus der Bibel, die eine, in der Jesus irgend so einem verrückten alten Knacker, der mitten auf dem Marktplatz einen monstermäßigen Anfall hat, den Geist Satans austreibt. Bei Jesus von Nazareth im Fernsehen verwandelt sich der Typ einfach innerhalb von zehn Sekunden von diesem völlig gagamäßig durchgetickten Klappergestell zu einem ganz normalen Kerl mit Dankbarkeit in den Augen. Ich frage mich, ob er sich auch so gefühlt hat. Vielleicht war er ja gar nicht vom Teufel besessen, sondern eigentlich das Opfer von irgend so einem frühzeitlichen Wüstenpriester, der ihn auf sein Kamel gepackt und dann in den Dünen
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