Nichts
Ihr könnt später noch toben, hörst du?!“
„Okay.“, gehorcht er widerwillig und setzt sich bedröppelt wieder zurück auf den harten Boden.
„Hi Dad!“
Ich glaube meinen Ohren nicht zu trauen. Hat sie soeben Dad gesagt?
„Tut mir Leid. Es war einfach zuviel für mich.“, versucht sie mir stotternd mitzuteilen. „Ich wusste nicht was ich…“
„Ist schon gut Kleine!“ unterbreche ich ihre Bemühungen und stehe gequält auf.
„Nein, ist nicht gut!“, reagiert sie bestimmt. „Du hast dein Leben für sie riskiert…, und ich brülle dich an.“
Zaghaft greift sie meine Hand.
Aus den Augenwinkeln erkenne ich gerade noch meine sentimentale Julie, wie sie augenblicklich erstrahlt. Mir geht’s nicht anders. Nehme mir endlich ein Herz und ziehe Leann an mich heran, um sie das erste Mal in unserer Beziehung zu drücken. Das erste Mal , was für ein Moment, und nun möchte ich sie nicht mehr loslassen.
Danke Green.
„Aua…“, quiekt sie, ebenso wie ich leicht verlegen, worauf ich versuch die Lage zu normalisieren.
„So Mädels, was gibt’s eigentlich zu futtern? Hab’ Hunger!“
„Oh ja, oh ja…“, schlägt Stephan mit ein.
„Keine Ahnung…“, zuckt Julie mit den Schultern. „Mal schauen, ob ich noch was von dem angebrannten Zeug retten kann… Wenn die Küche heute kalt bleibt, weißt du ja wem wir das zu verdanken haben.“
Sie schnappt sich Leann und die beiden dackeln zufrieden zur Küche, nicht ohne um eine weitere Anweisung herumzukommen. „Und du legst dich wieder hin - Schlangenflieger!“
Ungehorsam schleiche ich mich stattdessen unauffällig nach hinten, drücke die angelehnte Tür zu Leanns Zimmer vorsichtig einen Spalt auf, bis ich das Bett erkennen kann. Da Stephan noch immer an meiner Seite, schaue ich ihn an und führe meinen Zeigefinger behutsam an den Mund. Er versteht.
Hier liegt unsere kleine Charlize seelenruhig auf dem Rücken - ihren Kuschelbär fest umschlungen - und schläft. Das Fenster des gemütlich eingerichteten Zimmers ist einen Spalt weit geöffnet. Der leichte Vorhang tanzt uns, geführt von der lauen Herbstbrise, entgegen um sich immer wieder behutsam an seine Bestimmung zu erinnern. Leise schreite ich ans Bett und rutsch runter auf den Boden. Stephan macht es mir nach. Ich lege ihm meine Hand sanft auf den Rücken, um dann mit der anderen ganz sachte das winzige Händchen des Mädchens zu fassen. So sitzen wir wortlos da, während ich an den alten John Hartford Song Gentle On My Mind denken muss.
Mein Bart wie schmutzige Asche,
den alten Hut tief im Gesicht,
umschließe ich mit meinen Händen
und drücke dich an meine Brust.
Ich werde euch beschützen. Und wenn es mein Leben kostet. Verdammt. Fast wäre es schon so weit gewesen. Ich muss besser aufpassen. Darf gar nicht dran denken. Und es werden noch schlimmere Dinge auf uns zukommen, soviel ist sicher. Hab’s im Urin. Man muss ja nur eins und eins zusammen zählen.
Zumindest sind wir hier weitgehend geschützt. Auch ohne das Lake-Forrest Polizeirevier. Manchmal ist Tarnung eben die beste Verteidigungsstrategie. Niemand wird auf die Idee kommen, in dieser verlassenen Prärie nach Geld, Essen und schon gar nicht nach Wasser zu suchen. Die Probleme werden sich hoffentlich auf die großen Städte und Ballungszentren beschränken.
Ja, unsere Ranch.
Möglicherweise ist 'Ranch' nicht die exakte Charakterisierung, aber für mich ist sie genau das! Ein, wie ich finde hübsches, kleines Holzhäuschen mit rund hundertundzwanzig Quadratmeter Fläche. Bei der Wahl der Fassade hatte ich seinerzeit auf eine grobe Brettverschalung bestanden. Ich wollte den typischen Charakter der historischen Frontier-Hütten kopieren, was durchaus gelungen ist: nach den vielen Jahren ist das Holz nun malerisch verwittert, gerissen und spröde.
So kann man das Jahr 1830 beinahe riechen. Wobei, Julie meint, es wäre mal wieder an der Zeit für einen Anstrich. Wie auch immer, das authentische Ambiente rundet ein großer Porch ab. Eine vielleicht vier auf zwanzig Meter große Holzterrasse , auf welcher sich unser Leben hier draußen die meiste Zeit abspielt. Einer Art Brücke, einem Übergang zwischen modernem Luxus und ursprünglicher Natur. Dem unbekannten noch nicht restlos ausgeliefert, aber auch nicht mehr völlig im ungezwungenen Schutz der vertrauten vier Wände befindlich. Als Großstädter betrachtet
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