Nick Stone 07 - Schattenkiller
bellten uns an.
Jerry blickte wie ich in die Nacht hinaus. Seine Hände ruhten auf der Gürteltasche, als befürchtete er noch immer, dass sie ihm gestohlen werden könnte.
77
Dienstag, 14. Oktober
Wir waren den Rücklichtern des Audis etwa eine Stunde und vierzig Minuten gefolgt, als Salkic sagte: »Wir haben den Transferpunkt fast erreicht.«
Ich nahm an, dass der nächste Teil der Reise nicht so komfortabel sein würde. Salkic griff sich an den Hals und holte zwei Schlüssel an einer Kette hervor, wie man sie für Identifizierungsmarken verwendet. Mit ein wenig Glück gehörten sie zu einem bequemen, warmen Fahrzeug. Die Vorstellung, bei diesem Wetter zu Fuß unterwegs zu sein, gefiel mir nicht.
»Alles, was Sie dabeihaben, bleibt bei Nasir.«
Jerry beugte sich zwischen die beiden Vordersitze. »Was ist mit meiner Kamera? Wenn er mich einige Aufnahmen machen lässt, kann ich -«
Salkic wandte sich ihm zu, und wieder war sein Gesicht steinern. »Nichts darf mitgebracht werden. Erst
recht keine elektrischen Apparate. Wir werden Sie durchsuchen. Keine Sorge, nach dem Gespräch mit Hasan bekommen Sie alles zurück.«
Die Bremslichter des Audis vor uns leuchteten rot und blieben an. Salkic sprach in sein Motorola, als wir uns näherten.
Wir hatten den anderen Wagen fast erreicht, als wir das Problem sahen. Eine tote Kuh lag auf der Straße, und ihre Artgenossen schienen nicht gewillt zu sein, uns passieren zu lassen. Wir konnten das Hindernis nicht umfahren, wegen der Stacheldrahtzäune auf beiden Seiten.
Offenbar führte die Straße hier an einem Bauernhof vorbei. Weiter rechts bemerkte ich einige Ställe, einfache Bauten aus Beton und Wellblech.
Nasir hielt an und nahm den Fuß vom Pedal, damit die Bremslichter nicht mehr leuchteten. Dann legte er den Rückwärtsgang ein und setzte zurück, als der andere Fahrer und ein Lederbursche ausstiegen, um sich die Sache aus der Nähe anzusehen.
Salkic hob das kleine Funkgerät an den Mund, und sein Blick war nach vorn gerichtet. »Hier verlassen wir Nasir und seine Leute. Sie kehren nach Sarajevo zurück. Ich bringe Sie zu Hasan.«
Nach etwa hundert Metern hielten wir erneut an und warteten ohne Licht. Nasir war vorsichtig, und er wusste, worauf es ankam. Eine aufgeregte Stimme tönte aus dem Motorola-Lautsprecher. Nasir griff nach seiner AK, als eine große, dunkle Masse hinter hellen Lichtern aus einem der Ställe donnerte und auf dem Weg zu Benzils Audi Kühe beiseite stieß. Jerry lehnte sich zurück und wirkte wie gebannt vom Scheinwerferlicht des mechanischen Ungetüms.
Salkic brüllte ins Funkgerät, und Nasir sprang zusammen mit mir nach draußen, die AK schussbereit. Ich zerrte an Jerrys Mantel, als erste Schüsse knallten und die Karosserie trafen. »Raus aus dem verdammten Wagen!«
Der Stacheldrahtzaun verzog sich, als die Räder von Benzils Audi ein oder zwei Sekunden lang durch den Schlamm drehten, und dann kippte der Wagen. Feuerstöße automatischer Waffen ratterten zwischen den Ställen, als der Lastwagen zum Stehen kam. Sein Scheinwerferlicht fiel auf ein Durcheinander aus Metall und das dahinter steil ansteigende Gelände.
Kugeln klatschten in die Seite des Wagens, nur wenige Zentimeter neben mir. Jerry löste sich mit einem Ruck aus meinem Griff und fiel schreiend auf den Asphalt.
Verdammt, ich fiel mit ihm.
Er bewegte sich und rief: »Ich bin okay, ich bin okay.«
Nasir befand sich rechts von mir und schoss auf das Mündungsfeuer, das sich immer wieder zwischen den Gebäuden des Bauernhofs zeigte. Er wirkte ruhig und beherrscht, gab kurze Feuerstöße ab und achtete darauf, dass jede Kugel zählte. Ich sah nicht zurück, hielt den Kopf unten und eilte zu dem, was von Benzils Audi übrig war.
Erneut ratterte es auf der rechten Seite. Die Angreifer wechselten ihre Position, damit sie auf das schießen konnten, was sich vor dem Laster befand. Kugeln prallten vom Asphalt ab und heulten davon.
Scheiße, Scheiße, Scheiße. Sieh nicht hin, lauf weiter.
Es folgten vier oder fünf längere Feuerstöße.
Ich hatte das Wrack des ersten Audis fast erreicht. Er lag auf der linken Seite, im Kühler des Lasters verkeilt. Der Lastwagenfahrer war über dem Lenkrad zusammengesunken.
»Benzil! Benzil!«
Ich blickte durch die schlammverschmierte Windschutzscheibe des Audis. Niemand drin.
»Benzil! Benzil!«
Einer der Lederjungs war zwischen den beiden Fahrzeugen zerquetscht worden. Ich suchte zwischen zerfetztem Fleisch und Metall nach seiner
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