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Titel: nmp06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Er hat mir versprochen, sich bald wieder zu melden... Was halten Sie davon, Burma?“
    „Da er nicht mit dem Schmuckkästchen unterm Arm zu Ihnen gekommen ist, ist sein Telefonanruf keinen Pfifferling wert. Er tappt genauso im dunkeln wie wir. Aber er will natürlich nicht aufgeben. Klammert sich an irgendeine Hoffnung.“
    „Das hab ich mir seit Samstag auch tausendmal gesagt“, seufzte Monsieur Grandier. „Und nun? Sie haben doch gesehen, wie weit die Polizei mit ihren Ermittlungen ist. Am toten Punkt. Darauf kann ich wohl nicht zählen. Und was Sie betrifft...“
    Er schwieg. Sah müde aus. Ich ermunterte ihn mit einem kleinen „Ja?“, fragend, verführerisch, hinterhältig. Er hob nur resigniert die Schultern, mehr nicht.
    „Soll ich mich wieder auf die Jagd machen?“
    Achselzucken.
    „Sie sagen doch selbst, daß Sie nicht weiterwissen. Und neulich...“
    „Seit neulich hab ich was rausgekriegt“, bemerkte ich so nebenbei.
    Er fuhr hoch.
    „Warum haben Sie das nicht gleich gesagt, verdammt nochmal? Was denn?“
    „Eine winzige Spur. Nichts Sensationelles. Hab so was wie ‘n Zeugen ausfindig gemacht. Ob richtig oder falsch, das muß sich noch rausstellen. Abwarten, welche Blüten er trägt... natürlich muß man ihn entsprechend begießen.“
    Ich erzählte ihm von Bernard Lebailly.
    „Bearbeiten Sie ihn“, rief Grandier, nachdem er mir aufmerksam zugehört hatte. „Begießen Sie das Pflänzchen. Ersäufen sie es, wenn’s sein muß. Aber holen Sie raus, was rauszuholen ist! Wieviel brauchen Sie?“
    Ich nannte eine Summe. Ohne weitere Verhandlung gab er mir das geruchlose Schmiergeld, mit dem sich keiner gerne die Finger schmutzig machen will. Nach dieser Beruhigungsspritze ging ich in die Rue des Quatre-Vents. Mal sehen, ob für Versicherungsgesellschaften und die Vereinigung Dynamischer Detektive ein günstiger Wind blies.

    * * *

    Aus dem Haus, wo zur Zeit Bernard Lebailly wohnte, sah ich einen Kerl kommen, der mir durch sein düsteres Aussehen auffiel. So ein Gesicht haben sonst nur Steuereintreiber. Oder die Leute in Bagneux, neben Leichenwagen und Zypressen.
    Er war ein Mann im besten Alter, mittelgroß, mittelschlank, unauffällig gekleidet, neutraler Anzug von der Stange. Ohne seinen giftigen Gesichtsausdruck hätte ich ihn gar nicht bemerkt. Vielleicht war er im täglichen Leben tatsächlich so unauffällig. Aber ich besitze nun mal einen Riecher, der „die Dinge hinter den Dingen“ wittert, wie Michel Krauss sagt, der Maler von Qui des Brumes. Zuerst dachte ich, er wär blind. Das lag an seinen Augen unter den buschigen Brauen in dem frostigen, ausdruckslosen, abwesenden Gesicht. Leblose Augen, glanzlos, von unsäglicher, gequälter Traurigkeit. Eine innere Trauer, die man ohne Trauerflor und den übrigen Kram spürt. Der Blick eines Witwers. Besser könnte ich den Mann nicht beschreiben. Und für mich will das was heißen. Mir wird immer etwas unbehaglich, wenn ich einen Witwer seh. Bei Witwen ist das anders. Vielleicht hab ich dann immer die berühmte Schwester vor Augen, die lustige, auch wenn die betreffende Frau von Kummer ganz niedergedrückt ist. Aber ein Witwer! Das ist so endgültig, aus- I weglos, wie mit einem Fluch belegt, so hilflos. Kommt mir immer vor wie eine häßliche Verstümmelung.
    Der Mann vor mir blieb am Bordstein stehen, senkte den Kopf und betrachtete eingehend seine schwarzen Schuhspitzen oder die dreckige Brühe im Rinnstein. Vielleicht suchte er auf seine düsteren Gedanken eine Antwort, die er nicht finden konnte. Dann schüttelte er sich und überquerte träge die Fahrbahn. Er war mit seinen Gedanken weit weg von der Rue des Quatre-Vents. Sehr weit weg. Der Teufel wußte, wo. Ich sah ihm hinterher. Andere Passanten schenkten ihm nicht die geringste Aufmerksamkeit. Dann ging er in ein Bistro.
    Jetzt schüttelte ich mich auch, nahm die entgegengesetzte Richtung, betrat das Haus. Nach dem Backofen draußen auf der Straße unter der brennenden Junisonne war der feuchte, dunkle Hausflur die reinste Wohltat. Der frische Sägemehlgeruch stieg mir angenehm in die Nase. Durch die offene Tür hinten im Flur sah man den Teil des Hofes, in dem sich die Tischlerei befand. Die Arbeiter pfiffen einen Schlager, gleichgültig allem gegenüber, was nichts mit ihrer Arbeit zu tun hatte. Das seidenweiche Geräusch eines Langhobels, mit dem schwungvoll gearbeitet wurde, wechselte sich ab mit dem Kreischen der Kreissäge.
    Ich ließ noch eine alte Frau vorbei, dann ging ich

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