Noah: Thriller (German Edition)
zurückgelegt, doch er brauchte Celine an seiner Seite. Ohne sie war der Plan von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
»Ich geb mir Mühe«, sagte sie, und sie hielt ihr Versprechen, bis sie an der Porta Sant’ Anna angekommen waren.
Noah hatte sich an Altmanns Wegbeschreibung gehalten. Der offizielle Eingang für die Angestellten des Vatikans, der rund um die Uhr von Schweizer Gardisten bewacht wurde, lag an der östlichen Vatikanmauer, rechts von den Kolonnaden. Zwei von Adlerstatuen gekrönte Doppelsäulen flankierten den Zugang, vor dem im Augenblick weitaus weniger Menschen warteten als auf dem Petersplatz, an dessen Rändern es kaum mehr ein Durchkommen gegeben hatte.
Fünf Meter vor dem Portal, wo das Straßenpflaster in einen ausgetretenen Zebrastreifen überging, blieben sie stehen.
»Bereit?«, fragte Noah.
»Hm.«
»Hast du das Handy?«
»Ja.«
Er sah sich um, ob sie beobachtet wurden, aber niemand schien Notiz von ihnen zu nehmen. Daher drückte er kurz ihre Hand. Und dann ging es los.
Wie besprochen nahm er Celine von hinten mit dem linken Arm in den Schwitzkasten. Den anderen Arm winkelte er an und imitierte mit den Fingern seiner Hand eine Pistole, die er Celine unter ihren langen Haaren in den Nacken drückte.
»Los.«
Celine begann zu schreien wie am Spieß.
Dabei bog sie den Rücken durch und ließ sich scheinbar widerwillig auf den Eingang zuschieben.
»Nein, nicht. Hilfe!«, brüllte sie aus Leibeskräften. Sie weinte nicht, so gut konnte sie nicht schauspielern, aber es hörte sich auch so täuschend echt an.
Die Menschen vor ihnen stoben auseinander, wichen vor der Frau und ihrem vermeintlichen Geiselnehmer zurück, machten Noah Platz auf dem Weg zur Porta Sant’ Anna.
Es dauerte keine fünf Sekunden, und die Schweizer Garde war zur Stelle.
Schritt 1: Aufmerksamkeit erzielen.
Zwei hochgewachsene, kräftige Männer in blauer Exerzieruniform traten durch ein Seitentor und nahmen mit ihren gezogenen Waffen Noah von zwei Richtungen aus ins Visier.
»Waffe fallen lassen!«, rief der Gardist, der sich rechts von Noah postiert hatte. »Sofort fallen lassen.« Er wiederholte seinen Befehl abwechselnd auf Italienisch und Englisch.
Schritt Nr. 2: Forderung stellen.
»Zaphire«, brüllte Noah. »Holen Sie ihn, dann wird niemand sterben.«
Menschen bildeten Trauben am Straßenrand, Noah hörte aufgeregte Rufe, mindestens drei Fotoapparate blitzten.
Der Gardist zu seiner Linken forderte über ein Funkgerät Verstärkung an, im Hintergrund hörte man schon das Getrampel schwerer Stiefel und aufgeregte Rufe.
»Bereit?«, flüsterte Noah. Celine nickte unmerklich.
Das war das Zeichen.
Schritt 3: Handeln!
»Aaaaahhhhhh …«
Mit einem Urschrei stieß er Celine von sich. Sie stolperte von ihm weg, strauchelte und fiel vor der Fußgängerampel auf die Knie.
»Hände hoch!«, brüllten jetzt beide Gardisten gleichzeitig, doch Noah reagierte nicht. Er tat so, als versteckte er seine Waffe hinter dem Rücken, und lief auf die Gardisten zu.
Die Kugel riss ihn nach hinten.
Nicht schon wieder, dachte er beim Fallen. Erst dann spürte er den Schmerz etwas oberhalb der Stelle, an der er vor vier Wochen schon einmal in der Schulter getroffen worden war. Damit hatte er nicht gerechnet.
Mit einem Warnschuss. Schlägen. Einer Ohnmacht, vielleicht.
Nicht aber, dass sie, ohne zu zögern, direkt auf ihn feuerten.
Er hörte ein Knacken, als Nächstes fegte eine Feuerwalze durch seinen Kopf, der auf dem groben Pflaster aufgeschlagen war. Lichter zuckten vor seinen Augen, trieben heiße Nägel durch seine Netzhaut, und der Schmerz wurde noch schlimmer, als er die Augen öffnete.
Nichts von dem, was aus dem Mund des Gardisten kam, der ihn mit geübten Griffen auf den Bauch gedreht, abgetastet und seine verdrehten Arme auf dem Rücken fixiert hatte, war verständlich. Vermutlich wunderte er sich über die fehlende Waffe, fragte ihn nach seinem Namen.
John. Noah. Suchen Sie sich einen aus.
Er hörte schwere Schritte, eine Frau weinte. Sirenen von Einsatzfahrzeugen. Spürte, dass er das Bewusstsein zu verlieren drohte, aber das durfte nicht geschehen.
»Der Papst ist in Gefahr«, krächzte er.
»Was?«
Er spürte, wie der Gardist sich zu ihm herunterbeugte, ohne den Druck der Waffe auf sein Genick zu mildern. »Jonathan Zaphire.«
»Wer ist das?«
»Mein Vater.«
Und dann konnte Noah es nicht mehr verhindern. Er hatte dem Soldaten des Papstes noch von dem Video erzählen wollen, das alles
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