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Noch nicht mal alleinerziehend

Noch nicht mal alleinerziehend

Titel: Noch nicht mal alleinerziehend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dunja M Pechner
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suche ich auch in der falschen Ecke. Wie beim Topfschlagen mit verbundenen Augen, nur dass keiner ruft: ›Kalt! Kalt! Ganz kalt, Nora!‹ Blind, taub und ohne jeglichen Sensor ausgestattet, krieche ich da über den Boden.«
    »Ein schönes Bild, Frau Leinenmacher.« Rosa lächelte.
    »Ja, und das mit meinen Freunden, das macht mich traurig. Ich fühle mich ausgeschlossen, obwohl ich dabeisein will. Ich fühle mich völlig zu Unrecht in der Schusslinie. Ich frage mich andauernd, was passiert ist. Ich habe mich kein Stück verändert. Alle meine Freunde haben halt geheiratet und Kinder bekommen. Das erste oder zweite. Ich dachte immer, dass wäre kein Problem. Aber irgendwie hänge ich da plötzlich mitten drin, in ihrem neuen Leben. Und meins verändert sich auch. Was meinen Sie, wie schwierig es ist, sich zu verabreden? Shoppen. Ausgehen. Die ganz normalen Sachen eben. Das kann man ja fast vergessen. Oder Gespräche, die drehen sich ja nur noch um … Ach! Und plötzlich kriege ich nur Schwachsinn erzählt. Und überall lauern diese Fragen, die sich keiner traut zu stellen, bis auf meine Eltern: ›Was läuft nur falsch bei dir?‹, ›Warum hast du keinen Freund?‹, ›Warum willst du keine Kinder?‹, ›Als Frau! In deinem Alter …‹ Jeder drückt mir ungefragt sein Kind in den Arm. Ich warte ja förmlich darauf, dass mich jemand fragt, ob ich auf Frauen stehe … Oder dass man mir unterstellt, dass ich nur die Fassade aufrechterhalte, weil ich so verzweifelt bin, weil ich keinen Vater für meine Kinder finde.«
    »Sind Sie verzweifelt?«
    »Nein!« Nora wurde bei dieser Antwort ziemlich bestimmt. »Ich verzweifle eher darüber, dass ich mich ständig rechtfertigen muss.«
    »Und Sie wollten nie Kinder?«
    »Nie! Nicht einmal hatte ich diesen Wunsch. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich liebe Kinder. Ich habe zwei Neffen, bald drei, und eine Nichte. Ich fahre sogar mit ihnen in Urlaub, sie sind regelmäßig übers Wochenende bei mir. Ich wollte immer so viel wie möglich von ihnen mitbekommen, auch weil ich so viel unterwegs war. Ich wollte nie die Tante sein, die mit den Geschenken für eine Stunde vorbeikommt und dann wieder weg ist. Ich habe Spaß mit Kindern. Aber ich wollte halt nie selbst welche. Oh, und mitreden darf ich jetzt auch nicht mehr, wenn es um Kinder geht …«, Nora setzte Anführungszeichen in die Luft, »›… weil du das nicht verstehst, weil du keine eigenen hast!‹. Es sei denn, eine andere Mutter hat Blödsinn erzählt und ich soll den Schiedsrichter geben, dann muss ich plötzlich ganz viel sagen und Partei ergreifen. Und warum sollte ich nicht verstehen? Ich habe Augen und Ohren, und ich fühle! Ich nehme teil am Leben meiner Freunde. Aber nehmen die noch teil an meinem?«
    »Und das verletzt Sie?«
    »Scheiße, ja!«, polterte Nora und fügte leise hinzu: »Entschuldigung.«
    »Schon in Ordnung. Seit wann geht das so?«
    »Seit ein paar Wochen. Vielleicht aber auch, seit ich nicht mehr so viel unterwegs bin und viel mehr Zeit mit meinen Freunden verbringe als früher.«
    »Verstehe. Wann haben Sie angefangen, darüber zu stolpern? Also, wann haben Sie innegehalten und gedacht: Verdammt, hier läuft etwas falsch?«
    Nora überlegte. »Immer mal wieder. Und dann hat mein Ex-Freund mir erzählt, dass er heiratet. Und das war schon krass.«
    »Verstehe.« Rosa machte sich fleißig Notizen. »Wie lange waren sie zusammen?«
    »Zehn Jahre!«
    »Oh! Und wie lange sind sie jetzt getrennt?«
    »Über eineinhalb Jahre.«
    »Aha.«
    »Ja, und wissen Sie, wenn Sie andauernd vorgehalten bekommen, dass Sie anders sind und dann auch noch der Letzte, also fast der Letzte, aus Ihrem Team die Seiten wechselt, dann fragt man sich schon irgendwann, ob man auf dem falschen Trip ist. Das ist so, wie wenn man die Nacht durchtanzt, so völlig von der Musik aufgesogen, und plötzlich geht das Licht an, und man macht die Augen auf und muss feststellen, dass man nicht nur die Einzige auf der Tanzfläche ist, sondern die Letzte im ganzen Club. Das Personal steht total genervt hinterm Tresen und kotzt, weil die verzweifelte Frau einfach nicht nach Hause gehen will.«
    »Ich mag Ihre Bilder, Frau Leinenmacher! Haben Sie einen neuen Partner?«
    »Phhh.«
    »Heißt das Ja oder Nein?«
    »Nun, es gibt jemanden, den ich mag. Ich denke, er wäre gerne mein Partner.«
    »Und?«
    »Ich bin gerne mit ihm zusammen. Er ist klug, witzig, aufrichtig, attraktiv und extrem sexy …«
    Rosa schmunzelte.
    »Aber … Ich weiß

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