Northanger Abbey
Augen und recht dunklem Haar‹. – Also, mein Geschmack ist genau entgegengesetzt. Mir sind helle Augen lieber, und was den Teint angeht, weißt du, so ziehe ich eine blasse Gesichtsfarbe allen anderen vor. Daß du mich aber nicht verrätst, falls du irgendwann mit einem Bekannten von dir zusammentriffst, auf den diese Beschreibung paßt.«
»Dich verraten! – Was meinst du damit?«
»Nein, quäl mich nicht. Ich habe ohnehin schon zu viel gesagt. Laß uns von etwas anderem reden.«
Catherine gehorchte, nicht wenig erstaunt, und wollte nach einigen Sekunden des Schweigens die Sprache wieder auf das bringen, was sie gegenwärtig mehr faszinierte als alles andere auf der Welt, das Skelett Laurentinas, als ihre Freundin sie davon abhielt, indem sie sagte: »Du lieber Himmel! Machen wir, daß wir von diesem Ende der Halle wegkommen. Hast du gesehen, diese zwei abscheulichen jungen Männer starren mich jetzt schon eine halbe Stunde an. Sie bringen mich vollkommen aus der Fassung. Laß uns vorgehen und nachsehen, wer alles neu angekommen ist. Dahin werden sie uns wohl kaum folgen.«
Damit marschierten sie davon zum Meldebuch, und während Isabella die Namen studierte, fiel Catherine die Aufgabe zu, die Machenschaften der beunruhigenden jungen Männer zu beobachten.
»Sie kommen doch nicht hierher, oder? Sie werden doch wohl nicht die Frechheit besitzen, uns zu folgen? Bitte sag mir sofort Bescheid, wenn sie kommen. Ich werde auf gar keinen Fall hochschauen.«
Gleich darauf konnte Catherine ihr mit ehrlicher Genugtuung versichern, daß sie sich nicht länger zu ängstigen brauche, da die beiden Herren die Trinkhalle soeben verlassen hätten.
»Wohin sind sie gegangen?« Isabella wirbelte herum. »Der eine war ein sehr gutaussehender junger Mann.«
»In Richtung Kirchplatz.«
»Gott, was für ein Segen, sie los zu sein! Wie wär’s, kommst du noch mit zu den Edgar’s Buildings, und ich zeige dir meinen neuen Hut? Du wolltest ihn doch sehen, hast du gesagt.«
Dazu war Catherine gern bereit. »Nur«, fügte sie hinzu, »könnte es natürlich sein, daß wir die beiden jungen Männer überholen.«
»Ach! Kümmer dich gar nicht um sie. Wenn wir uns beeilen, sind wir im Nu an ihnen vorbei, und ich brenne darauf, dir meinen Hut zu zeigen.«
»Aber wenn wir nur ein paar Minuten warten würden, bestünde keinerlei Gefahr, ihnen noch zu begegnen.«
»Den Gefallen tue ich ihnen nicht, das sage ich dir. Ich denke nicht daran, so vor den Männern zu Kreuze zu kriechen. Damit setzt man ihnen nur Flausen in den Kopf.«
Dieser Logik hatte Catherine nichts entgegenzustellen; und zum Beweis von Miss Thorpes Unabhängigkeit und ihrer erbarmungslosen Haltung gegenüber dem anderen Geschlecht machten sie sich, so rasch ihre Füße sie trugen, an die Verfolgung der beiden jungen Männer.
VII. KAPITEL
In nur einer halben Minute waren sie durch den Brunnenhof zu dem Torbogen gegenüber der Union Passage gelangt; doch hier mußten sie warten. Jeder, der Bath kennt, wird sich erinnern, wie schwierig es ist, an dieser Stelle die Cheap Street zu überqueren; ja, es ist eine Straße, die so empörend gelegen ist, in so unseliger Verbindung zu den großen Chausseen nach London und Oxford sowie dem wichtigsten Gasthof der Stadt, daß kein Tag vergeht, an dem nicht etliche Damengrüppchen, so dringend ihre Mission auch sein mag, ob sie nun auf Kuchen, Kurzwaren oder (wie im vorliegenden Fall) junge Männer aus sind, durch Kutschen, Reiter oder Karren am Überqueren gehindert werden. Dieses Übel war von Isabella seit ihrer Ankunft in Bath mindestens dreimal täglich aufs heftigste empfunden und beklagt worden, und nun wollte es das Schicksal, daß sie es neuerlich empfinden und beklagen mußte; denn just als sie von ihrer Straßenseite aus die Mündung der Union Passage und damit auch die beiden Herren im Blick hatten, die durch die Menschenmenge voranschritten, dicht entlang dem Rinnstein dieser hochinteressanten Gasse, mußten sie vor einem Einspänner zurückweichen, den sein Kutscher mit Kennermiene derart rasant über das holprige Pflaster lenkte, daß ihm selbst, seinem Begleiter sowie seinem Pferd ein baldiges Ende gewiß schien.
»Oh, diese hassenswerten Gigs!« sagte Isabella und sah auf, »wie ich sie verabscheue.« Doch ihr Abscheu, wenn auch gerecht, war von kurzer Dauer, denn sie sah nochmals hin und rief aus: »Wie göttlich! Mr. Morland und mein Bruder!«
»Lieber Himmel, das ist ja James!« entfuhr es im selben Moment
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