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Northanger Abbey

Northanger Abbey

Titel: Northanger Abbey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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auf einen Brief gemacht, ehe sie nicht wieder in Fullerton wären. Aber Isabella hatte es ihr versprochen und nochmals versprochen; und wenn Isabella etwas versprach, dann hielt sie es ganz unverbrüchlich! Das machte die Sache so überaus rätselhaft!
    Neun Tage in Folge erlitt Catherine die gleiche Enttäuschung, die mit jeder Wiederholung ärger wurde; doch als sie am Morgen des zehnten das Frühstückszimmer betrat, war das erste, was sie erblickte, ein Brief, den Henrys freundliche Hand ihr hinhielt. Sie dankte ihm so überschwenglich, als hätte er selbst ihn geschrieben. »Ach, nur von James«, sagte sie, als sie den Absender sah. Sie öffnete ihn; er war aus Oxford und folgenden Inhalts: –

    Liebe Catherine!

    Gott weiß, wie wenig mir nach Schreiben zumute ist, aber ich halte es für meine Pflicht, Dir mitzuteilen, daß zwischen Miss Thorpe und mir alles aus ist. – Ich habe sie und Bath gestern verlassen, beide auf Nimmerwiedersehen. Die Einzelheiten erspare ich Dir, sie würden Dich nur noch mehr schmerzen. Du wirst bald von anderer Seite genug erfahren, um zu wissen, wer Schuld hat, und wirst, so hoffe ich, Deinen Bruder von allem freisprechen außer von der Torheit, seine Zuneigung zu leichtfertig erwidert zu wähnen. Gottlob, mir wurden noch rechtzeitig die Augen geöffnet! Aber ein Schlag ist es doch! – Nachdem mein Vater so großherzig seine Zustimmung erteilt hat … aber nichts mehr davon. Sie hat mich aufewig ins Unglück gestürzt! Laß bald von Dir hören, liebe Catherine, Du bist meine einzige Freundin, auf
Deine
Liebe ist Verlaß. Wenn nur Dein Besuch in Northanger schon vorüber ist, bis Captain Tilney seine Verlobung bekanntgibt, andernfalls kommst Du in eine sehr peinliche Lage. – Der arme Thorpe ist auch hier; mir graut davor, ihm zu begegnen; einer so ehrlichen Haut wie ihm muß die Sache furchtbar nahegehen. Ich habe an ihn und an meinen Vater geschrieben. Ihre Falschheit dabei ist es, was mich mehr trifft als alles andere; denn bis zum letzten Moment behauptete sie, unverändert für mich zu empfinden, wenn ich sie zur Rede stellte, und lachte über meine Befürchtungen. Ich schäme mich, daran zu denken, wie lange ich das Spiel mitgespielt habe; aber wenn je ein Mann Grund hatte, sich geliebt zu glauben, dann ich. Ich begreife bis heute nicht, was sie damit bezweckt hat; denn daß sie mich vorführen mußte, um sich Tilneys zu versichern, das kann ja nicht sein. Wir sind zuletzt einvernehmlich voneinander geschieden – wie froh wäre ich, ihr nie begegnet zu sein! Ich kann nicht hoffen, jemals eine zweite solche Frau zu finden! Liebste Catherine, gib gut acht, an wen Du Dein Herz verschenkst.
    Stets der Deine, etc.

    Catherine hatte noch keine drei Zeilen gelesen, als schon ihre veränderte Miene und ihre kurzen Ausrufe bestürzter Überraschung klarstellten, daß der Brief Unerfreuliches enthielt; und Henry, der ihr Gesicht die ganze Lektüre hindurch aufmerksam beobachtete, sah deutlich, daß sie nicht froher endete, als sie begann. Er konnte seine Verwunderung jedoch nicht einmal durch einen Blick andeuten, denn sein Vater trat ins Zimmer. Man setzte sich unverzüglich zum Frühstück; aber Catherine brachte kaum etwas hinunter. Tränen standen ihr in den Augen, während sie dasaß, ja, sie liefen ihr sogar die Wangen hinab. Der Brief war bald in ihrer Hand, bald auf ihrem Schoß, bald in ihrer Tasche, und es wirkte, als wüßte sie nicht, was sie tat. Der General wurde zum Glück zu sehr von seinem Kakao und seiner Zeitung beansprucht, um etwas zubemerken; doch für die anderen beiden war ihr Unglück mehr als sichtbar. Sobald sie vom Tisch aufzustehen wagte, eilte sie davon in ihr Zimmer; aber die Hausmädchen machten sich darin zu schaffen, und so mußte sie wieder hinuntergehen. Sie flüchtete in den Salon, aber dorthin hatten sich auch Henry und Eleanor zurückgezogen und beratschlagten gerade angelegentlich über sie. Sie wollte umkehren, versuchte sich zu entschuldigen, wurde jedoch mit sanfter Gewalt zum Bleiben bewegt; Eleanor betonte noch liebevoll ihre Bereitschaft zum Helfen und Trösten, und dann ließen die zwei sie allein.
    Nachdem sie sich eine halbe Stunde ungehemmt ihrem Schmerz und ihren Gedanken überlassen hatte, fühlte sie sich stark genug, ihren Freunden wieder unter die Augen zu treten; ob sie sie aber mit ihrem Kummer vertraut machen sollte, war eine andere Frage. Falls sie gar zu sehr in sie drangen, könnte sie vielleicht eine Andeutung

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