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Nottingham Castle, letzte Tuer links

Nottingham Castle, letzte Tuer links

Titel: Nottingham Castle, letzte Tuer links Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leana Wyler
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zu spüren?
Bisher hatte er das nicht erlebt, selbst die Amme, seine eigene Mutter, hatte
ihm nur ganz heimlich etwas Wärme entgegenbringen dürfen, weil Lady Nottingham jedwede
Gefühlsregung unterbunden hatte. Um ihn abzuhärten.
    Susannah
erinnerte sich an die Geschichte mit dem Hund und erschauderte. Wie konnte eine
Frau nur solche Grausamkeiten an den Tag legen? Sie sah ihn förmlich vor sich
als Kind, einen hoch aufgeschossenen Knaben mit dunklen Haaren, das Gesicht
noch nicht so kantig, der Körper noch schmal. Seine grünen Augen hatten sicher
vor Freude gestrahlt, wenn er mit dem Hund herumgetollt war. Ob er sich einen
Namen für das Tier ausgedacht hatte? Zu gerne hätte sie ihn gefragt, aber er
schlief tief und fest.
    Die
Lady hatte sicherlich in der Nähe gestanden, aufrecht, und mit kaltem Blick das
Treiben verfolgt. Und dann den teuflischen Plan geschmiedet. Allein die
Vorstellung, dass er das geliebte Tier mit seinen eigenen Händen niederstrecken
hatte müssen! Wie furchtbar musste das für ein Kind, das sicher keine anderen
Spielgefährten gehabt hatte, gewesen sein. Wie einsam musste er sich gefühlt
haben. Und alles unter dem Siegel der Erziehung zu einem starken Herrscher!
    Susannah
strich zärtlich über seinen Arm. Und schalt sich selbst gleich wieder dafür.
Hatte er nicht erst gestern bei dem Überfall aufs Dorf bewiesen, welch Unmensch
er war? Sie wusste nicht mehr, was sie denken oder fühlen sollte. Er erweckte
unentdeckte Seiten an ihr, so wie eben, als sie die Peitsche in die Hand
genommen hatte. Darüber sollte sie sich wahrlich Gedanken machen. Irgendwann. Die
Müdigkeit legte sich schwer auf ihre Lider. Morgen war auch noch ein Tag,
morgen würde sie ernsthaft darüber nachdenken. Morgen war noch genug Zeit,
wütend zu sein. Aber nun erst einmal schlafen…

*
    Eadric
konnte durch die geschlossenen Lider die Morgensonne erahnen, die ihre
aufdringlichen Strahlen in seine Gemächer schickte. Aber er war noch nicht
richtig wach, wollte noch ein wenig dahindämmern. Im Halbschlaf genoss er die
Wärme unter seiner Decke, diesen weichen Leib, der neben ihm lag und diesen
unverwechselbaren Geruch verströmte. Nein, er würde noch nicht aufwachen, er
würde sich diesem Dämmerzustand noch etwas länger hingeben.
    Wie
vertraut ihm ihr Körper schon war! Er schmiegte sich noch näher an sie und
glitt in die Erinnerung an jene denkwürdige Nacht, als Susannah sich nach der
bitteren Offenbarung von Lady Nottingham als Freund angeboten hatte. Noch nie
hatte ihn jemand auf diese Art und Weise in den Armen gehalten, getröstet, berührt,
geküsst. Es war wie ein wundervoller Traum und er war nicht sicher, ob sich das
überhaupt in Wahrheit so zugetragen hatte. Einen Moment lang erlaubte er sich,
aus dem Dämmerzustand aufzutauchen und nachzudenken. Dann machte sich luftige
Erleichterung bei ihm breit. Es war in der Tat so geschehen! Und nicht nur aus
diesem Pakt heraus, da war er sich sicher, nein, dazu war sie zu sanft gewesen.
Viel zu zärtlich, als dass dies alles nur ein Akt der Vertragserfüllung gewesen
sein konnte.
    Sie
mochte ihn.
    Dieses
Gefühl war so neuartig und mächtig, dass mit einem Mal eine nie erlebte Wärme
in seiner Brust entstand und sich in den ganzen Körper ausbreitete. Eadric
wagte kaum zu atmen, so überwältigt war er von diesem Gedanken.
    Konnte
das wirklich sein? Konnte sie etwas für ihn empfinden?
    Er
blinzelte vorsichtig, weil er etwas Diffuses gespürt hatte. Seine Augen bestätigten
diese Ahnung: ihre Hand lag auf seiner Brust. Weich und flach ausgestreckt.
Susannah berührte ihn im Schlaf, so etwas tat man doch nicht mit jemandem, den
man verabscheute!
    Die
Sonnenstrahlen, die seine Nase kitzelten und Staubflocken tanzen ließen, waren
plötzlich nicht mehr lästig, sondern verheißungsvoll. Ganz wach war er immer
noch nicht, er wollte diesen Tag noch nicht ankommen lassen. Stattdessen rieb
er seine Nase an ihrem Oberarm, saugte ihren Duft ein, schloss die Augen wieder.
Er war noch dämmrig, wollte weiterschlafen, so schön warm und geborgen, ihre
seidige Haut neben sich. Einfach nur schlafen, nichts denken, nur hier liegen,
neben ihr, nicht hinausgehen in seine Welt mit all den Nöten und Intrigen.
    Er
bewegte sich ein klein wenig, da biss sich ein seltsamer Wundschmerz in seinen
Rücken. Nicht stark und nicht groß, aber durchdringend genug, um sein
Festhalten am Halbschlaf unmöglich zu machen.
    Plötzlich
fiel es ihm ein. Alles. Der ganze gestrige Tag brach

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