Nuerburghoelle
Zeitungsberichts. Kurz und knapp wurde darin geschildert, dass im Schilfgürtel des Schalkenmehrener Maars eine Leiche gefunden worden war. Es handelte sich bei dem Toten um einen Mann zwischen 30 und 50. Nähere Einzelheiten wollte die Polizei am nächsten Tag mitteilen. Unter der Meldung stand das Kürzel si.
Wahrscheinlich das Kürzel von Siggi, wie Böhnke vermutete.
Auf Blatt Nummer zwei fand sich die Kopie eines großen Artikels, der mit einem Bild des Maars verbunden war. Die Leiche sei durch Zufall von Spaziergängern gefunden worden, berichtete Siggi. Bei dem Toten handele es sich um einen Mann, der in Aachen gemeldet war. Nach dem Personalausweis, den er bei sich trug, handelte es sich um einen gewissen Wolfgang Sch. Der Tote müsse, so das erste Ergebnis der medizinischen Untersuchung, wohl mehrere Wochen im Wasser gelegen haben. Eine Vermisstenmeldung habe es nicht gegeben. Auch sei in keinem Hotel in der Vulkaneifel ein Wolfgang Sch. aus Aachen als Gast registriert. Die weitere Recherche habe ergeben, dass der Tote offenbar im benachbarten Belgien in einem kleinen Ort in den Ardennen Urlaub gemacht hatte. Dort sei er als Gast bekannt gewesen, der gerne zu viel trank und dann ausfallend wurde. Offenbar war ihm seine Trunksucht zum Verhängnis geworden. Er hätte den Urlaub allein angetreten, allerdings häufiger wechselnden Damenbesuch erhalten.
Als Notiz hatte Siggi am Rand des Artikels ›Hobbynutten‹ geschrieben.
In dem Artikel, der auf dem dritten Blatt kopiert war, stellte Siggi neue Erkenntnisse dar, die er gesammelt hatte.
»Der ist gut«, meinte Böhnke anerkennend nach dem ersten Lesen. »Woher weiß der das alles?«
»Der ist nicht besser als ich!«, schnaubte Bahn. »Der ist höchstens genauso gut wie ich. Aber nur, wenn ich ihm wohlgesonnen sein sollte. Ist doch klar, woher er die Informationen hat. Die bekommt er von seinen Freunden bei der Polizei, der Feuerwehr, den Hotelbesitzern und Kneipiers gesteckt und von seinen Lesern. Der braucht dann die Infos alle nur noch zusammenfügen. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viel die Leser wissen und wie mitteilungsbedürftig sie sind, wenn man mit ihnen bekannt ist. Und Siggi ist da unten zwischen matschigem Schnee und schlafenden Vulkanen bekannt wie ein bunter Hund.«
Böhnke glaubte, aus Bahns Lob ein wenig Neid herauszuhören, konzentrierte sich aber wieder auf den Artikel.
Danach hatte Wolfgang Sch., von seinen Freunden ›Wolle‹ genannt, mit einer jungen Frau, wieder hatte Siggi ›Hobbynutte‹ an den Rand geschrieben, an einem Wochenende Schalkenmehren besucht. Die beiden hätten sich beim Schützenfest köstlich amüsiert. In einer Schießbude hätte Wolle für seine Urlaubsbekanntschaft sämtliche Preise abgeräumt. Am nächsten Tag habe er am Wettbewerb der Schützenbruderschaft teilgenommen und beim Preisschießen den Hauptpreis erzielt: ein Gutschein für eine 14-tägige Reise für zwei Personen nach Mallorca. Wolle habe, so schrieb Siggi, seinen Erfolg ausgiebig gefeiert. Er soll am Abend allein durch den Ort und entlang des Maars torkelnd gesehen worden sein. Dazu bemerkte Siggi am Rand: ›Die Hobbynutte aus Belgien ist wahrscheinlich abgehauen.‹ Und: ›Wolfgang Sch. steht für Wolfgang Schulz.‹ Wolle war wohl unbemerkt ins Wasser gefallen und ertrunken. Es gab jedenfalls keine Hinweise auf eine Fremdeinwirkung. Dies sei auch durch die Obduktion in der Gerichtsmedizin festgestellt worden.
Das nächste Blatt enthielt einen kleinen Beisteller, der zu dem großen Artikel auf dem vorherigen gehörte. Darin schrieb Siggi, es hätte sich inzwischen bestätigt, dass es sich bei dem Toten um Wolfgang, genannt Wolle, Sch. aus Aachen handele. Der 36-Jährige sei als Kfz-Mechaniker in einer Autowerkstatt im Aachener Stadtteil Vaalserquartier angestellt, die auf das Tuning von Tourenwagen im Automobilrennsport spezialisiert sei und in Rennfahrerkreisen einen guten Ruf genieße. Tragisch sei, dass nur kurze Zeit vorher der Chef von Wolle Sch. während eines Rennens auf dem Nürburgring auf furchtbare Art und Weise bei einem Unfall ums Leben gekommen sei. Wolle Sch. war ledig, kinderlos und arbeitete schon seit einigen Jahren in der Autowerkstatt.
Auf dem letzten Blatt hatte Siggi seine persönliche Einschätzung und weitere Recherche-Ergebnisse aufgeschrieben:
›Wenn ihr mich fragt, so glaube ich, dass der Typ tatsächlich mit besoffenem Kopp in das Maar gefallen und abgesoffen ist.
Wie ich herausbekommen habe,
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