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Nuhr, Dieter

Nuhr, Dieter

Titel: Nuhr, Dieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuhr auf Sendung
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gleich ...« Das ist eine bewährte psychische
Vernichtungsstrategie.
    Da merkt man, wie der Mensch in seiner Natur ist, eine Art
Wildschwein mit Führerschein. Der Mensch, von der Evolution geprägt, will sein
Revier verteidigen. Und wenn man wissen will, wie der Mensch ist, sollte man
daher niemals ein Buch lesen oder ins Theater gehen - Kultur ist dafür völlig
ungeeignet. Fahren Sie auf die Autobahn, und dann mit 70 auf der Mittelspur.
Dann wissen Sie Bescheid!
     
    Sommerschlussverkauf 4. August 2003
    Ich bin in tiefer Trauer. Dieses Jahr ist vielleicht der
letzte Sommerschlussverkauf, und das ist schade. Wo kann man schon mal so
viele Hausfrauen in Ekstase dabei beobachten, wie sie schon morgens früh um
neun ihre Körper aneinanderreihen, in Erregung auf den Höhepunkt hinarbeiten,
wenn sich alle Türen öffnen und orgiastische Schnäppchenjägerinnen sich auf den
Wühltischen aufeinanderwerfen!
    Diese Bilder jedes Jahr erinnern mich immer an die Fütterung
im Zoo. Da hat das Säugetier ja auch das Gefühl, dass es jetzt was umsonst
gibt. Wobei ein Affe oder selbst ein Hängebauchschwein natürlich zivilisierter
vorgehen als der Mensch. Ist doch klar: Bei Menschen gibt's den Schlussverkauf
ja nur zweimal im Jahr. Und da dreht er eben durch.
    Bei Tieren wird die Reihenfolge beim Schnäppchenjagen
durch das Sozialgefüge festgelegt, der Dickste kriegt zuerst. Im Schlussverkauf
gilt: Wer zuerst kommt, kriegt die Steingutkaffeetasse für 99 Cent. Das ist
demokratisch und gerecht. Aber auch bekloppt. Denn wieso kauft ein
intelligentes Säugetier Steinguttassen für 99 Cent, wenn es schon ein
komplettes Service zu Hause hat? Weil der Mensch denken kann, und deshalb
denkt er: »99 Cent, da spare ich was.« Das ist natürlich falsch. Denn der
Mensch hat nicht gespart, sondern 99 Cent verloren. Das ist blöd!
    Das beweist, dass der Mensch geistig weit hinter einem
Hängebauchschwein hinterherhinkt. Denn das Hängebauchschwein sagt sich: »Eh ich
mich früh morgens mit 1000 wahnsinnigen Hausfrauen in den Schlussverkauf
stürze, suhle ich mich lieber im Dreck - und trinke aus einem Schlammloch. Da
brauche ich gar keine Steingutkaffeetasse.« Das ist intelligent! Und preiswert.
    Ein Hängebauchschwein trägt im Übrigen auch keine
Stringtangas für 1,99 Euro, weil das auch komisch aussähe. Man soll nur Dinge
tragen, die man auch tragen kann, auch wenn es billig ist. Das würde ich gerne
allen mit auf den Weg geben. Bauchfreie Tops für 2,99 sind 2,99 zu teuer, wenn
man 82 Kilo auf 1,60 Meter hat. Da ist dann einfach zu viel Bauch frei. Nein,
auch 1,99 ist zu viel. Ich wäre bereit, vielen Menschen 1,99 Euro zu schenken,
würden sie es dafür unterlassen, die im Schlussverkauf gekauften Schnäppchen
auch anzuziehen. Radlerhosen sollte man nur tragen, wenn man auch noch auf ein
Rad passt. Dies nur als kleiner Tipp, guter Rat ist ja billig. Ein echtes Schnäppchen
...
     
    Kein Sprachführer 11. August 2003
    Wenn man in Urlaub fährt, sollte man nichts vergessen,
außer dem Sprachführer. Am besten sollte man gar keinen mitnehmen, denn es hat
keinen Sinn. Bitte, schlimm genug, wenn man keine Fremdsprache kann. Aber schlimmer
noch ist es, so zu tun, als könnte man sie, indem man eine Frage auswendig
lernt, um dann bei der Antwort doof in der Gegend rumzuglotzen. Ich weiß das:
Ich bin selber doof, was Fremdsprachen angeht. Ich habe selber erst zehn Jahre
nach dem Abitur gemerkt, dass man auf der Schule auch etwas Sinnvolles wie
Italienisch hätte lernen können.
    Was habe ich gelernt? Latein. Ich Depp. Ich habe bisher in
ganz Europa niemanden getroffen, der Latein spricht. Ich habe mal in Rom eine
Unterhaltung mit den Worten »Agricola laborat« begonnen. Da haben die Römer
geglaubt, ich käme aus Finnland.
    »Agricola laborat« war der einzige Satz, den ich in Latein
jemals richtig übersetzt habe. Dann brach das Römische Reich zusammen - und die
Bauern arbeiteten ja seitdem auch nicht mehr, zumindest nicht mehr auf dem
Feld. Der Bauer heute arbeitet im Büro an den Anträgen für die
EU-Agrarbeihilfen, übrigens auch eine Form von Latein, aber eine andere.
    Wenn man keine Fremdsprache kann, soll man nicht versuchen,
zu simulieren. Nichts ist schlimmer, als wenn ein Tourist im Angesicht der
Speisekarte erst mal seinen Sprachführer rausholt, einen völlig
unverständlichen italienischen Satz mit sächsischem Akzent daherstammelt, und
den Kellner ins Rätseln bringt: »Welche Sprache spricht der Mann?« Er hat ja
selbst

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