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Nur dein Leben

Nur dein Leben

Titel: Nur dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Vorfall mit der Wespe, von der Sondersprache, die die Kinder entwickelt hatten, von Reggie Chetwynde-Cunninghams Ansichten über ihre linguistische Hochleistung, von ihrer Aufregung am Samstag im Zoo und ihrer noch größeren Begeisterung, als sie gestern, am Sonntag, in einem Zoogeschäft jedem von ihnen ein Meerschweinchen gekauft hatten.
    Von seinem Verdacht, dass die Kinder mitten in der Nacht an seinem Computer Schach spielten, sagte er nichts, da er ihn bisher nicht einmal mit Naomi geteilt hatte.
    Als sie geendet hatten, schien sich die unverbindliche Haltung von Sheila Michaelides ein wenig verändert zu haben. Mit ausgesprochen skeptischem Blick sah sie abwechselnd John und Naomi an. »Das mit dieser Sprache, in der sie sich angeblich unterhalten – glauben Sie das wirklich?«
    »Selbstverständlich«, antwortete John.
    »Aber was Sie mir da erzählen, klingt ganz unglaublich.«
    »Sicher«, erwiderte Naomi, »aber falls es nun eine Form von Autismus wäre …«
    Die Psychologin schüttelte den Kopf. »Schon ein Kind mit autistischen Zügen, das dazu noch zu solchen außergewöhnlichen mathematischen Leistungen fähig wäre, wäre unwahrscheinlich. Zwei sind undenkbar.«
    »Selbst, wenn es eineiige Zwillinge wären?«, fragte Naomi.
    »Phoebe und Luke sind keine eineiigen Zwillinge«, erwiderte die Psychologin.
    »Wie erklären Sie sich dann ihr Verhalten?«, fragte John.
    Sheila Michaelides legte den Kopf schief. »Sind Sie sicher, dass die Leistungen der Zwillinge nicht nur auf Ihren Wunschvorstellungen beruhen?«
    Gereizt entgegnete Naomi: »Was wollen Sie damit sagen?«
    Die Psychologin betrachtete einen ihrer Fingernägel. »Meinem ersten Eindruck nach halte ich Sie für überaus ehrgeizige Eltern. Das schließe ich aus der Art und Weise, in der Sie von Ihren Kindern erzählt haben. Sie sind Akademiker, Dr. Klaesson, und Sie, Mrs. Klaesson, offenbar eine sehr intelligente Frau. Ich glaube, dass Sie besonders hohe Erwartungen in Ihre Kinder setzen. Liege ich da richtig?«
    Naomi kam John zuvor und erwiderte: »Ich erwarte überhaupt nichts.«
    »Wir wollen nur, dass sie normal heranwachsen«, ergänzte John.
    »Normal und gesund«, betonte Naomi.
    Die Psychologin kaute einen Augenblick auf ihrem Nagel und sagte dann: »Sie haben Ihren Sohn Halley verloren, als er vier Jahre alt war. Sie haben ihn über alles geliebt. Sind Sie sicher, dass Sie nicht irgendetwas in Ihren Zwillingen suchen, was sie zu etwas Besserem macht als ihn, als eine Form der Kompensation?«
    Naomi explodierte. »Das ist doch lächerlich! Vollkommen lächerlich!«
    »Absolut!«, bekräftigte John. »Hören Sie, wir wollen unsere Kinder doch nur verstehen lernen, deswegen sind wir hier – und Sie machen uns Vorwürfe!«
    »Nein, das tue ich nicht. Ich sage nur, dass Ihre Behauptung, die Zwillinge sprächen rückwärts und ließen dabei jeden vierten Buchstaben aus, einfach nicht stimmen kann! Das gibt es nicht! Damit schreiben Sie Ihren Kindern eine Fähigkeit zu, die kein Mensch auf der Welt besitzen kann. Denken Sie nur mal an die zugrunde liegende Mathematik.«
    »Also, welche Erklärung haben Sie dafür?«, wiederholte John.
    »Ich habe keine. Glauben Sie mir, ich wünschte, ich hätte eine.« Sie sah John und Naomi verbiestert an.
    Naomi hatte das Gefühl, selbst auf den Prüfstand gestellt zu werden und reagierte verwirrt. »Aber wie kann ein Linguist uns das eine erzählen, und Sie behaupten dann etwas ganz anderes?«
    Die Psychologin nickte, schweigend und in Gedanken versunken. Dann sagte sie: »Kennen Sie den Begriff der
Epistemic boundedness

    »Epistemic boundedness?«,
wiederholte Naomi kopfschüttelnd.
    »Ja«, sagte John, »ich weiß, was das bedeutet.«
    »Könnten Sie es Ihrer Frau erklären?«
    John zuckte mit den Schultern, überlegte einen Moment und wandte sich dann an Naomi. »Grundsätzlich bedeutet er, dass die menschliche Intelligenz bestimmte Grenzen aufweist. Über ein gewisses Niveau hinaus kann sie nicht steigen. Diese Grenzen sind biologisch festgelegt. Dasselbe gilt auch für andere Fähigkeiten und Eigenschaften des Menschen.«
    Er sah die Psychologin fragend an. Sie nickte und bedeutete ihm, fortzufahren.
    »Zum Beispiel die Vierminutenmeile. Wir wissen, dass man diese Grenze um wenige Sekunden unterschreiten kann, aber kein Mensch wird je eine Meile in einer Minute laufen, wahrscheinlich nicht einmal in drei.« Er wechselte einen unbehaglichen Blick mit Naomi.
    Ihr Gesichtsausdruck

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