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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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auf die alte Skandalgeschichte näher einzugehen. Palmer wusste auch so, worauf sie hinauswollte. Vor Jahren hatte er bei jeder sich bietenden Gelegenheit Mitschülerinnen von der Highschool zur Jagdhütte seines Vaters abgeschleppt. Es geschah das Unausweichliche; die Sache wurde mit Geld geregelt, und Palmer hatte noch einmal Glück gehabt, was man von dem armen Mädchen nicht behaupten konnte. Cara vermochte sich nicht an den Namen zu erinnern, Palmer sicher auch nicht, da wäre sie jede Wette eingegangen. Manches ändert sich eben nie, dachte sie, am Ende zahlt stets das Mädchen die Zeche.
    Eine peinliche Stille entstand, die Palmer zum Austrinken seines Glases nutzte, während Cara tief Luft holte. Für sie war der Abend gelaufen.
    „Ich glaube, für diesen Abend reicht es mit der Reise in die Vergangenheit“, verkündete sie. „Mama hat beschlossen, im Sommerhaus zu bleiben und es mit ihrer Mitbewohnerin zu teilen. Und soweit ich das beurteilen kann, ist Toy eine anständige, fleißige junge Frau, die ihre Sache gut macht. Sogar ausgezeichnet – was man von mir die letzten paar Tage nicht behaupten kann.“ Sie schaute Lovie an. „Entschuldige, Mama, dass mit mir kürzlich nichts Gescheites anzufangen war. Aber das schöne Essen heute Abend und unser Schlagabtausch haben offenbar meine Lebensgeister wieder geweckt. Ich habe nicht vergessen, wer ich bin und aus welchen Gründen ich damals überhaupt von hier fortging. Nichts für ungut, Palmer, aber eins möchte ich gern loswerden: Du hast dich haargenau zu einem solch hartherzigen Chauvi entwickelt, wie Daddy einer war. Da stehst du ihm in nichts nach. Man kennt dich ja kaum wieder!“
    Einen Augenblick lang saß Palmer wie vom Donner gerührt da. Dann verhärteten sich seine Züge, und als er sprach, war seine Stimme tief und frostig, auch wenn er ein charmantes Lächeln aufsetzte. „Pech, dass ich bei dir so tief gesunken bin. Aber Tatsache ist, liebe Schwester, dass du seit geraumer Zeit von der Bildfläche verschwunden bist, deinen eigenen Lebensstil gewählt hast, dich um deine eigenen Angelegenheiten kümmerst. Und mir fiel die Aufgabe zu, mich deiner Mutter anzunehmen.“
    Cara platzte der Kragen. „Du behandelst sie doch wie ein Kind! Du bist ihr Sohn, nicht ihr Ehemann! Du solltest etwas mehr Respekt vor ihr haben! Schließlich handelt es sich um
ihr
Geld! Mama ist durchaus in der Lage, ihre finanziellen Angelegenheiten selbst zu regeln. Mir scheint, es macht dir Spaß, sie herumkommandieren zu können. Auch in dieser Hinsicht ähnelst du Daddy!“
    Palmer erstarrte. Es tat Cara weh, ihn so zu sehen, auch wenn sie von ihren Vorwürfen nichts zurückzunehmen hatte. Doch sie erkannte in seinen Zügen den Jungen wieder, der er einmal gewesen war. Allmählich verzog Palmer seinen Mund zu einem förmlichen Lächeln.
    „Ich tue nur meine Pflicht als Sohn. Frag sie doch!“
    Cara drehte sich zu ihrer Mutter um.
    „Du weißt doch, wie wenig ich mir aus Zahlen mache“, bestätigte Lovie kleinlaut. Es kam Cara so vor, als sacke ihre Mutter immer stärker zusammen.
    Palmer nahm den Faden wieder auf: „Du vergleichst mich mit Daddy, Cara? Nun, möglicherweise hast du nicht ganz Unrecht. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm – heißt es nicht so? Aber du kannst sagen, was du willst, eins lässt sich nicht wegdiskutieren: Während du oben in Chicago lebtest, war ich hier, musste mich mit seiner penetranten Trunksucht und seinen unverhohlenen Gemeinheiten herumschlagen. Nach seinem Tod hat Julia das gesamte Haus streichen lassen, weil es keine andere Möglichkeit gab, den Gestank nach Schnaps und kaltem Zigarrenqualm loszuwerden. Ich bin hier bei Mama geblieben, habe auf sie aufgepasst. Du weißt genauso gut wie ich, dass es mir beileibe nicht allein ums Geld geht.“ Mittlerweile war er so aufgebracht, dass seine Augen sie boshaft anfunkelten. „Er hat die Firma nicht dir übertragen, sondern mir! Und wieso? Nicht, weil er mich mehr mochte, das ist jedem klar“, stellte er bitter fest. „Sondern weil du ihm die kalte Schulter gezeigt hast, ihm und allem hier, weil du ihm die Brocken vor die Füße geworfen hast. Das hat er dir nie verziehen.“
    Beide starrten sich in stummer Abneigung an.
    „Und ich“, erwiderte Cara nach einer Weile, „hab ihm nie verziehen, wie er mit uns Kindern umsprang. Oder wie er dich behandelt hat, Mama.“
    Lovie blickte zu Boden. Cara fand es unerträglich, wie sehr ihre Mutter zusammengesunken war. Es tat ihr

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