Nur eine Liebe
manchmal oder sind anderer Meinung, aber das ändert nichts daran, dass ich dich liebe.«
Was für ein mächtiges Gefühl die Liebe war, imstande, Zeit und Entfernung und Streit zu widerstehen. Kein Wunder, dass ich es mir so sehr wünschte. »Ich habe nicht vergessen, dass Li dir eingehämmert hat«, fuhr er fort, »Seelenlose könnten nicht lieben.« Er hob unsere verschränkten Hände an die Brust. »Ich habe nicht vergessen, wie du versucht hast wegzulaufen, als du an jenem Tag in der Hütte versehentlich das Wort ›Liebe‹ ausgesprochen hast.«
Ich konnte es auch nicht vergessen, als er mich gefragt hatte, was mich glücklich mache, und ich geantwortet hatte: Musik . Das Wort war ein Ausrutscher gewesen, ich wusste, dass ich es nicht benutzen sollte.
Liebe. Ich hatte gesagt, dass ich Dossam liebe, seine Musik.
Damals hatte ich noch nicht gewusst, dass Sam Dossam war.
Er küsste meine Finger. »Du denkst vielleicht, du seist nicht fähig zu lieben, aber ich spüre, dass du es bist. Ich weiß , dass du es bist.« Sein warmer Atem streifte meine Haut. »Aber fühl dich nicht gedrängt oder unter Druck gesetzt. Ich kann warten, wenn du Zeit brauchst.«
Wie konnte er so sicher sein, wenn ich kaum seine Gefühle für mich akzeptieren konnte? »Es hilft. Zu wissen, dass jemand«, ich brachte all meinen Mut auf, »mich lieben kann, hilft.«
Er lächelte erleichtert. »Ich werde es dir so oft sagen, wie du es hören musst, damit du nie daran zweifelst.« Er berührte mich an der Wange. »Hundert Mal? Tausend?«
»Wenn du jetzt damit anfängst, sage ich dir dann Bescheid.« Ein Teil von mir wollte wieder weinen, nicht aus Angst oder Ungläubigkeit, sondern vor Glück. So unglaublich es war, Sam – Dossam – liebte mich, und er wollte, dass ich es verstand. Dass ich es glaubte.
Ich war Ana, die Liebe hatte.
Sam fuhr mir durchs Haar. »In Ordnung.« Seine Stimme war unbeschwert und tief und offen. »Ich liebe dich, weil du klug bist. Ich liebe dich, weil du talentiert bist.« Er berührte mich am Kinn. »Ich liebe dich, weil du ein perfektes Lächeln hast. Ich liebe dich, weil du dir auf die Lippe beißt, wenn du nervös bist, ich finde das total süß.«
Ich senkte das Gesicht. »Sprich weiter.«
»Ich liebe dich, weil du gut und ehrlich bist. Ich liebe dich, weil du tapfer bist.« Sein Ton veränderte sich, füllte sich mit einer Melodie, die mich innerlich erschauern ließ. »Ich liebe dich, weil du stark bist. Ich liebe dich, weil du dich von nichts davon abhalten lässt, das zu tun, was richtig ist.«
Er fuhr fort und berührte beim Sprechen meine Hände und mein Haar. Seine Worte entfachten ein Feuer in mir. Jeder Laut, jeder Buchstabe wurde mir vertraut. Ich prägte mir die Weichheit in seiner Stimme ein und die Art, wie er »liebe« jedes Mal anders und doch jedes Mal gleich klingen ließ.
Vielleicht hatte er recht: Ich brauchte nicht zu entscheiden, ob ich lieben konnte. Nicht jetzt. Ich brauchte nur die Vorstellung zu akzeptieren und zu genießen, dass jemand anderer mich lieben konnte.
KAPITEL 13
Dschungel
Cris sagte, er würde uns gerne dazwischenschieben, daher gingen Sam und ich am nächsten Nachmittag durch die Stadt zum nordöstlichen Viertel.
Der Gang über den Marktplatz war begleitet von nicht weniger als drei unflätigen Gesten, zwei Steinen – von denen Sam einen auffing, bevor er mich traf – und mindestens einem Dutzend vernehmlicher Gespräche, in denen es um meine Beziehung zu Sam oder den Sylphen ging.
Ich hielt den Kopf gesenkt, während er uns durch die Menge schleuste, und entspannte mich erst, als wir die Nordallee erreichten. »Wie verdient sich jemand mit Gartenarbeit seinen Lebensunterhalt?«, fragte ich, denn ich wollte nicht über das reden, was die Leute über mich sagten.
Sam warf mir einen schiefen Blick zu, ließ mich aber das Thema vermeiden. »Genau wie mit Musik. Er baut an, was Menschen wollen. Seine Leidenschaft gilt Rosen, aber er arbeitet auch auf landwirtschaftlichem Gebiet. Es gibt niemanden, der mehr über Anbauzeiten weiß, welches Getreide wo zu pflanzen ist und wann man die Erntedrohnen ausschicken muss.«
»Klingt so, als würde die Stadt ohne ihn verhungern.«
»Wahrscheinlich.« Stolz und Respekt schwangen in seiner Stimme mit. »Aber er gibt auch Unterricht oder hilft, wenn jemand seinem Privatgarten scheinbar irreparablen Schaden zugefügt hat.«
Und hatte Cris nicht gesagt, er würde den Genetikern bei der Forschung helfen, indem er
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