Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep
Frucht seiner Bemühungen?, fragte sich Gemma. Als wohlverdienten Lohn?
Martin und Pascal steuerten sofort auf das Haus zu, Martin mit etwas schwankendem Schritt, als sei er noch nicht ganz aus seinem whiskyseligen Schlummer erwacht, Pascal dagegen mit dem festen Gang eines Mannes, der weiß, was er will.
Gemma jedoch blieb noch einen Moment lang stehen und ließ den Blick über das Haus und das Grundstück schweifen, die im hellen Schein der Nachmittagssonne dalagen. Es war die Tageszeit, in der all die Mängel und Unvollkommenheiten sichtbar wurden, die im sanfteren Morgen- und Abendlicht nicht weiter auffielen: ein Haufen Bauholz, der an einer Wand der Scheune aufgeschichtet war, deutete auf nicht abgeschlossene Umbauarbeiten hin; ein halbes Dutzend Löwenzahnbüschel durchbrach die glatte Fläche des Rasens; über der Hintertür bröckelte an einer Stelle der Rauputz. Irgendwie fand sie das alles beruhigend, diese Spuren des Alltags inmitten der künstlichen Vollkommenheit des Ferienparadieses von Innesfree.
Das wirkliche Leben wartete zu Hause – auf sie und auf Hazel. Sie holte tief Luft und machte sich auf den Weg zur Scheune, entschlossen, Hazel diesmal nicht so leicht davonkommen zu lassen und sie zu zwingen, den Tatsachen ins Auge zu sehen.
Doch als sie ihr gemeinsames Zimmer betrat, fand sie es leer. Beide Betten waren frisch bezogen, die Federbetten aufgeschüttelt. Hazels Reisetasche war geschlossen, ihre wenigen Toilettengegenstände auf der Kommode ordentlich aufgeräumt. Nur eine benutzte und flüchtig ausgespülte Teetasse verriet, dass jemand sich in dem Zimmer aufgehalten hatte.
Wenigstens war Hazel nicht bei Donald; dessen konnte Gemma sicher sein. Sie würde im Haus nach ihr suchen. Aber zunächst nahm sie ihr Handy aus der Handtasche und tippte ihre Nummer in London ein. Plötzlich zu nervös, um stillsitzen zu können, ging sie im Zimmer auf und ab, während es läutete. Der Rufton klang blechern und weit weg.
Wo waren sie bloß? Sie stellte sich Duncan und die Jungen im Park vor, oder in Ottos Café beim Nachmittagstee, und wieder wurde sie von Heimweh gepackt, vermischt mit einem vagen Gefühl der Beunruhigung.
Warum hatte Duncan gestern so spät noch telefoniert? Und warum war er nicht an sein Handy gegangen? War er vom Yard zu einem Einsatz gerufen worden, der alle seine Pläne für ein Wochenende mit den Jungs zunichte gemacht hatte?
Oder war etwas anderes passiert? Aber in dem Fall hätte Duncan sie doch sicherlich angerufen, sagte sie sich, um sich zu beruhigen. Und dennoch wurde sie die quälende Ahnung nicht los, dass etwas nicht in Ordnung war. Sie hätte es am Abend noch weiter versuchen sollen; sie hätte ihn gleich heute früh wieder anrufen sollen.
Sie hätte die drei gar nicht allein lassen sollen.
Gemma betrat das Haus durch die Vordertür und schloss sie behutsam hinter sich. In der Diele roch es nach Blumen und Möbelpolitur, doch drinnen war alles still, als ob das ganze Haus Siesta hielte.
Sie warf einen Blick ins Wohnzimmer und fand es ebenfalls leer. Im Kamin war neues Holz aufgeschichtet, doch es brannte kein Feuer, und die nach dem geselligen Abend zerknautschten Sofakissen waren frisch aufgeschüttelt. Man hätte meinen können, das Zimmer sei ein Bühnenbild, das nur auf den Beginn des Stücks wartete.
Gemma steuerte die Küche an, weil sie dachte, die anderen Kursteilnehmer hätten sich vielleicht schon dort versammelt, als sie plötzlich aus dem Esszimmer Stimmen hörte. Eine davon erkannte sie sofort – es war Hazel. Die andere war auch eine weibliche Stimme, mit englischem Akzent, und sie klang wütend. Louise.
»Ich weiß ja, dass du nicht damit einverstanden warst, dass ich komme«, sagte Hazel gerade, »aber du kannst doch sicher verstehen –«
»Verstehen?«, fuhr Louise sie an. »O ja, ich verstehe, dass du einfach so wieder in unser Leben hereinspazieren kannst, als ob du nie weg gewesen wärst. Und dass wir alle gefälligst die verlorene Tochter mit offenen Armen zu empfangen haben, ganz egal, was für einen Trümmerhaufen du beim letzten Mal hinterlassen hast.«
»Aber ich – Louise, du begreifst einfach nicht. Ich hatte keine Wahl –«
»Wirklich nicht?« Louises Stimme war schneidend wie eine Rasierklinge. »Bist du nicht vielleicht bloß den Weg des geringsten Widerstands gegangen? Einfach weglaufen und nur nicht an die Folgen denken, wie?«
»Aber – Donald – Donald hatte doch die Brennerei –«
»Donald war am Boden
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