Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep
Donald tot. Ich kann nicht glauben, dass er tot ist. Was soll ich nur ohne ihn tun?« Sie begann zu weinen, mit dem trockenen, harten Schluchzen einer Frau, die sich nicht oft in befreiende Tränen flüchtet und daher nicht gelernt hat, es unauffällig zu tun.
Zu Gemmas Überraschung war es nicht Pascal, der auf sie zuging, um ihr Trost zu spenden, sondern John. »Ist ja schon gut, Mädchen«, beruhigte er sie und schob sie sanft auf ihren Sessel zurück. Er griff nach der Whiskyflasche auf dem Sideboard und schenkte ihr einen kräftigen Schluck ein. »Hier, trink ein Gläschen auf den Schock. Wir sollten alle ein Gläschen trinken.« Er goss sich selbst einen Whisky ein und leerte das Glas in einem Zug.
Louise streckte die Hand aus, als wollte sie ihn daran hindern. »John, bist du sicher, dass das –«
»Es ist mir gleich, ob es
klug
ist. Er war mein Freund, ein guter Mann. Und er ist tot.« Er begann Whisky in die Gläser zu gießen, die auf dem Tablett standen.
Gemma nahm eines, ging zu Hazel zurück und kniete sich neben sie. Das scharfe Aroma des Whiskys stieg ihr in die Nase und setzte sich in ihrer Kehle fest. »Komm, trink einen kleinen Schluck«, flüsterte sie. »John hat Recht. Es wird dir gut tun.« Hazels Hand zitterte, als sie das Glas nahm, und sie stieß mit den Schneidezähnen gegen den Rand. »Hazel«, fuhr Gemma mit sanfter, aber eindringlicher Stimme fort, während das Gespräch um sie herum wieder in Gang kam, »wo bist du heute Morgen mit dem Auto hingefahren?« Sie musste es wissen, bevor die Polizei sie danach fragte.
»Zum Bahnhof. Ich wollte nach Hause fahren, ohne auf Wiedersehen zu sagen. Ich konnte Donald nicht mehr unter die Augen treten, nach allem, was gestern Abend –«
»Du hast ihn also heute Morgen gar nicht gesehen?«
»Nein. Erst… erst, nachdem du mir gesagt hast –« Hazel hielt sich die Faust vor den Mund und begann lautlos zu weinen. Die Tränen strömten ihr ungehemmt über die Wangen, und Gemma lehnte sich zurück, benommen von der Woge der Erleichterung, die sie durchströmte.
Nachdem Gemma aufgelegt hatte, ließ Kincaid sein Frühstück stehen und ging nach oben, um nach Kit zu sehen, der noch immer nicht aufgetaucht war. Er fand den Jungen in seinem Zimmer, wo er in einem alten T-Shirt im Schneidersitz auf dem Bett saß und in einem seiner Harry-Potter-Romane las.
»Bist du schon fertig mit
Entführt
?«, fragte Kincaid, indem er den Schreibtischstuhl näher ans Bett zog und sich setzte. Falls er daran gedacht hatte, eine Bemerkung über die Parallelen zwischen den verwaisten Helden der beiden Bücher fallen zu lassen, belehrte ihn der Anblick des Fotos von Kits Mutter auf dem Nachttisch sogleich eines Besseren.
Gemma hatte Kit den Bilderrahmen zu Weihnachten geschenkt, und bis zu diesem Morgen hatte das Foto unauffällig in einer Ecke von Kits Schreibtisch gestanden.
Kit zuckte mit den Schultern und fixierte weiter sein Buch, doch Kincaid konnte sehen, dass er nicht las.
»Du bist nicht zum Frühstück runtergekommen«, setzte Kincaid erneut an. »Du bist doch nicht etwa krank, oder?«
»Ich hol mir gleich meine Cornflakes.« Kit sah ihn immer noch nicht an. »Wo ist denn Tess?«
»Bettelt Toby an, dass er ihr was von seinem Toast abgibt. Ist ja ziemlich ungewöhnlich, dich mal ohne deinen Hausgeist zu sehen«, witzelte Kincaid und wurde mit einem Zucken um Kits Mundwinkel, einem unterdrückten Lächeln belohnt. »Hör mal, Kit«, fuhr er fort, ermutigt durch die Reaktion des Jungen, »ich muss heute Morgen mal kurz weg, zu Tim Cavendish. Es hat einen Unfall gegeben –«
»Nicht Gemma! Oder Tante Hazel!« Kit wurde kreidebleich, das Buch glitt ihm mit flatternden Seiten aus der Hand.
Kincaid verfluchte sein ungeschicktes Vorgehen und setzte eilig hinzu: »Nein, nein; es war ein Mann – einer der anderen Gäste in der Pension. Gemma hatte gerade einen Moment Zeit und hat angerufen, um mich zu bitten, Tim Bescheid zu sagen, bevor er es aus den Nachrichten erfährt und sich unnötige Sorgen macht.«
Kit schien sich zu beruhigen, doch Kincaid konnte noch immer die Schlagader unter der zarten Haut seiner Halsbeuge pulsieren sehen.
»Können sie denn heute heimkommen?«, fragte Kit. »Gemma und Hazel?«
»Ich weiß nicht. Ich schätze, sie werden noch ein Weilchen dableiben müssen, wenigstens so lange, bis die wichtigsten Fragen geklärt sind.«
»Dieser Mann – es war ein Mord, habe ich Recht? Kein Unfall?«
»Ja, es sieht danach aus –
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