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Oelspur

Titel: Oelspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Erler
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Schubladen öffnete oder hinter Bilderrahmen schaute. Trotz der Wärme in den Zimmern war mir kalt und ein bisschen schwindelig. Noch jemand hatte einen Schlüssel zu dieser Wohnung. Jemand, der etwas gesucht hatte. Mein Blick fiel auf Helens Bücherregale. Dekorativ und ordentlich wie immer. Alle Bücher an ihrem Platz. Auch Sofies Welt. Ich schloss die Augen und sah mich vor dem Regal stehen. Wie lange war das jetzt her? Ich hatte in dem Buch herumgeblättert, und eine kleine Karte war herausgefallen. Ich hatte sie aufgehoben und war damit zum Telefon gegangen. Und dann? Hatte ich das Buch ins Regal zurückgestellt?
    »Machst du noch mit?«
    Annas sarkastischer Tonfall klang so sehr nach Helen, dass ich erschrocken die Augen öffnete.
    »Wir müssen zur Polizei«, sagte ich.

Zehn
    W
    ie war es in Warnemünde?«, fragte Geldorf und blickte von seinen Unterlagen auf, in denen er minutenlang herumgekramt hatte.
    Anna und ich saßen vor seinem Monsterschreibtisch. Born auf der Schreibtischkante. Alles wie gehabt.
    »Ich wusste nicht, dass Sie …«, begann Anna.
    »Schauen Sie«, sagte Geldorf freundlich, »mit dem, was Sie alles nicht wissen, könnte man wahrscheinlich Bücher füllen. Was wollten Sie denn von Dr. Meiners? Und vor allem: Warum haben Sie mir nichts davon erzählt?«
    Anna kaute wütend auf ihrer Unterlippe, aber die Frage ging eindeutig an mich. Also erzählte ich ihm von der Visitenkarte und unserem Besuch im Institut. Und von dem Geruch.
    Geldorf hörte reglos zu und war jetzt offensichtlich stinksauer.
    »Machen Sie sich keine Notizen?«, fragte Anna. »Die Bullen, die ich kenne, schreiben dauernd irgendwas auf!«
    Geldorf knurrte.
    »Für die Witze sorge ich schon. Erzählen Sie mal die Geschichte!«
    Er starrte mich wütend an.
    »Was für ein Doktor sind Sie eigentlich? Meinen Sie wirklich, ein Seelenklempner und eine Punkerin seien so eine Art Dream-Team für polizeiliche Ermittlungen? Okay, Sie waren von Anfang an davon überzeugt, dass mit Frau Jonas’ Tod etwas nicht stimmt. Bloß weil sie Ihrer Meinung nach nicht freiwillig in eine kleine Kabine gegangen wäre und weil auf ihrem Computer nichts drauf ist. Sie hat verdächtigerweise noch ein Interview zum Thema Umweltschutz geführt. Und jetzt riecht es in ihrer Wohnung nach jemandem, der vielleicht einen kennt, der geraucht hat. Ich fass es nicht!«
    »Und was ist mit der Einstichstelle am Arm?«, fragte Anna.
    »Ach ja, die Einstichstelle. Das war das einzige konkrete Verdachtsmoment, und damit ist gar nichts mehr, weil die Pathologen nämlich nichts gefunden haben. Sämtliche Werte im Normbereich und nichts in ihrem Körper, das dort nichts zu suchen hat. Sie werden noch ein paar Untersuchungsergebnisse abwarten, aber der Staatsanwalt will die Sache abschließen.«
    »Und was wollen Sie?«, fragte ich.
    Geldorf stutzte und schien sich langsam zu beruhigen. Dann fing er an zu grinsen.
    »Angeln!«, sagte er. »Am liebsten würde ich den ganzen Tag nur angeln, aber das interessiert kein Schwein. Genauso wenig wie meine Meinung in diesem Fall. Wenn der Staatsanwalt nicht zufällig ein Fan von Frau Jonas wäre, hätte er mich nicht einmal angehört.«
    »Ich wein gleich«, sagte Anna, die offenbar zu ihrer alten Form zurückfand. »Sie scheißen uns hier zusammen, wegen ein paar Überlegungen, die eigentlich Ihre Aufgabe gewesen wären. Und weil wir mit einem ausrangierten Ökofreak ein Gespräch hatten. Nur – wenn alles völlig normal und easy ist, was soll dann die Aufregung? Warum gehen Sie dermaßen an die Decke? Wissen Sie, warum? Weil Ihre Bullennase Ihnen nämlich sagt, dass die Sache stinkt. Auch wenn die Hinweise noch so dürftig sind.«
    Born, der sich die ganze Zeit nicht gerührt hatte, blickte fasziniert von Anna zu Geldorf und genoss die Show. Aber Geldorf hatte genug. Er gab ein leises Grunzen von sich und schaltete auf seine alte joviale Tour zurück.
    »Meine Bullennase sagt mir, dass Sie Ihre Klappe noch mal so weit aufreißen, dass Sie hineinfallen. Dagegen ist der Politquatsch aus Ihrer Akte der reinste Kinderkram. Aber erwarten Sie nicht, dass ich dabei mitmache. Heute ist Montag. Ich denke, ab Mittwoch können Sie die Beisetzung Ihrer Schwester in die Wege leiten.«
    »Ich muss vorher nach Göttingen! Was dagegen?«
    Geldorf sah kurz zu Born hinüber und schüttelte daraufhin den Kopf.
    »Hören Sie, es tut mir leid, dass ich Ihnen nicht helfen kann. Wenn es irgendetwas Konkretes gäbe, einen Anhaltspunkt, ein Motiv.

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