Offenbarung
es,
und ihr werdet nicht mehr bekommen als das.«
»Geben Sie uns ein paar Stunden«, bat sie. »Mehr
verlangen wir nicht. Nur so viel Zeit, um das Schiff weit genug aufs
Meer hinauszubringen. Bitte, John.«
»Erzähl mir von dem Mädchen. Erzähl mir von
Aura.«
Antoinette runzelte die Stirn. Sie hatte das Kind erwähnt,
konnte sich aber nicht erinnern, jemals seinen Namen genannt zu
haben. »Aura geht es gut«, sagte sie vorsichtig.
»Wieso?«
»Was hat sie dazu zu sagen?«
»Sie findet, wir sollten den Musterschiebern vertrauen«,
antwortete Antoinette.
»Und sonst?«
»Sie spricht immer wieder von einem Ort – er heißt
Hela. Und von einem Mann namens Quaiche.«
»Das ist alles?«
»Das ist alles. Vielleicht hat es gar nichts zu bedeuten.
Aura kann nicht einmal direkt mit uns sprechen – es geht alles
über ihre Mutter. Ich glaube nicht, dass Scorpio die Sache allzu
ernst nimmt. Ich weiß auch nicht so recht, was ich davon halten
soll. Alle wünschen sich so sehr, dass Aura wirklich wertvoll
für uns ist, weil sie so viel für sie geopfert haben. Aber
wenn das nun gar nicht stimmt? Vielleicht ist sie einfach nur ein
Kind? Oder sie weiß zwar etwas, aber bei weitem nicht so viel,
wie alle von ihr erwarten?«
»Was denkt Malinin?«
Antoinette war überrascht. »Wieso gerade
Malinin?«
»Sie reden von ihm. Ich kann es hören. Ebenso, wie ich
von Aura hörte. Die vielen tausend Menschen in mir flüstern
und tuscheln. Sie brauchen einen neuen Führer. Es könnte
Malinin sein; oder auch Aura.«
»Auras Existenz wurde nie offiziell bekannt gegeben«,
sagte Antoinette.
»Und du glaubst, das macht einen Unterschied? Die Menschen
wissen Bescheid, alle. So etwas lässt sich nicht geheim halten,
Antoinette.«
»Wir haben bereits einen Führer«, sagte sie.
»Sie sehnen sich nach einer neuen Lichtgestalt, die ruhig
auch ein bisschen unheimlich sein darf. Nach jemandem, der Stimmen
hört und dem sie genügend vertrauen, um ihm in eine
ungewisse Zukunft zu folgen. Scorpio ist dieser Führer
nicht.« Der Captain hielt inne und streichelte mit den
Narbenfingern der anderen Hand seine Prothese. »Die Fenster
öffnen und schließen sich noch immer. Ich spüre
wachsende Ungeduld. Wenn Remontoire dahintersteckt, kann er uns
vielleicht nicht mehr viele Gelegenheiten zur Flucht bieten. Ich muss
bald handeln – sehr bald.«
Antoinette sah ein, dass sie ihre Zeit vergeudet hatte. Anfangs
hatte sie gedacht, er hätte sie an diesen Ort geführt, um
ihr eine neue Ebene des Vertrauens zu eröffnen, aber er war
keinen Millimeter von seiner Position abgewichen. Sie hatte ihren
Fall zwar vorgetragen, aber er hatte nur zugehört.
»Ich wäre besser nicht gekommen«, sagte sie.
»Antoinette, jetzt hörst du mir zu. Ich mag dich, du
ahnst nicht, wie sehr. Du hast mir immer Freundlichkeit und
Mitgefühl entgegengebracht. Ich mache mir Sorgen um dich, und
ich möchte, dass du überlebst.«
Sie sah ihm fest in die Augen. »Und, John?«
»Du kannst gehen. Noch hast du Zeit dafür. Aber nicht
mehr lange.«
»Danke«, sagte sie. »Aber – wenn Sie nichts
dagegen haben – ich komme lieber mit.«
»Besondere Gründe?«
»Ja«, sagte sie und sah sich um. »Dies hier ist so
ungefähr das einzige vernünftige Schiff in der ganzen
Stadt.«
Scorpio ging durch das Shuttle. Er hatte bis auf einen Streifen,
der ihm als Fußboden diente, und den Bereich, wo Valensin mit
Khouri und ihrem Kind wartete, fast sämtliche Rumpfflächen
transparent gemacht. Da alle entbehrlichen Lichter ausgeschaltet
waren, konnte er die Welt draußen fast so gut sehen, als
schwebte er in der Abendluft.
Mit Einbruch der Dunkelheit zeigte sich, dass die Raumschlacht nun
schon sehr nahe an Ararat herangekommen war. Die Wolkendecke war
aufgerissen, vielleicht weil überschüssige Energien in
Ararats äußere Atmosphäreschichten abgeleitet wurden.
Berichte von Objekten, die ins Wasser stürzten, folgten so
schnell aufeinander, dass man ihnen nicht mehr nachgehen konnte. Im
Minutenabstand rasten Feuerstreifen von Horizont zu Horizont.
Unbekannte Objekte – Raumschiffe, Raketen oder andere
Flugkörper, für die die Kolonisten keinen Namen hatten
– drangen tief in Ararats Luftraum ein. Manchmal kamen sie in
Scharen, dann wieder marschierten sie gemächlich einzeln
hintereinander daher. Sie flogen unglaublich enge Kurven und
Wendungen, ein Zeichen, dass die Hauptgegner ihre Anlagen zur
Trägheitsunterdrückung bedenkenlos einsetzten. Doch das
hatte ihnen
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