Offenbarung
sich ausbreitender
Weinfleck –, aber sie konnte auch eine Abkürzung
wählen und senkrecht durch den Bulk sickern.
Die Spezies – sie begriff erst jetzt, dass es die Schatten
selbst waren – hatte mithilfe der Schwerkraft Botschaften durch
den Bulk von einer Bran zur anderen geschickt. Und dann hatte sie
geduldig gewartet – denn Geduld war ihre hervorragendste
Eigenschaft –, bis jemand antwortete.
Irgendwann hatte sich tatsächlich jemand gemeldet. Sie
nannten sich die Flitzer und waren selbst eine raumfahrende Spezies.
Sie hatten keine so lange Geschichte wie die Schatten; seit sie ihre
Ursprungswelt in einer entlegenen Ecke der Galaxis verlassen hatten,
waren erst ein par Millionen Jahre vergangen. Es waren sehr
eigenartige Wesen mit der sonderbaren Angewohnheit, Körperteile
auszutauschen, und einem tiefen Abscheu vor Ähnlichkeit und
Vervielfältigung. Ihre Kultur war für niemanden zu
begreifen: Keine der Spezies, mit denen sie jemals in Kontakt
gekommen waren, konnte etwas damit anfangen. Deshalb hatten sie kaum
Handelsbeziehungen geknüpft, kaum Freunde gewonnen und kaum
Erfahrungen mit anderen Gesellschaften gesammelt. Sie lebten auf
kalten Welten, am liebsten waren ihnen Monde von Gasriesen. Sie
blieben gern für sich und begnügten sich mit bescheidenen
Siedlungen auf ein paar hundert Systemen in ihrem galaktischen
Sektor. Da sie solche Eigenbrötler waren, dauerte es eine Weile,
bis die Unterdrücker auf sie aufmerksam wurden.
Doch es nützte ihnen nichts. Die Unterdrücker machten
keinen Unterschied nicht zwischen sanftmütigen und kriegerischen
Spezies: Ihre Regeln galten für alle gleich. Als die Flitzer mit
den Schatten in Berührung kamen, waren sie bereits von
Ausrottung bedroht. Und natürlich waren sie zu allem bereit.
Die Schatten erfuhren von der Bedrängnis der Flitzer und
hörten belustigt, wie ganze Spezies von den schwarzen
Maschinenschwärmen ausgelöscht wurden.
Wir können helfen, erklärten sie.
Anfangs konnten sie nur Botschaften durch den Bulk
übertragen, aber mit Unterstützung der Flitzer war bald
sehr viel mehr möglich: Die Flitzer bauten für die
Kommunikation mit den Schatten einen riesigen Empfänger für
Gravitationssignale, der potenziell auch physische Übertragung
zuließ. Im Grunde handelte es sich um einen Massengenerator
– eine Maschine, die Festkörper bauen konnte, wenn man ihr
die Pläne dazu überspielte. Wie der Empfänger, so war
auch der Massengenerator eine alte galaxisweit bekannte Technologie.
Die benötigten Rohstoffe lieferten die metallhaltigen Reste des
Gasplaneten, den man demontiert hatte, um daraus den Empfänger
zu bauen. Doch trotz seiner Einfachheit war der Massengenerator sehr
vielseitig. Mit der richtigen Programmierung baute er
Gefäße für die Schatten: leere, nahezu unsterbliche
Maschinenkörper, auf die sie ihre Persönlichkeiten
übertragen konnten. Da die Schatten auf ihrer Seite des Bulk
ohnehin ein Maschinendasein führten, war dies für sie kein
großes Opfer.
Doch die Flitzer waren eine vorsichtige Spezies und hatten
raffinierte Sicherungen eingebaut. Ein physischer Übergriff von
einer Bran auf die andere barg Gefahren, und dessen waren sie sich
bewusst. Der Massengenerator konnte von den Schatten nicht aktiviert
werden. Nur wenn ihn die Flitzer von ihrer Bran aus einschalteten,
waren die Schatten imstande, diese Seite des Bulk zu kolonisieren.
Die Schatten waren, jedenfalls beteuerten sie das, nicht daran
interessiert, die ganze Galaxis zu übernehmen, sie wollten nur
eine kleine unabhängige Gemeinschaft gründen, wo sie
geschützt waren vor den Gefahren, die ihr eigenes Bran-Universum
unbewohnbar machten.
Als Gegenleistung versprachen sie den Flitzern eine Waffe, mit der
sie die Unterdrücker besiegen konnten.
Die Flitzer brauchten nur den Massengenerator einzuschalten und
den Schatten zu erlauben, durch den Bulk auf ihre Bran
zuzugreifen.
Rachmika erwachte. Draußen war es heller Tag, und das
Buntglasfenster malte bunte Rauten auf ihr feuchtes, zerwühltes
Kissen. Sie blieb noch einen Moment so liegen, badete in den Farben
und ließ sich einlullen vom Schwanken der Morwenna. Sie
hatte tief und fest geschlafen, aber sie fühlte sich wie
zerschlagen und sehnte sich nach ein paar Stunden traumlosen
Vergessens. Die Stimme war verstummt, aber sie würde sicherlich
wiederkommen. Rachmika zweifelte nicht mehr an ihrer Echtheit und
hielt auch die Geschichte im Wesentlichen für wahr.
Zumindest sah sie nun etwas
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