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Ohne Skrupel

Ohne Skrupel

Titel: Ohne Skrupel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Simoner
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ursprünglich geforderten Summe waren.
Aber Frau Youl hatte im Laufe der vergangenen Tage beim Aufräumen eher zufällig
einen blauen Ordner von Fiodr Youl gefunden, der sie durchaus in eine
vorteilhaftere Verhandlungsposition bringen konnte. In dem Ordner waren viele
und so offensichtliche Betrügereien dokumentiert, dass sogar sie als Laie,
deren Tragweite und Beweislast erkennen konnte. Damit als Druckmittel würde sie
durchaus mehr Geld für den Verkauf der Firmenanteile verhandeln können. Aber
sie hatte Dr. Dolcon noch nichts davon erzählt. Er war geldgierig und würde sie
sicher zwingen, mit den Deutschen nachzuverhandeln, um auf diese Weise sein
unverschämtes Honorar, das ein Prozentsatz des Verhandlungserlöses war, zu
steigern. Ihre beiden Töchter waren keine Entscheidungshilfe und ließen ihr
vollkommen freie Hand. Wenn sie dieses Beweismaterial an die Ex-Partner ihres
Mannes verkaufen würde, würden diese offensichtlichen Betrügereien niemals ans
Tageslicht kommen. Das fand sie nicht richtig!
    Sie überlegte gerade, daß
Fiodr sie und ihre Kinder so gut finanziell abgesichert hatte, dass dieses Geld
ganz locker für die nächsten Jahrzehnte reichen würde. Sie hatte keinen
aufwändigen Lebensstil und brauchte nicht viel fürs Leben. Was sollte sie mit
noch ein paar Millionen mehr auf dem Konto, wenn sie vor lauter schlechtem
Gewissen nicht mehr schlafen konnte? Fiodr konnte nicht mehr polizeilich
belangt werden, aber seine Partner durchaus, und zu diesem bisschen
Gerechtigkeit wollte sie nun ihren Beitrag leisten.
    Diese Verbrecher gehörten
ins Gefängnis! Sie waren auch Schuld an Fiodrs Tod, da war sie sich ganz
sicher. Und so formte sich der Plan der drei Schritte in ihrem Kopf:
    1.     Das neue Angebot
mit den zusätzlichen 1,2 Millionen annehmen und am Freitag die Geldübergabe in
Prag abwickeln. 200.000,- Euro waren für ihren Anwalt Dolcon.
    2.     Allen Besitz in
der tschechischen Republik sofort verkaufen und das Land für immer verlassen,
Österreich lockte.
    3.     Dann den blauen
Ordner mit allen Beweismitteln anonym an die Kriminalpolizei schicken.
    Sie rief Dr. Dolcon an
und teilte ihm mit, dass sie und ihre Töchter das Angebot der Deutschen annehmen
und am Freitag nach Prag zur Unterzeichnung und Geldübergabe kommen werden. Dr.
Dolcon sollte sich bitte um einen überwachten Geldtransport zu ihrem
Bankschließfach kümmern. Sie würde nicht mit so viel Bargeld durch die Gegend
fahren wollen.
     
    ***
     
    Es war 17:30 Uhr als das Handy
klingelte. Offensichtlich eine ausländische Nummer, aha, Prager Vorwahl. „Doc“
antwortete einsilbig nur mit „Hallo?“ „Hier Dr. Dolcon! Ich rufe im Auftrag
meiner Mandantinnen an. Wir werden Ihr Angebot von 1,2 Millionen Euro in bar
annehmen. Ich schlage vor, wir unterzeichnen und regeln das Finanzielle am
kommenden Freitag um 14:00 Uhr bei mir in der Kanzlei. Lassen Sie mir die
Verträge von Ihrem Anwalt morgen zusenden.“ „Dr. Dolcon, ich hatte gesagt: Bei unserem Anwalt! Aber sei´s drum, ich will Ihnen dieses Mal entgegenkommen. OK, wir
können uns ausnahmsweise in Ihrer Kanzlei treffen. Aber 17:30 Uhr wäre mir
lieber.“ „Nein, später als 14:00 Uhr geht es leider bei mir nicht mehr.“ „Gut,
dann muss ich umplanen. Ich muss die Uhrzeit noch mit meinem Prager Anwalt
abstimmen. Er wird Ihnen dann direkt das Treffen bestätigen. Ich denke, Sie
kennen sich ja. Wahrscheinlich werde ich selbst kommen und stellvertretend für
meine Partner unterzeichnen. Guten Abend, Dr. Dolcon.“
    Es lebe der Bluff!
    Soviel Geld in so kurzer
Zeit gescheffelt zu haben, das war selbst für Doc ein absoluter Rekord.
Dennoch: Doc war immer noch nicht zufrieden. Gier ist eine schlimme Last!
Bedächtig wurde das Büchlein mit alten Kontakten aus Stasi-Zeiten
durchgeblättert. Schließlich stach der Name Juri Corcan ins Auge. Ein
Kleinkrimineller, erfolgreicher Taschendieb und Gelegenheits-Einbrecher aus
Prag. Doc rief sofort bei Juri an und erreichte ihn tatsächlich auf dem Handy.
Das Wiederhören löste bei Juri keinerlei Freude aus. Trotzdem nahm er die
Instruktionen für einen anstehenden Überfall an. Es ging um einen einfachen Job
und anscheinend für gutes Geld. Und Juri war wieder mal klamm, wie eigentlich
immer.
    Raubopfer: die Witwe Youl
und deren Töchter. Tatort: der Nachhauseweg von ihrem Anwalt. Tatzeit: am
kommenden Freitag nach 14:00 Uhr. Auftrag: das gesamte, mitgeführte Bargeld
stehlen. Betrag: unbekannt. Beute: 15% waren für

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