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Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Titel: Oksa Pollock. Die Unverhoffte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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ließ sie sich aufs Bett fallen. Ihr war furchtbar schlecht und ihr Bauch tat wieder weh. Dann wurde sie von heftigem Schwindel gepackt. Da schloss sie die Augen und flüchtete sich in die Bewusstlosigkeit.
    »Oh nein!«, stöhnte Oksa und zog sich das Kissen über den Kopf.
    Kaum war sie aufgewacht, fiel ihr die kleine Puppe ins Auge. Die hatte am meisten unter dieser merkwürdigen Nacht gelitten. Ihr fehlte ein Auge, der Bauch ihres mit Schaumstoff gefüllten Körpers war aufgeplatzt, und ihre Haare waren nicht mehr rot, sondern schwarz von Ruß.
    »Was habe ich nur gemacht? Was war das? Ich habe Püppi verbrannt!«, jammerte Oksa, als sie begriff, dass wirklich geschehen war, was nicht sein konnte. Es war kein Traum gewesen. Im Gegenteil: Irgendetwas war passiert, etwas sehr Reales . Halb verkohlt, mit einem vom geschmolzenen Plastik verzerrten Lächeln und schwarz versengten Haarresten lag die unglückliche Püppi auf dem Schreibtisch. Lange betrachtete Oksa ihr zerstörtes altes Spielzeug. Was hatte sie bloß angerichtet? Oksa wusste nicht, was sie denken sollte. Sie war zu Tode erschreckt, zugleich aber war sie aufgeregt und auch irgendwie begeistert. Ehrlich gesagt – vor allem begeistert …

Zutritt verboten!
    F
rühstückst du mit mir, Oksa?«
    Oksa zuckte zusammen. Es war ihre Großmutter, die gerade dreimal leise an die Tür geklopft hatte. Oksas Eltern hatten bis spät in die Nacht gearbeitet, sie schliefen sicher noch.
    »Ich komme, Baba! Ich bin gleich da!«
    Schnell flitzte Oksa zum Spiegel an ihrer Schranktür, musterte sich aufmerksam und betastete dabei sorgfältig ihr Gesicht, überzeugt, sich über Nacht in ein Monster verwandelt zu haben. Ihre schiefergrauen Augen waren noch dieselben. Die hohen Wangenknochen. Die geschwungenen Lippen. Die leicht unregelmäßigen Zähne. Die Grübchen, die man sah, wenn sie lächelte oder das Gesicht verzog. Ihr Pagenschnitt. Nichts hatte sich verändert, sie sah immer noch genauso aus wie gestern. Als wäre gar nichts passiert … Rasch schlüpfte sie in ihre Bluse und den Faltenrock. Im Badezimmer brauchte sie nicht mal eine Minute, sie fuhr sich nur kurz mit dem Kamm durchs Haar und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht.
    Auf dem Weg zur Küche schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf: der Zustand ihres Zimmers! Sie machte auf dem Absatz kehrt. Niemand durfte die angesengte Wand oder die verkohlte Puppe sehen, auf keinen Fall! Wie hätte sie das alles erklären sollen? Hektisch suchte sie ihren dicken schwarzen Filzstift. Sie fand ihn schließlich unter dem Schrank und bastelte aus einem Stück Pappe ein Plakat, das sie an ihre Tür klebte.
    BAUSTELLE
    Zutritt BEI STRAFE verboten!!!
    Beim Frühstück sagte Oksa kein Wort. Sie stand unter Schock. War sie, Oksa Pollock, wirklich zu diesen unglaublichen Dingen imstande? Niemals hätte sie gewagt, auch nur im Traum an so etwas zu denken … Es war einfach umwerfend!
    »Meine Duschka«, sagte Dragomira, während sie den Krawattenknoten ihrer Enkelin gerade zog, »ich möchte ja kein Spielverderber sein, aber ich finde, dass du furchtbar schlecht aussiehst. Hast du nicht gut geschlafen? Machst du dir Sorgen? Oder bist du krank?«
    »Ich habe sehr schlecht geschlafen, Baba.«
    »Dann rühr dich nicht von der Stelle, ich habe da was für dich.«
    Dragomira stand auf und ging rasch in ihre Wohnung im zweiten Stock. Wenig später kam sie mit einer kleinen Flasche in der Hand zurück.
    »Das ist für dich.«
    »Was ist das? Noch eine von deinen komischen Rezepturen?«, fragte Oksa, die von ihrer exzentrischen Großmutter immer wieder fasziniert war.
    »Es ist ein Elixier aus Heilziest, einer alten Arzneipflanze«, antwortete Dragomira.
    Während sie den Inhalt der Flasche durch ein winziges Sieb goss, summte sie leise vor sich hin.
    »Es eignet sich hervorragend, um diese hässlichen Ringe unter den Augen wegzubekommen«, sagte sie schließlich und gab Oksa ein bis zum Rand gefülltes Glas. »Das hält dich garantiert bis zum Abend fit.«
    Diese Aussicht ließ Oksa das Glas in einem Zug leer trinken. Sie verzog das Gesicht und sagte: »Igitt! Mal ehrlich, ich habe noch nie etwas so Ekelhaftes getrunken.«
    »Nun beeil dich, sonst kommst du noch zu spät.«
    »Du weißt doch, dass ich nie zu spät komme, Baba.«
    Oksa kam tatsächlich nie zu spät, aus dem einfachen Grund, dass sie unglaublich schnell laufen konnte. Sie brauchte sich nur im Geist in die Haut einer Gazelle zu versetzen, die auf der Flucht vor einem

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