Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)
Rezeptur!“
„Und Sie wissen, was drin ist?“
„ Bien sûr .“
Ondragons Blick wurde ernst. „Madame Tombeau, können Sie einen Zombie machen?“
Die Priesterin sah ihn lange an. Dann nickte sie. „Einen Zombie zu machen, ist nichts Ungesetzliches, wenn jemand eine Warnung empfangen hat.“
„Was für eine Warnung?“
„Einen coup l’aire von den Shanpwel .“
Ondragon lächelte. „Sehen Sie? Es fällt mir schwer, das alles zu glauben, wenn Sie derart in Rätseln sprechen. Deshalb werde ich dem Spuk auf ganz rationale Weise auf den Grund gehen. Ich habe den Brief zu meinem Chemiker geschickt. Er wird die Probe untersuchen und feststellen, um was für eine Substanz es sich handelt.“
Madame Tombeau hob mahnend einen Finger. „Das ist keine gute Idee. Das coup poudre ist gefährlich! In den falschen Händen kann es viel Unheil anrichten. Sie sehen es ja selbst!“ Ihre Hand fuhr durch die Luft. „Sagen Sie, wo wohnt der, den Sie besucht haben, dieser Stern?“
„In Chalmette.“
„Dann fahren wir sofort dort hin!“ Sie griff über den Tisch nach seinem Handgelenk und drehte es so, dass sie die Zeit auf seiner Uhr lesen konnte. „Vielleicht kann ich ihn noch retten. Einen Mann, der durch die Erde gegangen ist, kann man wieder zurückverwandeln, es sei denn, der Bokor hat seinen Zauber vollendet. Dann bleibt er ein Zombie Cadavre, ein Sklave des Malfacteurs! Aber auch einen Zombie können wir nicht einfach da draußen herumlaufen lassen. Das sind gefährliche Wesen ohne Geist. Sie machen alles, was ihr Meister ihnen befiehlt“ Die Madame erhob sich. „Wenn er nicht mehr zu retten ist, müssen wir ihn jagen!“ Sie langte hinüber zu der Kerze und reichte sie ihm. „Jeden Tag anzünden, nicht vergessen.“ Dann griff sie unter den Tisch, holte die Plastiktüte mit der Puppe und dem Ouanga hervor, warf das Paquet hinein und öffnete die Tür des kleinen Raumes. Davor stand Natalie.
„Bring das zum Zeremonienmeister, er soll es verbrennen!“ Die Madame übergab die Tüte ihrer Gehilfin, die sich verbeugte und durch den noch immer gut gefüllten Salon davoneilte.
Ondragon sah ihr kurz nach und folgte dann Madame Tombeau aus dem Club.
Draußen auf der Straße empfing sie überraschend kühle Luft, der Himmel über den Dächern des French Quarters war tiefschwarz und sternenklar. Und von der noch immer belebten Bourbon Street drang Musik und Gelächter zu ihnen herüber wie von einem fernen Rummelplatz. Ondragon nickte der Madame zu und führte sie durch das bunte Neonlicht in Richtung seines Hotels.
Beide bemerkten nicht, dass ihnen ein Mann mit einem Zylinder folgte.
10. Kapitel
09. Februar 2010
Chalmette, Louisiana
1.57 Uhr
Mehr oder weniger schweigend fuhren sie durch das nächtliche New Orleans. Als sie nach dreißig Minuten in die Straße einbogen, in der Sterns Haus stand, überkamen Ondragon Zweifel. Würde Madame Tombeau den Mailman tatsächlich heilen können?
Ach was, heilen! Richtiger wäre: Würde sie ihn von den Toten auferwecken? Das erschien ihm doch reichlich suspekt, ja, vollkommen absurd. Jetzt, da er sich hier in seinem Wagen befand und die Wirkung der magischen Atmosphäre der Zeremonie nachgelassen hatte, fand er die angebliche Hexenkunst der Madame noch amateurhafter als zuvor. Er warf seiner Beifahrerin einen kurzen Seitenblick zu.
Hatte sie ihn tatsächlich von einem Musikbann befreit? Er lachte lautlos. Wohl eher nicht. Vielmehr war er auf die kleine Zaubervorstellung der Madame reingefallen. Und diese hatte nur dazu gedient, ihn von etwas zu überzeugen, das es gar nicht gab. Auch spürte er keinerlei Kopfschmerz oder Schwindel mehr. Das war alles bloß Einbildung gewesen, wie so oft, wenn man es mit mystisch angehauchtem Aberglauben zu tun bekam. Die Einbildung hatte bekanntlich schon so manchen Menschen zu den abstrusesten Glaubensspinnereien veranlasst. Und mit Hilfe der richtigen Drogen konnte ein Pseudo-Priester sein Opfer in alle möglichen Zustände befördern, in denen es bereitwillig und vorbehaltlos an die irrationalsten Dinge glaubte. An Zombies zum Beispiel. Wieder stieß er ein tonloses Lachen aus.
„Sie denken noch immer, ich spiele mit falschen Karten!“
Ertappt blinzelte Ondragon und war froh, dass die Madame es in der Dunkelheit des Wagens nicht sehen konnte. „Ich denke gar nichts!“, antwortete er barsch. „Ich will nur endlich wissen, warum jemand Menschen verfolgt und aus ihnen … lebende Tote macht.“
„Dabei kann ich
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