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One Night Wonder

One Night Wonder

Titel: One Night Wonder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Licht
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sehen, was passiert, wenn Mama das ganze Spektakel erblickt. Simone und ich verteilen das bereitgestellte Geschirr auf dem ausgezogenen Tisch. Um Besteck zu holen, müssen wir in die Küche.
    »Hast du Simone schon das Bett bezogen?«
    »Nein.«
    »Das kann ich auch selber machen«, sagt Simone.
    »Nein, Kindlein. Lilly macht das schon.« Aber gerne doch. Jetzt hat Mama Onkel Jochen gesehen.
    »Jochen, mein Lieber, würde es dir etwas ausmachen, eine Decke unter deine Füße zu legen? Die Couchen bekommen so leicht Flecken.«
    »Kein Problem!« Onkel Jochen greift nach der erstbesten Wolldecke in seiner Nähe, lässt sie beim Anheben komplett auseinanderfallen, quetscht sie unkoordiniert wieder zu einem Knäuel zusammen und drapiert sie auf der Lehne. Mama kann nur machtlos zusehen und zieht es vor, wieder in die Küche zu verschwinden.
    »Findest du es gut, dass ihr nach Spanien zieht?«, frage ich Simone. Sie zuckt nur die Schultern.
    »Ich muss ja eh mit.«
    »Kannst du denn Spanisch?«
    »Ich werde auf eine deutsche Schule gehen.«
    »Ach so.«
    Mehr scheint Simone nicht verraten zu wollen, und ich will sie nicht nerven, also belasse ich es dabei.
    Nachdem wir mit dem Tischdecken fertig sind, müssen sich alle umziehen und anhübschen. Das ist der nächste Punkt der Tagesordnung. Ich ziehe das chinesische Kleid an, Simone hat ihr Konfirmationskleid mitgebracht. Tante Angelika trägt einen ihrer vielen Plastik-Hosenanzüge, Papa hat einen Anzug an und Mama das Kleid vom letzten Jahr. Onkel Jochen hat sich gar nicht erst umgezogen, sondern behält stattdessen die Lage auf dem Esstisch genau im Blick. Nicht, dass er helfen würde. Vielmehr sieht es aus, als überlege er, wo er sich am besten hinsetzt, um an alle Schüsseln gleichzeitig heranzukommen.
    Wir starten mit einer Fischsuppe. Tante Angelika scheint beschlossen zu haben, nur eine bestimmte Sorte Fisch, nämlich Lachs, zu essen. Sie pickt sich aus dem großen Topf nur ebensolche Stücke heraus, um gleichzeitig zu ignorieren, dass es sich um eine Suppe handelt und nicht um Fischstücke mit ein wenig Brühe. Mama trinkt jetzt schon Sekt und Weißwein durcheinander.
    Der Hauptgang ist eine überdimensionale Pute, dazu gibt es Rotkohl, Babykartoffeln mit Rosmarin vom Blech und eine ganz köstliche Soße. Onkel Jochen schnauft vor Anstrengung und hat Schweißperlen auf der Stirn. Er nimmt dreimal nach, doch die Pute kann er nicht bezwingen. Mama guckt durch das Gerippe triumphierend zu ihm herüber, während Onkel Jochen immer noch angestrengt kaut. Zum Nachtisch gibt es Käsekuchen und rote Grütze, alles überstäubt mit Puderzucker. Onkel Jochen und Tante Angelika schaffen jeder zwei Stücke, dann geben sie endgültig auf. Simone hat fast gar nichts gegessen.
    Mama drängt zur Bescherung. Ich glaube, sie will es endlich hinter sich haben. Ich stelle fest, dass ich bis jetzt ziemlich wenig getrunken habe. Vielleicht liegt es auch an Simone, die mit ihrer Apfelschorle die Einzige ist, die den Überblick behält. Sie bekommt von ihren Eltern eine Konzertkarte und ein Abo für eine Mädchenzeitschrift. Die Erwachsenen schenken sich gar nichts und Simone und ich auch nicht. Ich bekomme von Mama und Papa Geld und zwei ziemlich coole Paar Schuhe: ein Paar Peeptoe-Ballerinas und ein Paar Lederstiefel. Ich bin höchst entzückt.
    Onkel Jochen schlägt vor, ein paar Spiele zu spielen, doch Mama und Papa gucken wenig begeistert. Irgendwann schaltet Papa den Fernseher ein. Ich werde schon müde. Wenig später verziehen Simone und ich uns ins Bett.
    »Lilly?«, fragt sie, nachdem wir eine Weile in unseren Betten liegen. »Darf ich dich was fragen?«
    »Ja klar.«
    »Hm.« Sie zögert ein bisschen. »Wie alt warst du bei deinem ersten Mal?«
    »16, glaube ich.«
    »Hm.«
    »Warum?«
    »Ach, nur so.«
    »Wirklich?«
    »Hast du ihn geliebt?«
    Oh, so eine Frage, und dann um diese Uhrzeit!
    »Liebe ist ein großes Wort. Wir haben uns sehr gemocht, so würde ich es sagen.«
    »Also warst du richtig mit ihm zusammen, ja?«
    »Ja, schon ein Weilchen, bevor wir’s dann gemacht haben.«
    »Hm!«
    »Und du? Hast du einen Freund?«
    »Weiß ich nicht so genau.«
    »Na ja, seid ihr zusammen?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Aber du findest ihn gut?«
    »Ja.«
    »Und wie heißt er?«
    »Florian.«
    »Und, hast du ihn schon etwas kennengelernt?«
    »Ja, auf einer Party bei einer Freundin von mir.«
    »Das klingt doch gut. Was habt ihr gemacht?«
    »Die hat so einen Partyraum, den hat sie

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